Wäre es nicht schön, wenn das Deutschlandticket nur noch 29 Euro kosten würde? Oder sogar ganz kostenlos wäre? Dies zumindest für einkommensschwache Haushalte zu ermöglichen, schlägt eine Studie vor, die am Dienstag vom Klima-Allianz Deutschland vorgestellt wurde. Durchgeführt wurde sie vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und dem Öko-Institut. Die Klima-Allianz ist ein Bündnis von 150 Organisationen aus allen zivilgesellschaftlichen Bereichen.

Die Studie beschäftigt sich mit dem geplanten europäischen Emissionshandel im Bereich Gebäude und Verkehr, auch ETS II genannt. ETS steht für Emission Trading System. Nach dem ETS I für Energie- und Industrie-Unternehmen soll das ETS II das zweite europäische Emissionshandelssystem werden.

 

Wann der neue Emissionshandel startet, ist noch nicht ganz klar, voraussichtlich 2027 oder 2028. Für Gebäude und Verkehr gibt in Deutschland bereits einen nationalen Emissionshandel. Der soll dann ins europäische System überführt werden.

Für den Ausstoß von CO2 müssen auch im ETS II Zertifikate erworben werden. Dabei gibt es eine Höchstgrenze an Zertifikaten, den sogenannten Cap. Gerade für die Startphase wird deshalb eine Knappheit bei den Zertifikaten vorausgesagt. Das bedeutet: Der CO2-Ausstoß könnte plötzlich sehr teuer werden.

Beim Einführen des ETS II könnte der CO2-Preis laut Schätzungen bei 100 bis 200 Euro pro Tonne liegen. Bisher soll eine Tonne CO2 im Jahr 2026 im deutschen System 55 bis 65 Euro kosten. Ein so großer Preissprung wäre für die Menschen deutlich spürbar – bei den Heizkosten und an der Tankstelle. Um einen Kostensprung zu vermeiden, fordern die Studienautor:innen, die CO2-Preise in Deutschland schon vorher stärker anzuheben.

Sie fordern aber auch eine Begrenzung nach unten. Ein solcher Mindestpreis würde starken Preisschwankungen, die in einem freien Markt entstehen können, und damit Unsicherheiten auch in der Bevölkerung entgegenwirken. Das würde auch eine bessere Planbarkeit etwa bei der Finanzierung von Klimaprojekten gewährleisten.

Sozialfonds soll nicht gedeckelt werden

Aus den Einnahmen des ETS II fließt ein Teil in einen Klima-Sozialfonds. Dieses Geld soll besonders stark betroffenen Haushalten und Unternehmen zugutekommen. Bisher ist der Umfang des Fonds auf 5,3 Milliarden Euro festgelegt – egal, ob und wie stark der Preis für die Zertifikate und damit die Einnahmen steigen.

Damit sind die Mittel für den Sozialfonds laut der Studie recht knapp bemessen. Die Autor:innen fordern deswegen, dass in den Klima-Sozialfonds mindestens 25 Prozent der Einnahmen fließen. Dann könnten soziale Ziele gerade bei höheren CO2-Preisen besser erreicht werden.

In der Studie wird dazu vorgeschlagen, aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung ein Klimageld einzuführen. Damit ein "Klimageld für alle" die einkommensschwächsten zehn bis 20 Prozent gegenüber einer Situation ohne CO2-Preis nicht schlechterstellt, müssten allerdings die gesamten Einnahmen aus den Emissionen privater Haushalte dafür aufgewendet werden, rechnet die Studie vor.

Etwa 50 Prozent der Gesamteinnahmen aus dem ETS II stammen aus den privaten Haushalten. Um Einkommensschwächere nicht schlechterzustellen, müssten also die Einnahmen aus den Privathaushalten letztlich vollständig an diese zurückgegeben werden.

Die Mittel für ein allgemeines Klimageld können allerdings nicht aus dem geplanten Sozialfonds kommen. Die Fonds-Gelder dürfen ausschließlich für benachteiligte Gruppen verwendet werden.

Für die Finanzierung des Klimageldes für alle bieten sich deshalb laut der Studie eher die restlichen Einnahmen an, die an die einzelnen Staaten fließen. Denn dieser "Topf" ist größer und die Vorgaben für die Verwendung sind weniger streng als beim Sozialfonds.

CO2-freie Lösungen für alle

Es wird aber auch immer wieder betont, dass ein Klimageld allein nicht ausreicht. Ein steigender CO2-Preis müsse in jedem Fall von Maßnahmen begleitet werden, die die Senkung der Energieverbräuche in den unteren Einkommensgruppen fördern, um diese vor Preissteigerungen zu schützen und ihnen aus der Abhängigkeit von fossilen Energien herauszuhelfen.

"Obwohl Menschen mit niedrigem Einkommen einen geringeren CO2-Fußabdruck haben als Menschen mit hohem Einkommen, besteht die Gefahr, dass ihnen die Kosten der Transformation über den Kopf wachsen", erklärte Maria Loheide, Vorständin der Diakonie Deutschland, bei der Vorstellung der Studie am Dienstag.

Denn während die fossilen Energieträger immer teurer würden, hätten einkommensschwache Haushalte kaum Möglichkeiten, auf CO2-freie Technologien umzusteigen. "Auch Menschen mit geringem Einkommen muss der Umstieg auf nachhaltige Energienutzung ermöglicht werden", forderte Loheide.

Es geht also nicht nur um direkte Geldzahlungen, sondern auch um Förderprogramme etwa bei der Infrastruktur. Die Maßnahmen sollen dabei idealerweise auch direkt zum Klimaschutz beitragen.

So könnten zum Beispiel Fahrradwege ausgebaut und mehr Sicherheit für Radfahrer:innen im Straßenverkehr geschaffen werden. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Prämie für den Kauf gebrauchter Elektroautos oder das "Social-Leasing" von klimaverträglichen Verkehrsmitteln mit hohen Anschaffungskosten wie E‑Bikes oder E‑Autos.

Im Gebäudebereich könnte beispielsweise eine stärkere Förderung von Sanierungsmaßnahmen wie dem Fensteraustausch besonders betroffene Haushalte unterstützen.

Und auch das eingangs erwähnte günstige Nahverkehrsticket wäre eine sozial gerechte und klimafreundliche Maßnahme.

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