Ein Mädchen schleppt ihren kleinen Bruder in einer Wanne über die überfluteten Straßen in einem pakistanischen Dorf
Beim Klimawandel und seinen Folgen – etwa Überflutungen wie hier in Pakistan – ist die Welt alles andere als "vereint". (Foto: Zaiq Ali/​Flickr)

Die Organisation der diesjährigen UN-Klimakonferenz, der COP 25, war kompliziert: Madrid ist schon der dritte anvisierte Standort. Ursprünglich sollte der Gipfel in Brasilien stattfinden. Auf Druck des ultrarechten und damals gerade zum nächsten Präsidenten gewählten Jair Bolsonaro zog das Land seine Kandidatur aber im letzten Winter zurück.

Chile trat die Nachfolge an. Nun herrscht dort aber der Ausnahmezustand: Massenproteste wegen der sozialen Schieflage im Land auf der einen, massive Repression der Regierung auf der anderen Seite. Ende Oktober sagte das Land den Gipfel ab und Spanien sprang kurzfristig ein.

Das Chaos dürfte ein bekanntes Problem noch verschärfen: Die Delegationen von Nichtregierungsorganisationen, aber auch von Regierungen aus dem Süden sind deutlich kleiner als ihre Pendants aus dem Norden.

"Es ist sehr gut, dass die COP 25 überhaupt stattfinden kann, aber der Umzug von Santiago de Chile nach Madrid ist leider auch mit hohen Umzugskosten verbunden", sagt Sabine Minninger von der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt. Erstattungen für die längst gebuchten Hotelzimmer und Flüge sind rar, Unterkünfte in Madrid teuer.

"Gerade kleine Organisationen aus dem globalen Süden schaffen es kaum, die Mehrkosten zu bewältigen, und können daher nicht an der COP 25 teilnehmen", meint Minninger.

Das ist dieses Jahr besonders ungünstig: Endlich steht das Thema Schäden und Verluste prominent auf der Tagesordnung, das gerade für den globalen Süden wichtig ist – seit Jahren werden Entscheidungen dazu mit Verweis auf die COP 25 vertagt.

Industrieländer wollen nicht haften

Der formale Anlass kommt unscheinbar daher: Es soll beschlossen werden, wie der 2013 vereinbarte sogenannte Warschau-Mechanismus für Schäden und Verluste in das erst zwei Jahre später beschlossene Pariser Klimaabkommen integriert werden kann.

Dahinter steckt ein großes Politikum: Letztendlich geht es darum, wie die Welt damit umgeht, dass die Klimakrise unvermeidlich dazu führen wird, dass Existenzen, Lebensräume, Naturschätze und Kulturgüter vernichtet werden – und zwar vor allem im globalen Süden.

Große Buchstaben, grün angestrahlt:
Foto: Susanne Schwarz

Live von der COP 25

Die 25. UN-Klimakonferenz findet vom 2. bis zum 13. Dezember in Madrid statt. Klimareporter° ist vor Ort und berichtet direkt vom Konferenzparkett.

"Dort fehlt es an Geld für einen Wiederaufbau, wenn zum Beispiel ein Sturm ganze Landstriche verwüstet hat – dabei haben die am stärksten betroffenen Länder am wenigsten zum Problem beigetragen", erläutert Minninger.

"Es ist nötig und wäre auch nur fair, wenn Geld aus dem Norden in den Süden fließt, und zwar spezifisch für diese Fälle, nicht nur im Rahmen sonstiger Zahlungen oder freiwilliger Spenden."

Das Thema ist kontrovers. Nicht etwa, weil die Not der betroffenen Länder infrage stünde. Es geht um Geld, viel Geld.

Die Industrieländer wollen auf keinen Fall, dass ein Beschluss wie eine Art Schuldeingeständnis gewertet werden kann, das dann vielleicht eine Haftung für die ganze Klimakrise nach sich ziehen könnte. Dass das passiert, ist im Paris-Abkommen eigentlich ausgeschlossen, schwingt in der Debatte aber trotzdem mit.

Und nun wird ausgerechnet aus dem Süden die Zivilgesellschaft zur Beobachtung der Verhandlungen fehlen.

"Was wie die Lösung aussieht, ist das Problem"

Die Verlagerung der COP 25 nach Madrid stellt die Klimabewegung noch vor eine andere Herausforderung: Sie hat einen Alternativgipfel organisiert – aber natürlich in Santiago. "Für die Zivilgesellschaft gibt es ein gewisses logistisches Problem, wenn die Hälfte der Leute auf einem anderen Kontinent ist", meint Tadzio Müller, Klimareferent der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Etwas Positives kann er der Situation trotzdem abgewinnen. "Dass Chile die COP wegen der anhaltenden Proteste absagen musste, zeigt auch, dass soziale Bewegungen etwas erreichen können", sagt er.

"Die Menschen in Chile haben es dem Präsidenten Piñera nicht durchgehen lassen, dass er seiner neoliberalen Ausbeutungspolitik durch den Klimagipfel den Anschein grüner Legitimation geben wollte."

Ansonsten sieht Müller es kritisch, dass die COP nun im globalen Norden stattfindet, wie schon viermal in den vergangenen sechs Jahren. "Das suggeriert, dass der Norden der Ort ist, wo sich um Klimaschutz gekümmert wird, dabei ist das natürlich totaler Quatsch", kritisiert der Klimaaktivist. "Der Norden ist der Ort, wo die Klimakrise verursacht wird."

Alle Beiträge zur Klimakonferenz in Madrid finden Sie in unserem COP-25-Dossier.