Klimademo zur Halbzeit der COP 25 in Madrid
Klimademo vor einer Woche in Madrid. "Ich glaube an eine bessere Welt", steht auf dem Plakat in der Bildmitte. Doch die "fossile Abwehrschlacht" hat die COP 25 geprägt. (Foto: M. A. Lopez/​Wikimedia Commons)

"Ich bin enttäuscht über die Ergebnisse der COP 25", twitterte UN-Generalsekretär Antonio Guterres, nachdem sich die fast 200 Staaten mit knapp zweitägiger Verzögerung doch noch auf ein – sehr schwaches – Abschlussdokument geeinigt hatten

"Die internationale Staatengemeinschaft hat eine wichtige Gelegenheit verstreichen lassen, um mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Klimakrise zu zeigen", sagte Guterres. Und rief zugleich dazu auf, nicht klein beizugeben. "Ich werde nicht aufgeben."

Die Klimaaktivistin Greta Thunberg hatte sich schon am Samstag enttäuscht geäußert. "Die Wissenschaft ist eindeutig, aber die Wissenschaft wird ignoriert." Auch sie betonte, es werde kein Aufgeben geben. "Was auch immer passiert, wir werden niemals aufgeben", schrieb sie auf Twitter. "Wir haben gerade erst angefangen."

"Die Regierungen haben sich nicht an ihre Versprechen gehalten und sind daran gescheitert, ihre Ambitionen der Krisenrealität anzupassen", sagte Luisa Neubauer von Fridays for Future Deutschland. "Die COP 25 lässt uns nach einem Jahr mit beispiellosen Klimaprotesten ohne signifikanten Fortschritt zurück."

"Es gab Klimavorreiter auf der COP 25, aber es waren nicht die Regierungen. Es ist die Bewegung für Klimagerechtigkeit, die die Welt verändern wird", sagte Angela Valenzuela von Fridays for Future Chile. "Reiche Länder unter dem Einfluss der fossilen Brennstoffindustrie haben jede Chance auf Gerechtigkeit und echten Klimaschutz blockiert. Die Stimmen der Frauen, der indigenen Völker und der Jugend werden immer wieder ausgeschlossen."

Das Ergebnis der COP 25 sei "völlig inakzeptabel", sagte Jennifer Morgen, Chefin von Greenpeace International. "Aufgrund der unverantwortlich schwachen chilenischen Führung konnten Klimabremser wie Brasilien und Saudi-Arabien mit krummen Deals zum Emissionshandel hausieren gehen und Wissenschaft und Zivilgesellschaft einfach übergehen." Die Regierungen müssten sich nun "kompett neu aufstellen, sich neu sortieren und darüber nachdenken, wie sie im entscheidenden Klimajahr 2020 vorankommen können".

Der WWF Deutschland nannte die COP 25 "eine Weltklimakonferenz wie von einem anderen Stern" und sprach vom "surrealen Madrid" und einem "gruseligen Fehlstart in das für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens so entscheidende Jahr 2020". Die Beschlüsse der Konferenz seien "so müde wie die Delegierten nach zwei durchverhandelten Nächten", sagte der Klimachef der Umweltstiftung Michael Schäfer.

Große Buchstaben, grün angestrahlt:
Foto: Susanne Schwarz

Live von der COP 25

Die 25. UN-Klimakonferenz fand seit dem 2. Dezember bis heute in Madrid statt. Klimareporter° war vor Ort und berichtete direkt vom Konferenzparkett.

Jetzt komme es darauf an "dass wir Ursula von der Leyens Mondrakete zünden, also den EU-Klimabeitrag deutlich anheben und den Funken auf andere überspringen lassen. Deshalb darf die Bundesregierung beim Klimaschutz in Europa nicht weiter auf der Bremse stehen", so Schäfer.

"Während Jugend und Zivilgesellschaft unermüdlich für den Klimaschutz streiken, fielen viele Regierungen auf der Weltklimakonferenz durch Verantwortungslosigkeit und Aufschieberitis auf", sagte BUND-Chef Olaf Bandt. Der Minimalkompromiss von Madrid werde der Klimakrise nicht gerecht. Die Bundesregierung müsse nun "den klimapolitischen Aufbruch der Europäischen Union unterstützen und auch das Klimapaket neu packen".

"Wie laut muss noch demonstriert werden, wie viele Warnungen muss die Wissenschaft noch aussprechen, wie viele junge Leute müssen ihre ganz reale Zukunftsangst noch äußern, damit die großen Wirtschaftsmächte sich endlich nicht mehr taub stellen?", fragte Sven Harmeling, Klimaexperte der Hilfsorganisation Care.

Für Christoph Bals von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch hat die COP 25 die "Stärke und Schwäche des Pariser Abkommens" gezeigt. "Alle Länder sehen, dass der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nun in eine ernsthafte Phase kommt", sagte Bals. "Deshalb organisieren einige Staaten wie die USA, Brasilien und Australien, die eng mit der fossilen Lobby verbandelt sind, eine letzte Abwehrschlacht."

Die große Mehrheit der Staaten mache jedoch deutlich, "dass sie fest entschlossen am Pariser Abkommen festhält und nächstes Jahr ihre Klimaziele und -pläne nachbessern will", so Bals. Im Abschlusstext gebe es weitere positive Punkte, erklärte Germanwatch-Klimaexpertin Rixa Schwarz. Es sei auch besser, Entscheidungen zu vertagen, als Regeln mit vielen Schlupflöchern etwa zum CO2-Handel zu verabschieden.

Die schwachen Beschlüsse von Madrid seien "traurig, aber keine Überraschung", sagte Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Der kommende Klimagipfel in Glasgow müsse nun tatsächlich den "Wendepunkt" bringen. "Die Regierungen müssen substanziellere Klimaziele vorlegen", forderte Edenhofer – "so wie sie es ihren Bürgern versprochen haben". Viel Hoffnung liege jetzt auf der EU-Kommission und ihrem Green Deal.

Von einem "Klimagipfel des Stillstands" sprach der Klimapolitiker der Linken, Lorenz Gösta Beutin. "Nationale Ellenbogen-Politik der reichen Industriestaaten, die Blockade-Haltung der USA und Brasiliens und eine intransparente Verhandlungsführung durch Chile haben diese Konferenz zu einem skandalösen Misserfolg gemacht."

Unser Kommentar:

Interview mit Klimaforscher Mojib Latif:

Alle Beiträge zur Klimakonferenz in Madrid finden Sie in unserem COP-25-Dossier.

Unsere Kolumnistin Carola Rackete sprach mit Akteuren des Alternativgipfels in Santiago.

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