Nahaufnahme von Miguel Arias Cañete, in einem Sessel sitzend.
EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete ist mit Deutschlands Klimaplänen unzufrieden. (Foto: Arno Mikkor/​Euroopa Liidu eesistujariik/​Wikimedia Commons)

Wenn ab dem morgigen Donnerstag die Staats- und Regierungschefs der EU als Europäischer Rat zusammentreffen, um die politische Ausrichtung des Staatenbundes für die nächsten fünf Jahre zu besprechen, wollte Deutschland eigentlich nicht zu den Rückwärtsgewandten gehören: Die Bundesregierung hat sich dazu durchgerungen, sich der Ländergruppe anzuschließen, die die Klimaneutralität der EU für das Jahr 2050 fordert.

Ganz geht das Kalkül aber nicht auf, Deutschland steht schon wieder als Bremser in der Kritik. Diesmal geht es nicht um die langfristige, sondern um die mittelfristige Klimapolitik. Die EU-Kommission kritisiert die Bundesrepublik: Zu wenig trage sie dazu bei, dass die Europäische Union ihr Klimaziel für 2030 schafft.

"Deutschland ist nicht auf Kurs"

Insgesamt will die EU im Jahr 2030 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. Für die Industrie und die Stromgewinnung legt sie all ihre Hoffnung in den europäischen Emissionshandel, für die anderen Sektoren sollen die Staaten eigene Strategien entwickeln.

Wie viel jedes einzelne Land dabei schaffen muss, hängt von seiner Wirtschaftskraft ab. Für Deutschland ergeben sich aus der dazu vereinbarten Lastenteilung ("Effort Sharing"), dass die Emissionen in den Sektoren Landwirtschaft, Bauen und Verkehr bis 2030 um 38 Prozent sinken müssen – gemessen am Stand von 2005.

Alle EU-Länder hatten im vergangenen Jahr vorläufige Pläne zur Umsetzung ihrer 2030er Ziele eingereicht, die EU-Kommission hat sie nun geprüft. Ihr nüchternes Urteil über den Plan aus Berlin: "Mit den bestehenden Politiken und Maßnahmen, die im Entwurf des nationalen Plans skizziert sind, ist Deutschland nicht auf Kurs, um dieses Ziel zu erreichen." Außerdem fehle es an Klarheit dazu, wie Deutschland Energie sparen will.

Rückstand wird für Deutschland teuer

Auch andere Länder haben der EU-Kommission zufolge Nachholbedarf, aber offenbar nicht so viel, um wie Deutschland ausdrücklich erwähnt zu werden. "Die endgültigen Pläne müssen noch ambitionierter ausfallen, um die EU auf die Bekämpfung des Klimawandels und die Modernisierung unserer Wirtschaft auszurichten", sagte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete.

Arias Cañete richtete auch einen Appell an den EU-Gipfel: "Ich fordere den Rat auf, eine Debatte über die von der Kommission ermittelten Hauptprioritäten anzustoßen und dazu beizutragen, dass die endgültigen nationalen Pläne ausreichend ambitioniert sind."

Klimaexperten haben bereits davor gewarnt, dass Deutschland seine EU-Klimapflichten für 2030 nicht erfüllen könnte, darunter die Denkfabrik Agora Energiewende. Demnach kann es für Deutschland im kommenden Jahrzehnt teuer werden. Denn schafft ein EU-Land die versprochene Einsparung nicht, muss es anderen Ländern überschüssige Emissionsrechte abkaufen. Dann könnten für die Bundesrepublik der Agora-Rechnung zufolge 30 bis 60 Milliarden Euro fällig werden.

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