Auf einer Stromrechnung befinden sich drei Stapel mit Ein-, Zwei- und Fünf-Cent-Münzen und einige verstreute andere Münzen. Ein Stift, ein Taschenrechner und eine Glühbirne sind ebenfalls sichtbar.
Möchte Robert Habeck den Eindruck erwecken, dass ein Klimageld nicht mehr nötig ist? (Bild: Nando Vidal/​Shutterstock)

Als Klima- und Energiejournalist hat man, logisch, oft mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz zu tun. Robert Habeck auf Podien oder Pressekonferenzen zu erleben, gehört zum wöchentlichen Brot.

Ein persönliches Wort habe ich mit ihm bisher nicht gewechselt. Klimareporter° gehört auch nicht zu den Medien, die für den Flieger zum Mitreisen mit dem Grünen-Minister angefragt werden.

Mehrfach schon habe ich aber Habecks Erzählung gehört und auch zitiert, dass die Ampel normale Leute entlaste, vor allem indem die EEG-Umlage auf den Strompreis nunmehr aus dem Bundeshaushalt finanziert und so eine Art "Klimageld" gezahlt werde.

Mitte März stellte Habeck nun die aktuelle Klimaprojektion vor und verkündete das bis dato höchste Quasi-Klimageld. Damit sich jeder selbst ein Bild machen kann, soll Habecks Äußerung in der Pressekonferenz hier ausführlich zitiert werden.

Habeck: Jeder Bürger bekommt 200 Euro vom Staat zurück

"Wir zahlen ja alle auch für den Verkehrs- und Wärmebereich eine CO2-Abgabe", sagte Habeck, "und die geben wir jetzt über die EEG-Umlageübernahme wieder zurück an die Menschen, im Moment gerade wegen der angestiegenen Kosten pro Kopf – grobe Schätzung – mit 200 Euro pro Jahr." Jeder Bürger bekomme so über die Begrenzung der Stromkosten "ungefähr 200 Euro pro Jahr vom Staat zurück".

Ein solcher Bürger bin ich auch und kenne meine Pro-Kopf-Stromkosten. Mein Anteil am Verbrauch des Haushalts, in dem ich lebe, liegt so um die 650 Kilowattstunden im Jahr. Die kosten mich seit Jahren zwischen 200 und 240 Euro, je nach Preislage für den bezogenen Ökostrom.

 

Kleiner Einschub: Ich beteilige mich nicht am sogenannten Anbieter-Hopping. Dabei wechseln Leute, animiert durch Preisportale, jedes Jahr den Anbieter, um jeweils einen neuen Bonus abzufassen. Tipp an diese Leute: Den Bonus bezahlen am Ende die anderen Stromkunden mit höheren Preisen, nicht die Unternehmen.

Zurück zu Habecks 200-Euro-Entlastung: Damit soll auch mir zurückgegeben werden, was ich an CO2-Abgaben für fossile Kraftstoffe und fossiles Heizen zahle.

Beim Benzinkauf kostete mich 2023 die CO2-Steuer so um die 65 Euro. (Wer es für sich berechnen will: Der CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne bedeutete letztes Jahr einen Aufschlag von 8,4 Cent je Liter Benzin).

Dazu kamen für mich noch anteilig etwas mehr als 15 Euro CO2-Steuer auf Fernwärme und Warmwasser. Mein Vermieter bezieht Heizenergie, die zu drei Vierteln auf Basis von Erdgas, aber auch noch zu 15 Prozent aus Steinkohle erzeugt wird.

Alles in allem kostete mich die CO2-Bepreisung letztes Jahr direkt also ungefähr 80 Euro.

Entlastung bei EEG-Umlage inzwischen schwer zu bestimmen

Wie wurde ich nun letztes Jahr bei der EEG-Umlage entlastet? Das lässt sich schwer bestimmen, weil die Umlage seit 2023 als Kostenanteil im Haushaltsstrom nicht mehr ausgewiesen wird. Logisch, sie ist ja für die Stromkunden ab Mitte 2022 abgeschafft worden.

Rechnet man mit der EEG-Umlage von 2022 von 1,86 Cent pro Kilowattstunde laut der aktuellen Strompreisanalyse des Energieverbands BDEW, wäre ich um zwölf Euro entlastet worden. Etwas über 40 Euro wären es gewesen, wäre die EEG-Umlage so hoch wie 2021 mit 6,5 Cent.

Selbst diese Entlastung reichte also nicht, um meine direkten Kosten durch die CO2-Steuer auszugleichen. Auch liegt der CO2-Preis jetzt bereits bei 45 Euro je Tonne und ist damit um die Hälfte höher als in den beiden Vorjahren. Dieses Jahr werden meine direkten Kosten also etwa 120 Euro betragen.

Tatsächlich aber war es letztes Jahr so: Von den Einnahmen der Bundesregierung aus der CO2-Bepreisung floss kein einziger Euro als Bundeszuschuss ins EEG-Konto, um die Abschaffung der EEG-Umlage für die Stromkunden auszugleichen.

Der entsprechende Posten in der EEG-Jahresabrechnung der Übertragungsnetzbetreiber weist eine Null aus. Das war auch so geplant. Denn auch der entsprechende Ausgabeposten im Klima- und Transformationsfonds sah null Ausgaben für 2023 vor.

Bundeszuschuss zum Strompreis lag 2023 bei null

Der Posten im sogenannten Einzelplan 60 des Bundeshaushalts trägt dabei den leicht irreführenden Namen "Zuschüsse zur Entlastung beim Strompreis" – der Zuschuss wird aber nicht eingesetzt, um den Strompreis zu senken, sondern um das EEG-Konto auszugleichen und so die gesetzlich garantierte EEG-Förderung zu sichern.

Dass die Ampel hier 2023 null Ausgaben hatte, hatte im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen waren auf dem EEG-Konto 3,25 Milliarden Euro an Einnahmen aus der EEG-Umlage der Vorjahre nicht verbraucht worden – wie auch der Haushaltsplan für den Klima- und Transformationsfonds ausweist.

Zum anderen senkten die hohen Strompreise im vergangenen Jahr den Zuschussbedarf. Etwa zwei Drittel der installierten erneuerbaren Stromerzeugung werden direkt an der Strombörse vermarktet – und wenn der dort erzielte Preis über dem gesetzlich garantierten EEG-Zuschuss liegt, erhält der Betreiber nichts vom EEG-Konto und dieses wird geschont.

Daraus folgt aber: Die EEG-Förderung 2023 hatten die Haushalte bereits über die EEG-Umlage der Vorjahre finanziert, dazu kamen hohe Strompreise. Letztes Jahr "entlasteten" sich die Haushalte also praktisch selbst bei der CO2-Steuer.

Es wäre schön gewesen, wenn man die Sicht des Bundeswirtschaftsministeriums auf den tatsächlichen Gehalt der 200-Euro-Entlastung erfahren hätte. Entsprechende Anfragen ließ das Ministerium bis dato unbeantwortet.

Allerdings muss die 200-Euro-Angabe auch irgendwo hergekommen sein. Es ist doch zu hoffen, dass eine grün geführte Ministeriumsbürokratie nicht so wie einst ein Peter Altmaier einfach Zahlen erfindet. 2013 hatte der damalige Umweltminister von der CDU bekanntlich ohne jedwede Begründung die Summe von einer Billion Euro in die Welt gesetzt, die die Energiewende angeblich kosten werde.

EEG-Fördermilliarden als Strompreis-Senkung interpretiert

Also versuche ich, mich den Habeckschen "ungefähr 200 Euro" anders zu nähern. Bei 84 Millionen Einwohnern in Deutschland ergibt das eine Gesamtsumme von mehr als 16 Milliarden Euro.

Gibt es im Umfeld der EEG-Förderung eine 16-Milliarden-Euro-Zahl? So eine lässt sich tatsächlich finden, und zwar in der von der Energieberatung Enervis erstellten "Mittelfristprognose" zur bundesweiten Stromerzeugung aus EEG-geförderten Kraftwerken für die Jahre 2024 bis 2028.

Eine Tabelle auf Seite 15 listet dort die Höhe der Förderzahlungen an die EEG-Anlagenbetreiber auf. Im Jahr 2023 lagen danach die gesamten EEG-Zahlungen bei 16,4 Milliarden Euro. Für 2024 sind 15,9 Milliarden vorausgesagt.

Um die 200 Euro zu generieren, wurden offenbar die gesamten Förderzahlungen an die EEG-Anlagen auf die Einwohnerzahl Deutschlands umgelegt – und als "Entlastung" von den vorher durch die Einwohner gezahlten CO2-Steuern interpretiert.

Nur – leider lag der aus der CO2-Steuer finanzierte EEG-Zuschuss des Bundes 2023 ausgewiesenermaßen bei null. Da haben die Leute sich selbst entlastet. Das kann sich der Minister schwerlich ans Revers heften.

 

Auch 2024 werden die vorausberechneten Zahlungen von knapp 16 Milliarden Euro keineswegs alle aus dem Bundeshaushalt bestritten. Zum einen hat das EEG-Konto noch andere Einnahmen als den Bundeszuschuss. Zum anderen sind im erwähnten Haushaltsplan als Zugabe vom Bund bisher nur 10,2 Milliarden vorgesehen, tatsächlich bereits überwiesen hat der Bund im Januar und Februar laut der aktuellen Bilanz zusammen etwa 1,6 Milliarden Euro.

Wer guten Willens ist, könnte es so sagen: Aus den Einnahmen des CO2-Bepreisung will die Bundesregierung in diesem Jahr pro Kopf 120 Euro in die gesetzliche EEG-Förderung geben. Bis Ende Februar gezahlt wurden davon 20 Euro.

Wie schnell und in welchem Maß dieser EEG-Zuschuss am Ende beim Strompreis Entlastung schafft, ist eine ganz andere Frage. Das hängt von vielen und ganz anderen Faktoren ab als allein von der Höhe der Förderung.

Das sollte sich endlich auch im Wirtschaftsministerium herumsprechen und jemand dem Minister mal etwas anderes zur CO2-Steuer und zum Klimageld aufschreiben. Mich jedenfalls würde mehr Ehrlichkeit erfreuen, Minister Habeck.

Ergänzung am 18. April: Das Bundeswirtschaftministerium antwortete auf die Anfrage, wie die angegebene Entlastung von 200 Euro pro Kopf zustande kommt, schließlich am 15. April. Leider erlaubt das Ministerium es nicht, die Antwort mit der Quellenangabe Bundeswirtschaftsministerium wiederzugeben oder mit dieser Quellenangabe daraus zu zitieren.