Ölförderplattformen im Meer bei Sonnenauf- oder - untergang.
Während sich die Erde aufheizt, wird weiter Öl und Gas gefördert. (Bild: Warawoot Nanta/​Shutterstock)

Ein UN-Klimagipfel in einem Land, das weltweit zu den Top-Produzenten von Erdöl und Erdgas gehört? Geleitet vom Chef eines Erdöl-Konzerns? Ziemlich absurd, oder? Das aber ist es, was gerade stattfindet. Die "COP 28" in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Konferenzort Dubai.

Das Image der UN-Klimakonferenzen ist miserabel. Und in der Tat: Was soll man davon halten, dass seit dem ersten Treffen dieser Art in Berlin 1995 bereits 27 jährliche Mega-Konferenzen mit inzwischen Zehntausenden Teilnehmern abgehalten wurden, ohne dass eine Stabilisierung des Weltklimas auf einem halbwegs ungefährlichen Niveau erreicht wurde? Das war ja das Ziel, wie es in der Weltklimakonvention von 1992 festgehalten ist.

So gesehen ist es nachvollziehbar, wenn viele Menschen die Hoffnung aufgegeben haben, dass dieses Format überhaupt etwas bringt. Zumal mit der Hamas-Israel-Eskalation erneut Terror und Krieg den Gipfel überschatten, diesmal sogar in der Region, in der er stattfindet. Die internationale Zusammenarbeit, die es beim Klima so nötig braucht wie bei keinem anderen Thema, wird auf eine harte Probe gestellt.

Und das gilt umso mehr, wenn nun auch noch ein Erdöl-Topmanager Präsident der Konferenz ist, die nach dem Willen der Mehrheit der Delegationen eigentlich den Ausstieg aus der fossilen Energiegewinnung beschließen soll – der Boss des staatlichen Energiekonzerns Adnoc, Sultan Al Jaber. Im Vorfeld gab es zu Recht vehemente Proteste gegen diese Personalie, nicht nur von Umweltorganisationen, sondern sogar aus dem US-Kongress.

Wenn man weiß, wofür "Dr. Sultan" steht, wie Insider den Adnoc-Chef nennen, ist ein Erfolg für das Klima stark gefährdet. Er hat unter anderem dafür plädiert, die weltweiten jährlichen Investitionen in fossile Brennstoffe bis 2030 um 600 Milliarden Dollar zu erhöhen. Und so ist auch Adnoc unter seiner Führung weiter auf Expansionskurs, investiert intensiv in neue Öl- und Gasgewinnung.

Ohne Klimakonferenzen wäre die Lage noch schlimmer

Keine Frage, das Klimaretten allein durch die UN-Konferenzen ist zu langsam, nicht nur, wenn sie in Staaten stattfinden, die ihr Einkommen zum großen Teil aus dem Verkauf fossiler Energien beziehen. Das Ziel, die Erderwärmung möglichst bei 1,5 Grad zu stabilisieren, ist schon nicht mehr zu schaffen. Die 1,5 Grad werden nach Prognosen der Klimaforschung bereits in den nächsten Jahren erstmals und bis 2030 wohl dauerhaft überschritten werden.

Trotzdem wäre es falsch, die UN-Gipfel aufzugeben. Sie sorgen trotz ihrer Unzulänglichkeit durchaus für Fortschritte, auch wenn sie für die Klimawende nicht ausreichen. Vor der Einigung auf das Pariser Weltklimaabkommen 2015 steuerte die Welt auf einem 3,5- bis Vier-Grad Kurs. Heute sind es 2,9 Grad, wenn man nur die von den Regierungen beschlossenen Maßnahmen zugrunde legt.

Rechnet man die Langfrist-Ziele der Staaten zur Klimaneutralität bis 2050 oder 2060 ein, landet man bei 1,8 Grad. Das ist gar nicht so weit entfernt von den 1,5, die als Sicherheitslinie gegenüber dem Auslösen von gefährlichen Kipppunkten im Klimasystem gelten.

Das heißt: Der Druck der UN-Gipfel und der dort verabschiedeten Klimazeile hilft durchaus. Hinzu kommt die Erkenntnis in vielen Ländern, dass die Klimawandel-Folgen bereits jetzt dramatisch sind und zumindest das CO2-Budget für die Zwei-Grad-Haltelinie, die ebenfalls im Paris-Vertrag steht, nicht überschritten werden darf.

Und hier ist nun die Frage, welche Dynamik die COP 28 entwickelt. Der Gipfel ist ja nicht dazu verdammt, die Agenda von Al Jaber nachzubeten. Der Präsident verfolgt zwar die durchsichtige Strategie, die fossilen Energien quasi mit einem UN-Stempel als "klimafreundlich" zu versehen. Techniken wie CCS, also die Abtrennung und unterirdische Endlagerung von CO2, sollen das möglich machen.

Wo sind die fortschrittlichen Länder?

Doch fortschrittliche Länder und Ländergruppen wie die EU können das verhindern und den Weg für den echten fossilen Ausstieg freimachen. Immerhin haben sie es im Vorfeld der COP geschafft, dass eine Verdreifachung der erneuerbaren Energien bis 2030 ebenfalls in die Gipfel-Agenda aufgenommen wurde.

Damit CCS als fossile Verlängerung durchfällt und wegweisende Beschlüsse zu den Ökoenergien gefasst werden, gilt es nur eine Lösung: Die EU und andere reiche Länder müssen dem Rest der Welt auf anderen Feldern entgegenkommen. Hier geht es etwa um solide Finanzzusagen für den geplanten Entschädigungsfonds, der arme Länder bei bereits heute eintretenden Klimaschäden unterstützen soll.

Und darum, das Versprechen von jährlich 100 Milliarden Dollar für Klimaanpassung endlich zu erfüllen. Das haben die Industriestaaten schließlich schon auf dem Klimagipfel 2009 in Kopenhagen gegeben, ohne dass die Summe bisher voll erreicht wurde.

Geld genug dafür ist da. Der IWF schätzt die direkten Subventionen, die weltweit für Kohle, Erdöl und Erdgas gezahlt werden, auf 1.300 Milliarden Dollar. Bereits einen Teil davon fürs Klima umzuwidmen, wäre die Lösung.

 

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