"Wir müssen schonungslos ehrlich sein, wenn es um die Lücken geht, die geschlossen werden müssen, um die Ursachen und darum, wie wir jetzt in diese Lage gekommen sind", sagte Sultan Ahmed Al Jaber. Der Mann, der seit einigen Monaten immer wieder feurige Reden für ehrgeizigen Klimaschutz schwingt, ist der designierte Präsident der diesjährigen Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai.

Dass nun, wenige Wochen nach diesen Worten von Al Jaber, eine Recherche der britischen Tageszeitung The Guardian eine schwerwiegende Lücke in der Emissionsberichterstattung der Vereinigten Arabischen Emirate nachweist, ist in jedem Fall peinlich. Al Jaber hat als Minister für Industrie und Fortschrittstechnologien durchaus eine politische Mitverantwortung für dieses Versäumnis.

Über fast eine Dekade haben die Emirate den Vereinten Nationen keine Daten zu ihren Methanemissionen mitgeteilt. Methan ist über einen Zeitraum von 20 Jahren 84-mal so klimawirksam wie CO2.

Das Treibhausgas, dessen Hauptquelle neben der Tierhaltung die Förderung und der Transport von Erdöl und Erdgas sind, ist für etwa ein Viertel der gegenwärtigen Erderwärmung verantwortlich. Erdgas besteht vor allem aus Methan.

Die Verringerung der Methanemissionen aus der Öl- und Gasförderung wird als wesentlicher und relativ leicht umsetzbarer Bestandteil der weltweiten Klimaschutzmaßnahmen angesehen. Deshalb ist es durchaus von Bedeutung, dass die Emissionsdaten für Methan verlässlich übermittelt werden – gerade von Ländern, die viel Erdöl und Erdgas fördern, wie zum Beispiel die Golfstaaten.

Staatlicher Ölkonzern mit zweifelhaften Klimazielen

Doch die Geschichte geht noch weiter. Al Jaber ist nicht nur Präsident der COP 28 und Industrieminister des Gastgeberlandes, sondern auch noch Chef des weltweit zwölftgrößten Mineralölunternehmens, der Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc).

Im vergangenen Jahr verkündete das Unternehmen, dass es seine Methan-Leckagen bis 2025 auf weniger als 0,15 Prozent der Gasfördermenge senken will. Verglichen mit dem Methanverlust von Katar (0,06 Prozent) und Saudi-Arabien (0,14 Prozent) aus dem Jahr 2019 sieht das Ziel aber schon gar nicht mehr so ambitioniert aus.

Noch rätselhafter ist das Ziel angesichts der Adnoc-Mitteilung, im Jahr 2022 nur 0,07 Prozent Methanverlust verzeichnet zu haben. Damit hätte der Konzern sein Ziel für 2025 schon letztes Jahr deutlich übererfüllt.

Eine Satellitenuntersuchung kam für 2019 zu dem Ergebnis, dass die Emirate 3,3 Prozent ihrer Gesamtförderung in die Atmosphäre verlieren. Verantwortlich dafür seien eine undichte Infrastruktur sowie das absichtliche Ablassen oder unvollständige Abfackeln von Gas.

2030 will Adnoc immerhin gar keine Methanemissionen mehr verursachen und 2045 Klimaneutralität erreichen. Allerdings kann auch das Netto-Null-Ziel auf den zweiten Blick nicht überzeugen.

Der Konzern plant nämlich nicht, seine Scope‑3-Emissionen einzubeziehen. Das sind jene Emissionen, die bei der Verbrennung des von Adnoc verkauften Erdöls und Erdgases entstehen und über 90 Prozent seiner Gesamtemissionen ausmachen.

Emirate wollen mehr Öl und Gas fördern

Dass Al Jaber noch im Juli ausdrücklich damit warb, sich auch um die Scope‑3-Emissionen zu kümmern, hilft seiner Glaubwürdigkeit wenig. Seit er Anfang des Jahres zum COP‑28-Präsidenten ernannt wurde, ertönt lautstarke Kritik von Umweltverbänden und Aktivist:innen. Zwar erhielt er von einigen internationalen Politiker:innen Rückendeckung. Doch die Kritik reißt nicht ab.

Im Februar wurde bekannt, dass mindestens zwölf Mitarbeiter:innen von Adnoc in die Planung und Ausrichtung des Weltklimagipfels involviert sind. Eine der Personen deutet in ihrer Linkedin-Biografie sogar an, dass ihre Arbeit als COP-Sondergesandte Teil ihres Jobs bei Adnoc sei.

Die Emirate planen währenddessen, ihre Gas- und Ölförderung weiter auszubauen – unter der Aufsicht von Sultan Ahmed Al Jaber.