Die USA und die EU wollen sich verpflichten, die weltweiten Methanemissionen in den nächsten zehn Jahren um beinahe ein Drittel zu senken. Das wurde am Freitag beim Major Economies Forum (MEF) beschlossen. Das virtuelle Treffen wurde von US-Präsident Joe Biden geleitet.
Länder, die sich dem sogenannten "Global Methane Pledge" anschließen, verpflichten sich auf das Ziel, die weltweiten Methanemissionen bis 2030 um mindestens 30 Prozent gegenüber 2020 zu senken. Dabei sollen die fortgeschrittensten Methoden zur Methanmessung eingesetzt werden.
Neben der EU und den USA haben sich bislang Argentinien, Ghana, Großbritannien, Indonesien, Irak, Italien und Mexiko der Initiative angeschlossen. Sechs der Länder zählen zu den 15 größten Verursachern von Methan und sind zusammen für mehr als ein Fünftel der weltweiten Methanemissionen verantwortlich. Offiziell vorgestellt werden soll die Initiative auf der Weltklimakonferenz COP 26 im November in Glasgow.
"Es ist erfreulich, dass die USA mit der EU bei der COP 26 die Emissionen des zweitwichtigsten anthropogenen Treibhausgases auch mit in den Fokus nehmen", sagt der Klimaforscher Hartmut Graßl. Methan habe viele, häufig diffuse Quellen. "In Deutschland sind es hauptsächlich die Rinderhaltung und die Erdgasverteilung und -nutzung mit ihren Lecks, aber auch die alten Kohlebergwerke und die alten Mülldeponien gehören dazu", so Graßl gegenüber Klimareporter°.
Methan ist Hauptbestandteil von Erdgas und ein starkes Treibhausgas. Laut Weltklimarat ist Methan für etwa 40 Prozent des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur um ein Grad seit Beginn der industriellen Revolution verantwortlich.
"Wegen seiner relativ niedrigen Lebensdauer von etwas über zehn Jahren zeigt Methan viel früher einen Konzentrationsabfall in der Atmosphäre, als das bei Kohlendioxid und Lachgas der Fall ist", erläutert Klimaforscher Graßl. Eine "starke, rasche und nachhaltige Verringerung" der Methanemissionen hatte auch der Weltklimarat gefordert.
Mindestens 0,2 Grad weniger Erderwärmung
Das Erreichen des 30-Prozent-Ziels würde die Erderwärmung bis 2050 um mindestens 0,2 Grad reduzieren, begründen die USA und die EU den Vorstoß. Klimaforscher Graßl hält den Wert für plausibel, wenn auch etwas zu optimistisch angesetzt.
Die Bekanntgabe wenige Wochen vor dem Klimagipfel könnte den Vorbereitungen neuen Schwung geben. Entwicklungsländer waren zuletzt unzufrieden, weil die versprochenen Gelder zur Klimafinanzierung nicht zusammenkommen, aber auch, weil ausbleibende Corona-Impfungen ihren Delegationen die Teilnahme am Gipfel erschweren.
Auf dem Klimagipfel sollen weitere große Emittenten wie Brasilien, China, Indien, Russland oder Saudi-Arabien überzeugt werden, sich dem "Global Methane Pledge" anzuschließen.
Klimaexpert:innen sehen in der Initiative einen wichtigen Schritt zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens. "Die Verringerung der Methanemissionen ist unerlässlich, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen", sagte Helen Mountford vom World Resources Institute in den USA.
Das 30-Prozent-Ziel sei eine gute Grundlage für die weltweit nötigen Anstrengungen. Nicht zuletzt wirkten sich Maßnahmen zur Methan-Reduktion auch positiv auf die Luftqualität, die Ernährungssicherheit und die öffentliche Gesundheit aus.
Die Methankonzentration in der Atmosphäre wird in Milliardsteln (parts per billion, ppb) gemessen. Der Wert ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Auch die Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen der Weltwirtschaft änderten nichts an dem Trend.
Eine Analyse der US-Wetterbehörde NOAA ergab, dass der Anstieg im Jahr 2020 bei 14,7 ppb lag. Das ist der größte Anstieg innerhalb eines Jahres seit Beginn der systematischen Messungen 1983. Dabei hatte sich die Methankonzentration um die Jahrtausendwende herum zunächst stabilisiert. Doch nun steigt die Konzentration wieder.
"Technische Lösungen reichen nicht"
Deutschen Politikerinnen und Umweltschützern bleibt das Versprechen der Staaten zu vage. "Der 'Global Methane Pledge' ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, allerdings geht es hier um eine freiwillige Vereinbarung ohne Überprüfungs- und Sanktionsmöglichkeiten", sagte die Europa-Abgeordnete Jutta Paulus von den Grünen. Überdies bleibe das Reduktionsziel von 30 Prozent weit hinter dem Machbaren zurück.
Das UN-Umweltprogramm Unep hatte im Mai in seinem "Global Methane Assessment" ermittelt, dass bis 2030 auch 45 Prozent Reduktion möglich wären – und zwar "mit bestehenden Technologien und sehr geringen Kosten".
Empfohlene Maßnahmen sind unter anderem, Methan-Lecks in Pipelines zu stopfen, das Ausströmen von Methan bei Öl- und Gasbohrungen zu stoppen und das Gas aus Mülldeponien aufzufangen, in denen es bei der Vergärung von organischen Reststoffen entsteht. Auch Methan aus Viehbeständen und anderen landwirtschaftlichen Quellen wie dem Reisanbau lasse sich reduzieren.
Technische Lösungen allein werden nicht ausreichen, meint dagegen Jutta Paulus: "Der Fleisch- und Milchkonsum in den Industrieländern muss sinken. Denn der Löwenanteil der Emissionen stammt von den 2,2 Milliarden Wiederkäuern, die weltweit als Nutztiere gehalten werden."
Die gute Nachricht
Alles geht den Bach hinunter? Den Eindruck kann man beim (Klima-)Nachrichtenlesen leicht bekommen, und oft stimmt er. Aber es gibt auch positive Entwicklungen. Die sammeln wir hier.
Auch Deutschland muss aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) an seine Methanemissionen ran. "Es ist erschreckend, dass dieser Klimakiller gerade in Deutschland, dem größten Gaskonsumenten der EU, keinerlei Rolle in der politischen Debatte spielt", sagte Sascha Müller-Kraenner von der DUH. Er sieht hier ein bekanntes Muster: Während andere beim Klimaschutz den Takt vorgäben, tanze Deutschland nur in der zweiten Reihe.
"Keines der Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl bietet eine umfassende Strategie zur Reduzierung der Methanemissionen an", bemängelte Müller-Kraenner. Die neue Bundesregierung müsse sich dringend darum kümmern. Nötig seien Erfassungs- und Reduktionspflichten für Methanemissionen in der Gasindustrie sowie ein Plan zum Ausstieg aus fossilem Erdgas.
Redaktioneller Hinweis: Klimaforscher Hartmut Graßl gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.