Bild: Kristin Rabaschus

Alles hängt mit allem zusammen. Alexander von Humboldts wesentliche Erkenntnis wurde beim diesjährigen Meeresumwelt-Symposium in Hamburg gerade wieder einmal anschaulich – am Beispiel der Wale.

Wale fressen täglich tonnenweise Futter und speichern riesige Mengen an Kohlenstoff. Wale durchmischen auf ihren langen Reisen die Nährstoffe im Wasser und fördern auch durch ihren Kot das Wachstum von Phytoplankton.

Das Phytoplankton entnimmt durch Photosynthese Kohlendioxid aus der Atmosphäre und bildet Sauerstoff. In den Ozeanen erzeugen diese grünen Lungen genauso viel Sauerstoff und binden dabei genauso viel Kohlenstoff wie sämtliche Pflanzen an Land.

Auch bei uns an Land gibt es übrigens diese "übermenschliche" Verkettung des Lebens. Meere und Wale zeigen uns dabei beispielhaft, wie abhängig das Klima auf der Erde von der globalen Biodiversität ist.

Die Europäische Union hat mit ihrem "Green Deal" eine Mixtur aus klassischer Ordnungspolitik und ökonomischen Instrumenten zusammengerührt. Kern ist das Klimagesetz von 2021 mit seinen verbindlichen Zielvorgaben.

Für die Umsetzung gibt es Dutzende Verordnungen und Richtlinien, die auch für die Geldgeschäfte der Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen mehr oder weniger grüne Leitplanken setzen. Gleichwohl wartet die nächste große Herausforderung für die Finanzkonzerne im Naturschutz.

Biodiversität noch nicht im Management angekommen

Mit dem "Green Deal" werden auch Vorgaben aus dem globalen Rahmenabkommen zum Schutz der Biodiversität umgesetzt. Das Kunming-Montreal-Abkommen wurde von der weltweiten Staatengemeinschaft Ende 2022 im kanadischen Montreal beschlossen. Es verpflichtet die Länder, mindestens 30 Prozent der Land- und Meeresfläche bis 2030 unter effektiven Schutz zu stellen.

Dabei geht es um weit mehr als um den schnöden Mammon. Doch mittlerweile haben die Europäische Zentralbank, die Weltbank und andere Institutionen dem Finanzsektor in Euro und Dollar vorgerechnet, was der Verlust der Leistungen der Natur kosten würde.

Dennoch wird das Thema Biodiversität von Banken und anderen Finanzunternehmen in Deutschland noch nicht ernst genug genommen. Das ergab eine Anfang Juni veröffentlichte Umfrage, die von der Unternehmensberatung PwC und der Umweltstiftung WWF in Auftrag gegeben wurde.

Drei Viertel der befragten Manager stufen die Bedeutung von Biodiversität als "eher gering" ein. Bei den teilnehmenden Banken tun dies sogar fast alle.

Zu hoffen ist, dass diese Ignoranz – auch dank des globalen Biodiversitätsabkommens und des europäischen Green Deal – nur eine Momentaufnahme bleibt. Immerhin sehen drei Viertel der Befragten durchaus den Zusammenhang von Biodiversität und CO2-Minderung. Und mehr als zwei Drittel erkennen die zukünftige Bedeutung naturbasierter Ressourcen für Wirtschaftsleistung, Wachstum und Profite.

"Gleichwohl hat das Thema noch keine strategische Bedeutung für Finanzinstitute", beklagt der WWF. Nur ein "sehr kleiner Teil" der Institute nutze im eigenen Haus bereits Biodiversitätsdaten zu strategischen Steuerungszwecken oder für seine Netto-Null-Pläne, die mittlerweile firmenintern recht weit verbreitet sind.

Wie Ärzte und Discounter

Ärzte klagen (nicht ganz zu Unrecht) über die große Zahl ihrer Patienten, die unzufrieden aus der Praxis gehen, wenn sie nicht ein Medizinpräparat verschrieben bekommen haben. Auch deshalb verschreiben Ärzte Pharmaka auf Bayer-Teufel komm raus.

Ebenso beklagen Discounter (nicht ganz zu Unrecht) die Geiz-ist-geil-Mentalität ihrer Kundschaft. Sie sei schuld daran, dass man Bauern keine auskömmlichen Preise zahlen könne. Entsprechend beklagen die Finanzinstitute (nicht ganz zu Unrecht), dass die Verbraucher kaum nachhaltige Sparverträge und Öko-Wertpapiere kaufen.

So schätzen die von PwC und WWF gefragten Firmenlenker die Nachfrage nach Produkten mit Biodiversitätskriterien als "eher gering" ein. Dabei sei die Geschäftskundschaft ebenso desinteressiert wie die private. Insgesamt haben 52 Unternehmen an der nicht repräsentativen Umfrage teilgenommen: Banken, Versicherer, Pensionskassen und Vermögensverwalter.

Unterm Strich legen die Umfrageergebnisse nahe, dass Angebot wie Nachfrage den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen weit hinterherhinken. In der Praxis fehlt es dazu bislang – mehr noch als in der EU‑Taxonomie – an Wissen und an belastbaren Daten.

Es heißt also, schnell Tempo aufzunehmen. Auch, weil die Regulierung und neue Standards zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität die Finanzunternehmen zunehmend in die Pflicht nehmen.

Das erwähnte globale Biodiversitätsabkommen hat das ehrgeizige Ziel formuliert, bis 2030 den Netto-Verlust von Biodiversität zu stoppen und eine Lebens- und Wirtschaftsweise im Einklang mit der Natur zu erreichen.

Darüber hinaus sind Finanzinstitute in der Europäischen Union durch vielfältige regulatorische Vorgaben angehalten, die Biodiversität zu schützen und, wo sie verloren wurde, wiederherzustellen. Für die Geldhäuser in Deutschland bedeuten diese verbindlichen Vorgaben: Erledigt endlich eure Hausaufgaben!