Bundestag
Coronakrise hin, Klimakrise her, bald ist Sommerpause. (Foto: Marc-Steffen Unger/​Deutscher Bundestag)

Dass der Bundestag ans Ende seiner Legislatur kommt, ist zuverlässig an den vollgestopften Tagesordnungen zu erkennen. Bei der Sitzung am kommenden Donnerstag ist das Ende erst für Freitagfrüh 5:30 Uhr geplant.

So lange debattieren aber die Abgeordneten in der Regel nicht. Ungefähr ab Mitternacht wird das Verfahren häufig abgekürzt, indem die Reden zu Protokoll gegeben und die Vorlagen im Eilverfahren abgestimmt werden.

Sicher noch debattiert wird der kurz vor Mitternacht eingeplante Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote. Ihre neuen, ehrgeizigeren Klimaziele unterwandert die Regierung mit dem Gesetz insofern, als die CO2-Einsparung bestimmter erneuerbarer Energien im Verkehr – von Ökostrom und grünem Wasserstoff – mehrfach angerechnet wird. Auf dem Papier entsteht somit eine größere CO2-Einsparung als in der Realität.

Das Umweltministerium begründet das mit einer daraus resultierenden Förderung des Markthochlaufs von Elektromobilität und Wasserstoff. Auf den Rechentrick zu verzichten gehört offenbar nicht zur neuen Klimaehrlichkeit der Koalition.

In den frühen Morgenstunden des Freitags soll dann das sogenannte Schnellladegesetz verabschiedet werden. Hier wird die Erzählung der Autoindustrie in Paragrafen gegossen, wonach das Fehlen von E-Ladesäulen und das langsame Laden die Leute vom Elektroautokauf abschrecke – während laut aktuellen Studien 80 Prozent der Ladevorgänge zu Hause oder an der Arbeitsstelle stattfinden.

Ungeachtet dessen soll der Verkehrsminister in den nächsten Jahren 1,9 Milliarden Euro an ladesäulenbauwillige Unternehmen per Ausschreibung verteilen dürfen. Wahrscheinlich kann nur die kommende Bundestagswahl verhindern, dass 90 Prozent der neuen schnellen Ladesäulen in Bayern entstehen und sich ein CSU-Verkehrsminister an jeder neuen Ladesäule persönlich ablichten lässt.

Wichtig ist an diesem Freitag noch die von den Grünen beantragte Aktuelle Stunde zu den Entschädigungszahlungen an die Betreiber von Braunkohlekraftwerken. Die Partei hat dafür unter anderem im Portal Correctiv veröffentlichte Recherchen aufgegriffen.

Danach sollen die 4,35 Milliarden Euro, die die Stromkonzerne RWE und Leag fürs Abschalten ihrer Kraftwerke bekommen, im Kern zuerst in der Summe ausgehandelt und dann mit teils fragwürdigen Annahmen passend "berechnet" worden sein.

Wasserstoff und CO2-Preis-Rabatte

Wie die beiden letzten Sitzungswochen Anfang und Ende Juni genau ablaufen, ist noch nicht bekannt. In der klima- und energiepolitischen Gesetzes-Pipeline sind im Wesentlichen noch:

  • die knapp 200 Seiten starke Novelle zum Energiewirtschaftsrecht mit einer Vielzahl von Regelungen unter anderem zu Wasserstoffnetzen, aber auch zur Stromkennzeichnung und Stromtarifen;
  • die vom Bundeskabinett letzte Woche beschlossene EEG-Verordnung, die Anforderungen festlegt, wann Wasserstoff als "grün" gilt. Zugleich soll für den Ökostrom, der zur Herstellung dieses Wasserstoffs genutzt wird, keine EEG-Umlage mehr fällig werden.
  • die Carbon-Leakage-Verordnung. Unter den noch offenen Regelungsvorhaben läuft sie dem neuen 65-Prozent-Klimaziel der Bundesregierung besonders stark zuwider. Die Verordnung soll einen Großteil der Wirtschaft von den Zumutungen des nationalen CO2-Preises befreien. Würde die Koalition es mit dem Klimaschutz ernst meinen, müsste diese Verordnung eigentlich von der Tagesordnung genommen werden.

Ach so – es fehlt noch das neue Klimaschutzgesetz. Es soll, entgegen einer Ankündigung im Spiegel, nicht in dieser, sondern erst in der nächsten Sitzungswoche im Bundestag, Anfang Juni also, in erster Lesung beraten werden. Eine öffentliche Anhörung ist für den 21. Juni, den Montag in der letzten Sitzungswoche, vorgesehen.

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