Mehrere hundert Demonstranten in gelben Warnwesten strömen zu einem Platz.
Gelbwesten-Protest vor fünf Jahren in Frankreich: Wenn die CO2-Steuer ungerecht daherkommt, nützt die beste Absicht nichts. (Bild: Thomas Bresson/​Wikimedia Commons)

Ein breites Bündnis von Umwelt- und anderen Organisationen hat eine Online-Kampagne gestartet, in der die Bundesregierung zur Einführung eines Klimageldes bis spätestens Mitte 2024 aufgefordert wird.

"Keinen Klimaschutz zu machen, können wir uns nicht mehr leisten. Es ist deshalb richtig, dass CO2-intensives Verhalten teurer wird. Dazu braucht es aber einen sozial gerechten Ausgleich der Mehrbelastung für die Bürger:innen", heißt es darin.

Um das umzusetzen, müsse der bereits eingeführte und künftig ansteigende CO2-Preis auf Sprit und Heizenergie durch ein Klimageld ergänzt werden, durch das die Einnahmen gleichmäßig pro Kopf wieder an die Bürger:innen ausgezahlt werden. Im Jahr 2024 stünden laut dem Klimaforschungsinstitut MCC jeder Person in Deutschland 130 Euro Klimageld zu, 2027 seien sogar 250 Euro möglich, so die Initiator:innen.

Das Bündnis argumentiert, ein bisher fehlender Auszahlungsmechanismus dürfe kein Hinderungsgrund sein, die Einführung des Klimageldes weiter zu verschleppen. Andere Länder hätten längst vorgemacht, dass sich dafür Lösungen finden lassen, wenn der politische Wille da ist.

Tatsächlich ist ein Klimageld bereits im Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 vorgesehen. Eine Auszahlung ist laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) allerdings erst ab 2025 möglich, da noch nicht für alle Bürger:innen Kontoverbindungen vorlägen.

Verbraucherschützer fordern Klimageld-Nachzahlung

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) fordert die Regierung jetzt auf, das Klimageld so schnell wie möglich einzurichten. Der Verbraucherverband verweist vor allem darauf, dass die Haushalte schon seit 2021 einen CO2-Aufpreis auf Brenn- und Kraftstoffe zu zahlen haben.

Für den Großteil dieses Zeitraums gelte die vom Bundeswirtschaftsministerium angeführte Entlastung durch die Mitte 2022 auf null abgesenkte EEG-Umlage nicht, teilt der VZBV heute mit. Die Gesamteinnahmen der Regierung durch den CO2-Preis seien mehr als doppelt so hoch gewesen wie die direkte Entlastung.

Insgesamt habe der Staat so 11,4 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen, rechnete der Verbraucherverband aus. Da aber der Großteil der Kosten für den CO2-Preis bei den Verbraucher:innen lande, sollten diese auch entsprechend Geld zurückbekommen – und zwar 139 Euro pro Person.

Der CO2-Preis schaffe einen Anreiz für klimaverträgliches Verhalten, erklärte VZBV-Vorständin Ramona Pop. Die Einnahmen müsse die Bundesregierung aber über ein Klimageld an alle Verbraucher:innen zurückerstatten. "Sonst ist die CO2-Abgabe neben den hohen Energiepreisen eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Menschen."

In anderen Ländern mit CO2-Bepreisung, etwa der Schweiz, Österreich und Kanada, gibt es schon lange verschiedene Rückzahlungsmechanismen. In der Schweiz erfolgt die Auszahlung seit 2008 über die Krankenversicherungen in Form einer Reduzierung der Krankenkassenbeiträge. Hierzulande biete sich eine Auszahlung über die Familienkassen in Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden an, schlägt das zivilgesellschaftliche Bündnis vor.

Die 15 Organisationen, darunter BUND, WWF sowie die Dachorganisationen Deutscher Naturschutzring und Klima-Allianz, aber auch die Arbeiterwohlfahrt, die Gewerkschaft IG Bau und die Katholische Frauengemeinschaft, fordern die Regierung auf, die Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung künftig komplett in das Klimageld zu stecken.

Bisher fließen sie in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), woraus unter anderem die Energiesanierung von Altbauten finanziert wird. Diese Ausgaben müssten über den Bundeshaushalt abgedeckt werden, so das Bündnis, das zur Gegenfinanzierung den Abbau klima- und umweltschädlicher Subventionen vorschlägt. Diese betragen laut Umweltbundesamt rund 65 Milliarden Euro jährlich.

"Rechtspopulisten reiben sich die Hände"

Des Weiteren betont das Bündnis die positive sozialpolitische Komponente des Klimageldes. Es führe zu finanziellen Entlastungen von den unteren bis in mittlere Einkommensgruppen hinein. Das schaffe Akzeptanz für den Klimaschutz bei einer breiten Bevölkerungsmehrheit.

"Wer wenig CO2 verursacht, hat so unterm Strich mehr im Geldbeutel – wer besonders viel CO2 verursacht, zahlt drauf. Davon profitieren vor allem einkommensschwache Haushalte. Denn gerade die oberen Einkommensgruppen stoßen am meisten klimaschädliches CO2 aus", so die Erläuterung der Kampagne. Bei einer Auszahlung des Klimageldes "als sichtbarem Betrag auf das Konto der Bürger:innen" werde die entlastende Wirkung auch direkt gesehen und wahrgenommen.

Das private Umweltinstitut München, ebenfalls Teil des Bündnisses, warnt die Ampel davor, die politische Sprengkraft einer CO2-Bepreisung ohne Ausgleich zu unterschätzen. Zwar sei die Verteuerung fossiler Brennstoffe am 1. Januar durch den dann von 30 auf 45 Euro pro Tonne steigenden CO2-Preis "weiterhin eher symbolischer Natur". Sprit zum Beispiel werde dadurch vier Cent pro Liter teurer.

Politische Sprengkraft entfalte das trotzdem. "Die nächste Kampagne ist schon absehbar, und Rechtspopulisten reiben sich die Hände", sagte Leonard Burtscher, Referent für Klima- und Energiepolitik bei dem Institut.

 

Diese "offene Flanke des Klimaschutzinstruments" CO2-Preis müsse daher dringend geschlossen werden, gerade vor den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen sowie der EU-Parlamentswahl nächstes Jahr. "Funktionierende Politik bleibt das beste Gegenmittel gegen Populismus", meinte Burtscher.

Die Online-Kampagne zum Klimageld "Entlastung schaffen. Klimageld jetzt!" will 30.000 Unterstützungsunterschriften erreichen, bisheriger Stand sind rund 20.000.