Rechte Hand dreht am Heizungsregler, linke Hand hält verschiedene Euro-Scheine.
Klimaschutz per CO2-Preis funktioniert – wenn die Leute echte Alternativen haben. (Foto: Veja Jurga/​Shutterstock)

Das Klimageld? Das kommt frühestens Anfang nächsten Jahres, ist derzeit in Berlin zu hören. Das Bundesfinanzministerium sei noch immer damit beschäftigt, ein Auszahlungsmodell zu entwickeln, wie die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an die Menschen zurückgegeben werden. Der koalitionäre Auftrag dazu ist mittlerweile auch schon gut zwei Monate alt.

Aktuell steht es eher schlecht um die CO2-Preisentwicklung. Sie für 2023 auszusetzen, forderte jetzt Yasmin Fahimi, Chefin des Gewerkschafts-Dachverbandes DGB. Sie halte es nicht für sinnvoll, im nächsten Jahr den CO2-Preis wie geplant zu erhöhen, "weil wir schon jetzt auf einem Preisniveau sind, das viel höher ist als alle ursprünglichen Planungen".

Das nährt natürlich das Narrativ, dass solche Klimasteuern schuld an den hohen Preisen sind. In die Kerbe hieb auch Jens Spahn, Fraktionsvize der Union im Bundestag. Er plädierte für eine gezielte Steuersenkung. Konkret könne die Stromsteuer gesenkt werden, sagte Spahn im Deutschlandfunk.

Weil Klimaschutz und CO2-Preis langfristig vieles teurer machen werden, plädiert die Volkswirtschaftlerin Veronika Grimm vor allem dafür, dass der Staat die Einnahmen an die Leute zurückgibt. "Die CO2-Bepreisung soll ein Lenkungsinstrument sein, keines, mit dem der Staat zusätzliche Einnahmen generiert, sondern eins, das CO2-intensives Verhalten teurer und damit wenig emissionsintensives Verhalten günstiger macht."

Grimm, die auch als Wirtschaftsweise bekannt ist, stellte am Montag als Mitglied im Sachverständigenrat für Verbraucherfragen dessen neue Untersuchung zu einer fairen CO2-Bepreisung vor.

Darin breitet das beim Bundesumweltministerium angesiedelte Beratungsgremium auf wenigen Seiten alle Argumente aus, die für eine weitgehende Rückgabe der Einnahmen aus dem CO2-Preis sprechen.

In Deutschland sind damit die Gelder gemeint, die durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) eingesammelt werden. Zurzeit liegt hier der Preis bei 30 Euro je Tonne CO2. Für 2025 sind 55 Euro geplant. Zu bezahlen ist der CO2-Preis vor allem beim Heizen mit fossiler Energie und beim Kraftstoff-Tanken.

Höheres Einkommen heißt geringerer CO2-Kostenanteil

Die Sachverständigen haben auch den Fall untersucht, wenn ein CO2-Preis auf den gesamten individuellen CO2-Fußabdruck erhoben würde.

Wie sozial die Rückgabe der Einnahmen ausfällt, hängt dabei laut der Studie vor allem davon ab, ob die Einnahmen weitgehend an die Menschen zurückfließen. Bei voller Erstattung des Aufkommens aus der CO2-Bepreisung lassen sich untere Einkommensklassen real netto entlasten, für mittlere Einkommen ergibt sich laut Studie eine Null-Entlastung und höhere Einkommen würden draufzahlen.

Der Umverteilungseffekt lässt sich verstärken, wenn es eine einkommensorientierte Rückerstattung gibt. Und er lässt sich abschwächen, wird eine pauschale Pro-Kopf-Erstattung angenommen, die auf individuelle CO2-Fußabdrücke keine Rücksicht nimmt.

Dass bei voller Rückerstattung Menschen mit hohen Einkommen eher belastet werden, ist für Grimm gar keine so schlechte Nachricht. "Dann würden die Kosten eher bei denjenigen anfallen, die schon hohe Einkommen haben", sagte sie bei der gestrigen Präsentation der Studie.

Zwar hätten hohe Einkommensgruppen bei einer CO2-Bepreisung mehr zu zahlen, so Grimm weiter, aber Menschen mit geringem Einkommen müssten einen höheren Anteil dieses Einkommens für CO2-Kosten aufwenden. Je niedriger das Einkommen sei, desto höher sei dann auch die relative Belastung, bestätigte Grimm die schon aus anderen Studien bekannten Verteilungseffekte.

Die Sachverständigen sprechen sich in ihrem Gutachten klar für eine einkommensbezogene Rückzahlung aus. Dabei sollen alle Einnahmen, die aus der CO2-Bepreisung resultieren, weitgehend zurückfließen. Um die Rückverteilung langfristig verlässlich zu verankern, soll sie über den künftigen "Klima- und Transformationsfonds" und zudem möglichst unbürokratisch erfolgen.

Umweltförderung hilft oft denen, die es nicht brauchen

Einen Effekt zugunsten unterer Einkommen anzustreben, hält Grimm vollauf für gerechtfertigt, wie sie gestern durchblicken ließ. Menschen mit höheren Einkommen hätten viel mehr Möglichkeiten, den Kosten eines CO2-intensiven Verhaltens und der Bepreisung auszuweichen – indem sie die Heizung austauschen, Strom vom eigenen Dach beziehen oder auf öffentlich geförderte E-Autos umsteigen.

Grimm wies hier auch auf eine "Imbalance", ein Ungleichgewicht in der Klimapolitik hin. Immer wenn in der Umweltpolitik Fördergelder oder Subventionen vergeben werden, seien es typischerweise nicht die unteren Einkommen, die davon profitieren, kritisierte sie. Auch das spreche dafür, bei der Rückverteilung untere Einkommen stärker zu berücksichtigen.

In seiner Studie geht der Sachverständigenrat davon aus, dass jeder Mensch in Deutschland 11,3 Tonnen Klimagase verursacht, gerechnet in CO2-Äquivalenten.

Menschen, die sich politisch eher links einordnen, weisen dabei nach den Angaben einen leicht erhöhten CO2-Fußabdruck von durchschnittlich 11,9 Tonnen auf, während diejenigen, die sich politisch eher rechts einordnen, einen leicht unterdurchschnittlichen Fußabdruck von 10,8 Tonnen haben. Diejenigen schließlich, die sich in der politischen Mitte einsortieren, lagen mit 11,4 Tonnen etwa im Gesamtschnitt.

Frühere Untersuchungen hatten sogar festgestellt, dass der CO2-Fußabdruck von Menschen, die sich selbst für umweltbewusst halten, oft überdurchschnittlich hoch ist. Wichtigster Treiber der Klima- und Ressourcenbelastung sei vielmehr ein steigendes Einkommen, weil dann auch die Mobilität und die Wohnflächen zunehmen – ein Zusammenhang, den das Umweltbundesamt kürzlich erneut bestätigte.

"CO2-Preis macht klimafreundliche Entscheidungen einfach"

Auch wenn die aktuelle Studie den persönlichen ökologischen Fußabdruck zum Maßstab nimmt, lehnen es die Sachverständigen ab, die Klimaverantwortung auf die Einzelnen abzuwälzen. Solange es nicht genug nachhaltige Angebote auf dem Markt gebe, müssten sich Verbraucherinnen und Verbraucher mit einer kaum zu bewältigenden Menge an Ökosiegeln und anderen Informationsangeboten auseinandersetzen, um klimafreundlich zu konsumieren, argumentiert das Gremium.

Grimm lobt hier ausdrücklich den CO2-Preis: "Die CO2-Bepreisung macht es den Verbraucher:innen einfach, sich klimafreundlich zu entscheiden, und stellt gleichzeitig sicher, dass auch immer mehr emissionsarme Produkte angeboten werden."

Auch von einem Aussetzen der CO2-Bepreisung wegen hoher Energiekosten hält Grimm nichts. Richte man langfristige Klimamaßnahmen bei jeder Krise neu aus, werde es sehr schwierig, sich überhaupt in Richtung Klimaneutralität zu bewegen, gibt sie zu bedenken.

Ohne Frage müsse es in einer Wirtschaftskrise Entlastungen für die Menschen geben, betont sie – aber nicht, indem ein so wichtiges Instrument wie die CO2-Bepreisung zur Disposition gestellt wird. Dann werde Deutschland die Klimaziele nicht erreichen und handle sich als Reaktion eine noch viel größere Krise ein.

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