Ein von blau über gelb und rot bis schwarz eingefärbter Globus zeigt mehrere Hitzewellen.
Im Sommer 2022 brachen mehrere Hitzewellen auf der ganzen Welt Temperaturrekorde. (Bild: NASA)

Die Temperaturen auf der Erde werden in den kommenden fünf Jahren neue Rekordwerte erreichen. Laut einem neuen Klimabericht der Weltwetterorganisation WMO liegt die Wahrscheinlichkeit bei 98 Prozent, dass eines der Jahre zwischen 2023 und 2028 das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen wird.

"Wir erwarten, dass sich in den kommenden Monaten ein wärmerer El Niño entwickelt, der in Verbindung mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel die globalen Temperaturen in unbekannte Höhen treiben wird", sagte WMO-Chef Petteri Taalas.

Das werde weitreichende Auswirkungen auf Gesundheit, Ernährungssicherheit, Wasserwirtschaft und Umwelt haben.

Wetterexpert:innen rechnen damit, dass in den kommenden Monaten das mehrjährige Wetterphänomen El Niño auftreten wird. Aufgrund von wärmerem Oberflächenwasser sorgt El Niño für veränderte Meeres- und Luftströmungen im Pazifikraum und geht mit heißeren Bedingungen einher.

Auch das bisher heißeste Jahr seit Messbeginn, 2016, fiel in eine El‑Niño-Phase. In jenem Jahr lagen die Durchschnittstemperaturen um 1,1 Grad über denen des vorindustriellen Zeitalters.

Die El‑Niño-Bedingungen sorgen zusammen mit dem stetig steigenden Ausstoß von Klimagasen für besonders hohe Durchschnittstemperaturen. Zwischen 2023 und 2027 werden laut WMO-Prognose die Temperaturen zwischen 1,1 und 1,8 Grad höher liegen als zu vorindustrieller Zeit.

Vor wenigen Wochen ist im Frühjahr die gegenläufige Wetteranomalie La Niña zu Ende gegangen, die eher einen kühlenden Effekt hat. 2022 lag die globale Durchschnittstemperatur "nur" um 1,15 Grad über den vorindustriellen Werten.

In den kommenden fünf Jahren wird die durchschnittliche Erdtemperatur wohl erstmals die 1,5‑Grad-Marke reißen. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt laut WMO bei 66 Prozent.

Allerdings dürfte die 1,5‑Grad-Grenze noch nicht permanent überschritten werden. Laut WMO ist es gut möglich, dass auch später einzelne Jahre unterhalb der Schwelle bleiben. Die Organisation erwartet, dass das 1,5‑Grad-Limit in den kommenden 15 bis 20 Jahren dauerhaft gerissen wird.

2015 hatte sich die Weltgemeinschaft in Paris das Ziel gesetzt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad, zu begrenzen.

"Auch jenseits von 1,5 Grad dürfen wir nicht aufgeben"

"Es gibt kein Zurück zu den guten, alten Zeiten und zum Klima des vergangenen Jahrhunderts, weil wir die Konzentration von CO2 und Methan in der Atmosphäre so stark erhöht haben", sagte Taalas. Das Schmelzen der Gletscher und der Anstieg des Meeresspiegels seien unaufhaltsam, aber mit anspruchsvollem Klimaschutz lasse sich die Intensität von Hitzewellen, Überflutungen und tropischen Stürmen abmildern.

Laut dem Weltklimarat IPCC kommt es beim Anstieg der Durchschnittstemperaturen auf jedes Zehntelgrad an. Es macht also einen gravierenden Unterschied, ob die Temperaturen auf 1,5 Grad oder zwei Grad steigen. Über Landmassen wie Europa wären eher noch höhere Temperaturen spürbar.

Auch Häufigkeit und Intensität von Wetterextremen wie Dürren oder Überflutungen nehmen mit jedem Zehntelgrad zu. Ökosysteme könnten an ihre Belastungsgrenzen kommen.

An der Erarbeitung des jetzt veröffentlichten WMO-Berichts haben 18 Einrichtungen der weltweiten Wetter- und Klimaforschung mitgearbeitet. Koordiniert wurde der Bericht von Leon Hermanson vom britischen Met Office.

"Auch wenn wir die 1,5 Grad überschreiten, dürfen wir nicht aufgeben", sagte Hermanson. Je stärker der Treibhausgasausstoß reduziert werde, umso geringer werde der Temperaturanstieg ausfallen.

 

Unverhältnismäßig hohe Temperaturen erwartet die WMO für die Arktis. Die Temperaturen an den Polen werden demnach dreimal so hoch sein wie im weltweiten Durchschnitt. Das werde Ökosysteme, die an niedrige Temperaturen angepasst sind, stark beeinträchtigen. Auch die Siedlungen von Menschen, die auf Dauerfrostböden gebaut wurden, sind von steigenden Temperaturen bedroht.

Für die Amazonas-Region prognostizieren die Klimamodelle Trockenheit. Das könnte die Freisetzung von Kohlendioxid weiter ankurbeln.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Resignieren ist keine Option