Serie: Grüne Geldanlage – Teil 42 (Bild: Kristin Rabaschus)

In der Europäischen Union werden immer mehr grüne Anleihen ausgegeben. Für viele Anleger spielen Aspekte wie Klima- und Umweltschutz oder Ethik eine wichtigere Rolle als früher. So weit die guten Nachrichten.

Dabei scheint es vielfach egal zu sein, ob die Angebote von Apple, Mercedes-Benz und dem französischen Atomkonzern EDF oder von Staaten wie Deutschland und Frankreich kommen. Solche grünen Finanzprodukte erfreuen sich bei privaten Anlegern wie bei Investment-Profis großer Beliebtheit.

Das geht auch aus Zahlen der Europäischen Zentralbank (EZB) hervor. Seit gut zwei Jahren legt die Centralised Securities Database der EZB detaillierte Auswertungen vor. Danach verdoppelte sich in dieser kurzen Zeit im Euroraum das Emissionsvolumen von Anleihen, die sich als nachhaltigkeitsbezogen, nachhaltig, sozial oder grün bezeichnen. Das größte EU-Land, Deutschland, hat darin mittlerweile Frankreich überholt.

Dabei war Deutschland lange zögerlich. Erst im Jahr 2020 hat der Bund "Grüne Bundeswertpapiere" in Höhe von 11,5 Milliarden Euro emittiert. Sofort war die Nachfrage weit größer als das Angebot. Die vom Bund eingenommenen Milliarden flossen in mehr oder weniger nachhaltige Projekte. Aber nicht etwa in neue, sondern in Projekte, die bereits im Haushaltsjahr 2019 finanziert worden waren. Linke Tasche – rechte Tasche.

Wo bleibt das Öko-Plus?

Ein häufig in der Grün-Szene zu hörender Kritikpunkt: Der Bund entwickelt nicht etwa neue Klimaschutzprojekte, sondern legt das Geld in längst laufende Projekte an. Besonders in das Schienennetz wird investiert – was angesichts der Versäumnisse früherer Regierungen und der Ampelkoalition von Olaf Scholz schiere wirtschaftliche Notwendigkeit ist. Wo bleibt da das Öko-Plus?

Ähnliche Kritik trifft Unternehmen, die sich grünes Geld in Form von Anleihen oder auch Krediten besorgen. Sie investieren diese Milliarden üblicherweise in Pläne, die ohnehin auf ihrer Agenda stehen – und die ebenso konventionell und unter Renditegesichtspunkten zu finanzieren wären. Allein für die Außenwirkung macht sich eine "Grüne Finanzierung" halt besser als beispielsweise die profane Ausgabe neuer Aktien.

Für Verbraucher ist es angesichts dieser unübersichtlichen Gemengelage aus wirklich nachhaltiger Entwicklung, zumindest gutem Willen und wirkungslosen "grünen" Symbol-Geschäften schwierig, sich zu orientieren. Verbraucherschützer reagieren darauf mit neuen Informations- und Bildungsangeboten.

So veranstaltete die Verbraucherzentrale Sachsen kürzlich ein kostenfreies Webseminar zur nachhaltigen Finanzplanung: "Was ist möglich? Was ist Greenwashing?" Weitere Webseminare dürften folgen. Auch andere Verbraucherzentralen in Deutschland fokussieren sich stärker auf grüne Geldanlagen und Versicherungen. Gleichzeitig wird vielerorts über neue Vermittlungsformen nachgedacht.

Grüngeld-Ratgeber "ab 18"

"Bei den vielen Angeboten mit positiv klingenden Namen ist vor allem eines entscheidend: welche Nachhaltigkeitsstandards in den Fonds, Konten und Co wirklich Anwendung finden und wie streng diese eingehalten werden", sagt Fabian Herbolzheimer, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Sachsen.

Viele Anleger möchten nicht, dass ihr Geld in Staaten und Unternehmen "arbeitet", die nicht ihren Vorstellungen von fairem Wirtschaften entsprechen, haben Herbolzheimer und sein Team festgestellt. Jene suchten daher nach passenden Möglichkeiten zum Investieren und Absichern.

"Die Branche reagiert darauf mit Versicherungen und Geldanlagen, die genau das versprechen." Aber bei der Frage, ob diese Versprechen auch eingehalten werden, versinke man schnell in einem Dickicht aus Begriffen und ihrer Umsetzung in ungezählten Finanzprodukten.

Es gibt bislang kein gesetzlich geregeltes Kennzeichnungssystem mit verbindlichen Standards und auch keine unabhängige Zertifizierung. Keine staatliche Institution kontrolliert, ob die gemachten Nachhaltigkeitsversprechen eingehalten werden.

 

Eher klassisch geht die Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf das Thema an, mit einem Finanzratgeber "ab 18". Das sei meist der Zeitpunkt, an dem junge Menschen überlegten, auch bei den Finanzen ihr eigenes Ding zu machen.

Den Ratgeber "Einfach machen: Geldanlage. Nachhaltig und erfolgreich" mit 224 Seiten gibt es für 20 Euro, als E‑Book für 16 Euro, im Online‑Shop der Verbraucherzentralen oder telefonisch unter 0211 / 3809555. Der Ratgeber ist auch in den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen und im Buchhandel erhältlich.

"Nur: Niemand wird als Börsen-Guru geboren, das Fachchinesisch der Finanzwelt klingt zunächst mal ziemlich kompliziert", erklärt eine Sprecherin. Daher setze man auf "Basics", von Aktie über Kryptowährung bis Zinseszins. Wer seine finanzielle Zukunft selbst in die Hand nehmen will, brauche "ein bisschen Basiswissen".

Ein Schwerpunkt des locker geschriebenen Ratgebers: woran nachhaltige Geldanlagen zu erkennen sind.