Porträtaufnahme von Joe Biden.
Joe Biden auf Wahlkampftour in Iowa. (Foto: Gage Skidmore/​Wikimedia Commons)

Während die Welt noch ungeduldig auf die Ergebnisse der US-Präsidentschaftswahl wartet, hat Kandidat Joe Biden von den Demokraten sein Versprechen konkretisiert, die USA im Falle seines Wahlsiegs wieder zum Teil des Pariser Klimaabkommens zu machen.

"Heute hat die Trump-Regierung das Paris-Abkommen verlassen. Und in genau 77 Tagen wird eine Biden-Regierung wieder eintreten", twitterte er am Mittwochabend (Ortszeit).

Damit peilt Biden den Wiedereintritt für den Tag an, der sein erster Amtstag wäre: den 20. Januar 2021. (Welche Herausforderungen das für Biden bedeuten würde, erklärt Klimaökonom Reimund Schwarze im Interview mit Klimareporter°.)

Der von Amtsinhaber Donald Trump vorangetriebene Austritt aus dem Paris-Abkommen war am gestrigen Mittwoch in Kraft getreten. Biden hatte im Wahlkampf angekündigt, dem 2015 geschlossenen Vertrag wieder beitreten zu wollen, dem praktisch alle Länder der Welt angehören. Er sieht vor, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu stoppen, besser noch bei 1,5 Grad.

Biden hat für den Wahlsieg ein umfassendes Programm zum Klimaschutz in den USA angekündigt. In vier Jahren Amtszeit sollen zwei Billionen Dollar fließen, um die CO2-Emissionen zu senken und Millionen neuer Jobs zu schaffen.

Das Geld soll unter anderem in den Gebäude- und Verkehrssektor gehen. Außerdem will Biden die Infrastruktur verbessern, darunter Strom-, Wasserversorgungs- und 5G-Netze sowie Straßen, Grünflächen und Schulen.

Auch am heutigen Donnerstagnachmittag kann Biden aber nur vorsichtig optimistisch sein, dass er Gelegenheit bekommt, seine Versprechen einzulösen. Der Ausgang der Wahl ist weiterhin ungewiss.

Bidens Chancen waren allerdings deutlich gestiegen, da er laut US-Medien in den wichtigen Bundesstaaten Michigan und Wisconsin gewonnen hat. Aus einigen Staaten wie Georgia und Pennsylvania steht das Ergebnis jedoch noch aus, wodurch ein Sieg Trumps immer noch möglich ist.

Kaum ein Land auf dem Paris-Pfad

International gibt es einige Reaktionen auf den Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Paris-Abkommen. "Mit Bedauern nehmen wir zur Kenntnis, dass der Rückzug der USA aus dem Paris-Abkommen nun formal wirksam ist", heißt es in einem gemeinsamen Statement von Chile, Frankreich, Italien, Großbritannien und dem Klimasekretariat der Vereinten Nationen.

"Mit Blick auf die Weltklimakonferenz COP 26 in Glasgow halten wir daran fest, mit allen Interessengruppen in den USA und weltweiten Partnern zusammen am Klimaschutz zu arbeiten und gemeinsam mit allen Unterzeichnern des Paris-Abkommens dessen vollumfängliche Umsetzung zu gewährleisten."

Diese Umsetzung verläuft allerdings auch außerhalb der USA schleppend. Mit welcher Wahrscheinlichkeit die Temperaturmarken eingehalten werden sollen, schreibt das Abkommen nicht vor. Dementsprechend gibt es auch keine weltweite Einigung über ein noch verbleibendes CO2-Budget – und erst recht keine Zahlen, wie viel Treibhausgas jeder einzelne Staat noch ausstoßen darf.

Stattdessen legt jedes Land seinen Beitrag zum globalen Klimaschutz im Fünf-Jahres-Rhythmus selbst fest, indem es den Vereinten Nationen ein Klimaziel für 2030 meldet. Das wäre schon im Februar wieder fällig gewesen. Nur wenige Länder haben bisher geliefert. Ob die Ziele schließlich eingehalten werden, steht auch noch auf einem anderen Blatt – Sanktionen drohen nicht.

Etwas Schwung aus Ostasien

Zuletzt ist zumindest etwas Bewegung in den Prozess gekommen: Japan hat im Oktober angekündigt, ab 2050 kein CO2 mehr ausstoßen zu wollen. Damit hat das ostasiatische Land nun immerhin ein langfristiges Ziel vorgelegt.

Im März hatte Japan noch für Enttäuschung gesorgt, als es sein fünf Jahre altes, nach allgemeiner Überzeugung schwaches Klimaziel für 2030 lediglich bestätigte, statt ein verbessertes Ziel abzugeben. Dieser Umstand macht das langfristige Ziel zwar nicht unbedingt glaubhaft, ein Fortschritt ist aber immerhin in der Rhetorik erkennbar.

Vergangene Woche schloss sich Südkorea mit einem Klimaneutralitätsziel für 2050 an. Schon im September hatte China überraschend mitgeteilt, spätestens 2060 CO2-neutral sein zu wollen und den "Peak" seiner Emissionen auf die Zeit vor 2030 vorzuziehen. Ein entsprechendes Ziel will Peking den Vereinten Nationen noch formal melden.

Die Ziele der drei Länder sind allerdings nicht mit dem Paris-Abkommen vereinbar, wenn man jedem Menschen auf der Welt dieselbe Menge an Emissionen zugesteht. Das hat das datenjournalistische Projekt #showyourbudgets ermittelt.

Um zumindest eine 50-prozentige Chance darauf zu haben, die 1,8 Grad Erderhitzung ("deutlich unter zwei Grad") nicht zu knacken, dürfte China nach diesem Prinzip im Jahr 2054 kein CO2 mehr ausstoßen und Japan 2047. Südkorea hätte sogar nur bis 2037 Zeit.

Noch vor fünf Jahren hatte sich China allerdings nur darauf eingelassen, überhaupt ein Klimaziel abzugeben, weil dies auch die USA taten. Zuvor hatten sich beide Länder quasi gegenseitig blockiert.

Auch deshalb hatte die Klimaschutz-Szene mit Sorge auf den Austritt der USA aus dem Paris-Abkommen geblickt. So wenig effektiv ein Klimavertrag schon ohne die USA als weltweit zweitgrößtem Emittenten ist – wäre damit auch China als größter Emittent aus dem Rennen, wäre der Schaden noch größer. Zumindest das scheint nicht eingetreten zu sein.

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