Wer Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Leute zurückgeben will, kann dies Klimageld, Klimaprämie oder Klimabonus nennen. Zum Begriff Bonus griffen kürzlich auch die Abgeordneten von CDU und CSU im Bundestag.
Sie fordern in ihrer Anfang November offiziell vorgestellten "Neuen Energie-Agenda" einen Klimabonus zum Ausgleich steigender CO2-Preise. Verlangt wird von den Konservativen auch, die EEG-Umlage abzuschaffen und die Wiederinbetriebnahme von AKW zu prüfen. Darum soll es hier aber nicht gehen.
Gemeinhin wird unter Rückgabe der CO2-Kosten verstanden: Der Staat zahlt dem einzelnen Bürger oder der Bürgerin alles zurück, was der jeweilige CO2-Aufschlag auf Heizöl, Gas und Kraftstoffe kostet. Derzeit beträgt dieser nationale CO2-Preis 45 Euro je Tonne CO2. In diesem Jahr erhöht das den Gaspreis um knapp einen Cent je Kilowattstunde. Bei Heizöl und Diesel sind es pro Liter 14,3 Cent und bei Benzin 12,8 Cent.
Diese Kosten tatsächlich zurückzuzahlen – so verstehen CDU und CSU ihren Klimabonus nicht. Mit den CO2-Einnahmen wollen sie Netzentgelte und Stromsteuer senken und so Bürgern und Unternehmen etwas zurückgeben, steht in ihrer Energieagenda. Von einer Pro-Kopf-Rückzahlung aller CO2-Einnahmen ist nirgendwo die Rede.
Wegfall der EEG-Umlage ersetzt kein Klimageld
Das Konzept dürfte dem noch amtierenden Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen gefallen. Über ein Klimageld hat er schon länger kein Wort mehr verloren, auch nicht in seiner einstündigen Bewerbungsrede als grüner Kanzlerkandidat.
Wo Union über sinkende Netzentgelte und Stromsteuer entlasten will, hat Habeck die EEG-Umlage im Blick. Weil die nunmehr vom Staat bezahlt wird, würden die Bürger mit mehr als zehn Milliarden Euro beim Strompreis entlastet, erklärte der Minister Ende vergangenen Jahres dem Handelsblatt. "Das ist faktisch ein Klimageld über den Strompreis", argumentierte Habeck damals. Dass er seine Position geändert hat, darüber ist nichts öffentlich bekannt.
Dass die Übernahme der EEG-Umlage durch den Staat den Bürgern zugutekommt, erkennt auch Stefan Bach an. Die Entlastung beziffert der Steuerexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) auf etwa 89,40 Euro je Einwohner und Jahr, mit Mehrwertsteuer sind es 93,40 Euro.
Bach hält eine Pro-Kopf-Rückzahlung über ein Klimageld oder eine gleichbedeutende Klimaprämie aber weiter für sinnvoll. Ein Grund dafür sind die unterschiedlichen Verteilungswirkungen.
Ein sinkender Strompreis durch geringere Netzentgelte, weniger Stromsteuer oder Wegfall der EEG-Umlage entlaste vor allem ältere Leute sowie Eigenheimbesitzer, die elektrisch heizen oder E‑Mobile laden, erklärt der DIW-Experte. Eine Pro-Kopf-Klimaprämie komme dagegen eher Familien und Geringverdienenden zugute, betont Bach auf Nachfrage.
Pauschale Klimaprämie reduziert Ungleichheit nur leicht
Im Auftrag des Umweltbundesamts hat Bach zusammen mit einem Team des Thinktanks Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) untersucht, wie eine Klimaprämie auf die Verteilung wirkt. Angenommen wurde dabei ein CO2-Preis von 65 Euro, der in Deutschland ab 2026 gelten könnte.
Dann würde jeder Einwohner und jede Einwohnerin mit einer Klimaprämie von etwa 124 Euro jährlich rechnen können, ergibt die Studie. Soziale Leistungen wie Wohngeld oder Bürgergeld würden damit verrechnet.
Haushalte im untersten Einkommensbereich würden dann im Schnitt um knapp 0,6 Prozent ihres Nettoeinkommens entlastet, gibt die Studie weiter an. Bei mittleren Einkommen glichen sich Be- und Entlastungen aus.
Die oberen 30 Prozent der Haushalte würden, so das Ergebnis, nur knapp 0,2 Prozent ihres Nettoeinkommens verlieren. Insgesamt reduziert laut der Studie die Kombination aus CO2-Bepreisung und pauschaler Rückerstattung die Ungleichheit bei den Einkommen leicht.
Die Studie schaute aber noch genauer hin, und in den beiden untersten Einkommensgruppen fanden sich auch klare Verlierer: Dort würden trotz Klimaprämie 16 Prozent der Haushalte – also jeder sechste – per saldo mehr als ein halbes Prozent ihres Nettoeinkommens einbüßen, acht Prozent der Haushalte sogar mehr als ein Prozent.
Trotz voller Rückzahlung drohen soziale Härtefälle
Dies deutet auf Härtefälle hin, die über die pauschale Klimaprämie hinaus nach Ansicht der Fachleute weitere Hilfen benötigen. Das gelte besonders für Haushalte mit niedrigen Einkommen, die einen hohen Energiebedarf haben.
Diese Haushalte haben laut Studie meist auch weniger Möglichkeiten, die Energieeffizienz ihrer Wohnung oder ihrer Fahrzeuge zu erhöhen, weil sie häufiger in Mietwohnungen leben oder klimafreundlichere Wohnungen und Fahrzeuge schlechter finanzieren können.
Das Problem mit den Härtefällen droht sich noch enorm zu verschärfen, wenn 2027 in der EU ein zweiter Emissionshandel ("ETS 2") für Gebäude, Verkehr und kleine Industrie startet. In diesem geht der nationale CO2-Handel auf, und dort dürfte sich der CO2-Preis dann deutlich erhöhen – auf bis zu 200 Euro je Tonne, schätzen Fachleute.
Würden solche CO2-Kosten voll umgelegt, bedeutet das laut der DIW-Studie einen Aufschlag von 55 Cent pro Liter bei Super-E10-Kraftstoff oder von rund 63 Cent bei Diesel und Heizöl. Beim Erdgas kämen 4,4 Cent je Kilowattstunde dazu.
Gemessen am heutigen Preisniveau würden Kraftstoffe dann ab 2027 um ein Drittel und Erdgas um bis zur Hälfte teurer. Bei Benzin würde die brisante Grenze von zwei Euro für den Liter dauerhaft überschritten.
Um diesen Preissprung abzufedern, reicht für Stefan Bach eine Klimaprämie nach dem "Gießkannenprinzip", wo es für alle die gleiche Summe zurückgibt, nicht mehr aus. Nötig seien zusätzliche Förderprogramme, die gezielt auf sogenannte vulnerable Haushalte zugeschnitten sein müssten.
"Abschmelzen" bei mittleren und "Abschöpfen" bei hohen Einkommen
Woher könnte das Geld dafür kommen? Die Studie plädiert hier für eine Klimaprämie mit einer stärkeren Umverteilung. Die 30 Prozent der Bevölkerung mit unteren Einkommen sollen dabei ihre Klimaprämie unverändert erhalten. Bei den oberen 30 Prozent würde die Prämie dagegen vollständig "abgeschöpft". Im mittleren Einkommensbereich würde die Klimaprämie linear abgeschmolzen: Je mehr Einkommen, desto geringer fällt die Rückzahlung aus.
Das "Abschmelzen" und "Abschöpfen" spart in etwa die halben Ausgaben für die Klimaprämie ein. Diese Mittel im Umfang von mehreren Milliarden Euro könnten dann genutzt werden, um die klimapolitisch verteuerten Energiekosten bei den unteren Einkommen stärker abzufedern sowie zusätzliche Hilfen und Förderprogramme zur Dekarbonisierung aufzulegen.
Für Stefan Bach könnte dieses Vorgehen dazu beitragen, die Akzeptanz spürbarer CO2-Kosten zu stärken und den gesellschaftlichen Rückhalt für eine ehrgeizigere Klimaschutzpolitik zu sichern.
Gleiches Klimageld für alle – über dieses Konzept scheint die Zeit hinausgegangen zu sein. Auch die Agora-Thinktanks schlagen in ihrer neuen Studie zum klimaneutralen Deutschland vor, bei steigenden CO2-Kosten sozial benachteiligten Haushalten zusätzliche finanzielle Ausgleiche zu gewähren.
Zum einen würden sich reichere Haushalte mehr und mehr aus hohen Energiekosten "herausinvestieren", zum anderen werde es kaum möglich sein, alle Härtefall-Konstellationen durch gezielte Förderprogramme zu vermeiden, begründen die Agora-Leute ihren Vorschlag.
Nicht allen und auch nicht alles zurückgeben
Die Grünen haben das stärker umverteilende Konzept inzwischen adaptiert. Das Klimageld sollten Menschen mit niedrigem Einkommen in voller Höhe erhalten, Menschen mit hohen Einkommen sollten aber nicht vom Klimageld proftieren, betont der auf dem jüngsten Grünen-Parteitag gefasste Beschluss VR-02 "Klimageld einführen".
Erreichen wollen dies die Grünen durch eine "soziale Staffelung". Das könne eine spezifische Besteuerung sein oder eine Kappung ab einer bestimmten Einkommenshöhe.
Allerdings wollen sie auch nicht alles auf Heller und Pfennig zurückgeben. Es gehe um eine direkte Auszahlung eines "Großteils der Einnahmen" aus der CO2-Bepreisung von Gebäudewärme und Verkehr, steht im Grünen-Beschluss.
So oder so ist das alles aber noch ziemliche Zukunftsmusik. Für 2025 hat sich das Thema Klimageld oder Klimaprämie ohnehin erstmal erledigt. "Bisher sind im Klima- und Transformationsfonds keine Spielräume für eine Klimaprämie vorgesehen", stellt DIW-Experte Bach mit Blick auf den vorgesehenen Finanztopf lakonisch fest.
Wann es überhaupt einen Haushalt für 2025 geben wird, ist nach dem Auseinanderbrechen der Koalition ohnehin offen. Stefan Bach selbst rechnet erst für 2027 mit der Einführung eines Klimageldes – dann vielleicht auch in der abgewandelten Unions-Form eines Klimabonus.