Blick von schräg unten auf ein Flugzeug, das vor einem rötlichen, etwas bewölkten Himmel in Richtung Abendsonne fliegt.
Die Flüge der Geschäftsreisenden in die Abendsonne wirken auf einmal unromantisch. (Bild: Gerhard Gellinger/​Pixabay)

Vor der kommende Woche beginnenden 28. Weltklimakonferenz (COP 28) in Dubai reiht sich eine Hiobsbotschaft an die andere. Allen klimapolitischen Ankündigungen zum Trotz entfernt sich die Welt derzeit vom Pariser 1,5‑Grad-Ziel.

Die aktuelle Klimapolitik der Staaten reiche nur noch für eine Begrenzung der Erderhitzung auf knapp drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts aus, heißt es in dem am Montag vorgelegten "Emissions Gap Report 2023" des UN-Umweltprogramms Unep. Im 2022er Report hatte dieser Wert bei 2,8 Grad gelegen.

Würden die Staaten die in ihren nationalen Klimaplänen (NDC) angekündigten Maßnahmen komplett in die Tat umsetzen, würde laut dem Report die globale Erwärmung am Ende des Jahrhunderts 2,5 Grad betragen. Der Vorjahresreport hatte hier noch 2,4 Grad vorausgesagt.

Dass die Prognose schlechter ausfällt, hat einen einfachen Grund: den ungebremsten Ausstoß von Klimagasen. Laut Unep stieg der globale Treibhausgas-Ausstoß 2022 auf das Allzeithoch von 57,4 Milliarden Tonnen CO2‑Äquivalent. Diese Angabe berücksichtigt neben CO2 als wichtigstem Klimagas auch andere wie Methan, Lachgas und fluorierte Treibhausgase. Deren Klimawirkung wird auf CO2 umgerechnet.

Von 2021 zu 2022 nahmen die Emissionen dabei, statt zu sinken, um 1,2 Prozent zu. Das sind 0,3 Prozentpunkte mehr als im Schnitt des Zeitraums von 2010 bis 2019.

Die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre stieg letztes Jahr auf 417,9 ppm und damit ebenfalls auf einen neuen Rekordwert.

Die Menschheit müsse aufhören, Rekorde bei Emissionen, globalen Höchsttemperaturen und Wetterextremen aufzustellen, mahnte Unep-Chefin Inger Andersen anlässlich der Veröffentlichung des Reports. Andersen forderte, stattdessen andere Rekorde aufzustellen – bei der Emissionssenkung, bei einer ökologischen und sozial gerechten Transformation und bei der Klimafinanzierung.

Netto-Null-Versprechen bisher uneingelöst

Die Unep-Direktorin wies darauf hin, dass 2015, im Jahr der Verabschiedung des Pariser Klimavertrags, noch ein Anstieg der Treibhausgasemissionen von 16 Prozent bis 2030 vorausgesagt worden war. Dieser prognostizierte Anstieg betrage heute nur noch drei Prozent.

Der relative Erfolg schrumpft allerdings deutlich angesichts des Umstands, dass für das 1,5‑Grad-Limit die Emissionen bis 2030 um 42 Prozent zurückgehen müssen und für zwei Grad um 28 Prozent.

"Auch wenn für 80 Prozent der globalen Emissionen inzwischen Ankündigungen existieren, diese irgendwann auf netto null zu senken – die Emissionen selbst nehmen weiter zu, die Trendwende lässt immer noch auf sich warten", warnte William Lamb vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC. Der Umweltökonom ist einer der beiden Leitautoren des Emissionskapitels im Unep-Report.

Die Netto-Null-Zusagen der Staaten gelten derzeit als wenig glaubwürdig. Keines der G20-Länder reduziert seine Emissionen in einem Tempo, das mit seinen Netto-Null-Zielen vereinbar ist, heißt es im Bericht. Selbst im optimistischsten Szenario liegt die Wahrscheinlichkeit, die Erwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen, nur bei 14 Prozent.

"Weder die aktuelle Krise bei der Versorgung mit fossilen Energien, hervorgerufen durch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, noch die Fortschritte bei erneuerbaren Energien haben für eine wirkliche globale Klimawende gereicht", schätzt Lamb die Trends ein.

Globale Oberschicht verursacht Hälfte der Emissionen

Für den MCC-Forscher läuft die globale Klimapolitik in die falsche Richtung – dabei gebe es aber zwischen den Ländern bedeutende Unterschiede.

So unterscheiden sich die Pro‑Kopf-Emissionen weltweit erheblich. Sie betrugen 2022 laut dem Unep-Report in den USA und Russland das Doppelte des Weltdurchschnitts von 6,5 Tonnen CO2-Äquivalent. In Indien lagen die Pro-Kopf-Emissionen dagegen um mehr als die Hälfte unter diesem Schnitt.

In den Ländern der G20-Gruppe erreichten die Pro-Kopf-Emissionen 7,9 Tonnen, die am wenigsten entwickelten Länder weisen nur 2,2 Tonnen auf.

China hat derzeit einen Anteil von 30 Prozent an den globalen Emissionen, die USA und die Europäische Union kommen zusammen auf 18 Prozent.

Anders verteilt sich dagegen nach MCC-Angaben die historische Verantwortung für die Klimakrise: Im gesamten Industriezeitalter von 1850 bis 2021 kamen 13 Prozent der Emissionen aus China, während die USA und die heutigen EU-Staaten zusammen 32 Prozent verursachten.

 

Das vom MCC mitverfasste Kapitel des UN-Berichts enthält auch Klima-Berechnungen in Abhängigkeit von Einkommensgruppen. Demnach verursacht das reichste Zehntel der Weltbevölkerung fast die Hälfte aller Emissionen. Ein Drittel dieser globalen Oberschicht wohnt dabei heute nicht mehr in den Industrieländern, sondern in Entwicklungs- und Schwellenländern.

"Die uralte Diskussion über Ungleichheit beim Lebensstandard bekommt vor dem Hintergrund der Klimakrise noch einmal zusätzliche Relevanz", erklärte William Lamb. "Große Häuser, große Autos, viele Flugreisen, hoher Fleischkonsum – das ist eben nicht nur Privatsache."