Klimaökonomen müssten zufrieden sein. Die Bundesregierung will den CO2-Preis ab Januar spürbar erhöhen – von derzeit 30 auf dann 45 Euro pro ausgestoßener Tonne des Treibhausgases. Dadurch werden Sprit, Heizöl und Erdgas teurer, man nähert sich dem "wahren" Preis der fossilen Energie an.

Doch es gibt ein großes Manko. Ob das eigentlich zur Kompensation für die Bürger geplante "Klimageld" kommt, steht in den Sternen.

 

Der CO2-Preis steigt etwas stärker an als bisher von der Ampel für 2024 geplant. Die sukzessive Verteuerung war noch von der Groko eingeführt worden. Im Startjahr 2021 betrug der Preis 25 Euro pro Tonne CO2, 2022 stieg er auf 30 Euro. Er sollte in diesem Jahr eigentlich weiter angehoben werden.

Wegen der infolge des Ukraine-Kriegs stark gestiegenen Energiepreise setzte die Ampel das jedoch aus. 2024 sollte der Zuschlag aber wieder steigen, auf 40 Euro. Es werden nun 45. Die Mehreinnahmen für den Staat gegenüber dem aktuellen Stand betragen laut Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) 1,3 Milliarden Euro im Jahr.

Benzin wird dadurch um 4,2 Cent pro Liter teurer, Diesel 4,7 Cent. Beim Erdgas macht der Aufschlag pro Kilowattstunde 0,4 Cent und beim Heizöl pro Liter 4,7 Cent aus. Das hat das Klimaforschungsinstitut MCC in Berlin ausgerechnet.

Auch beim Strom kann sich die Erhöhung auswirken, da dieser teilweise in Gaskraftwerken produziert wird, wo der CO2-Aufschlag ebenfalls anfällt. Wie stark das auf den Preis durchschlägt, hängt vom Strommix des jeweiligen Anbieters ab.

Das Klimageld steht im Koalitionsvertrag

Laut dem Vergleichsportal Check 24 kommen auf einen Musterhaushalt mit 20.000 Kilowattstunden Erdgasverbrauch im Jahr durch den CO2-Preis jährliche Mehrkosten von 60 Euro zu. Da bei Mietwohnungen die CO2-Kosten künftig zwischen Mieter und Vermieter aufgeteilt werden, ist hier der Energiestandard wichtig, denn je schlechter das Haus gedämmt ist, desto größer ist der Anteil, den die Vermieter übernehmen müssen.

Wie hoch die tatsächliche Belastung am Ende ausfällt, ist noch unklar, denn die Preise hängen natürlich auch von der Entwicklung auf dem Weltmarkt für Öl und Gas ab.

Laut dem MCC dürfte sich der höhere CO2-Preis auch auf eine Reihe anderer Produkte auswirken, da Gas und Öl auch für das produzierende Gewerbe teurer werden. Die Chemie- und die Stahlindustrie zum Beispiel sind große Gasverbraucher. Die Unternehmen werden versuchen, die Mehrkosten an die Kunden weiterzugeben.

Das Geld aus dem CO2-Preis wird genutzt, um Fördermittel für den Klimaschutz wie Heizungsumstellung und Gebäudesanierung sowie den Umbau der Wirtschaft zu finanzieren, etwa durch den Aufbau einer Produktion von grünem Wasserstoff.

Das beißt sich freilich mit dem Konzept, die Einnahmen auch zur Entlastung der Haushalte zu nutzen – durch besagtes Klimageld. Die Einnahmen, so die Idee, sollen gleichmäßig an alle Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden, womit ärmere und klimabewusst lebende Menschen besonders profitieren würden.

Doch obwohl das Klimageld im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, ist es bisher nicht eingeführt worden, und das ist vorerst auch nicht geplant. Lindner zufolge wäre eine Umsetzung aus technischen Gründen frühestens ab 2025 möglich.

"Nur so hat die Transformation Rückhalt"

Die von führenden Wirtschaftsfachleuten geforderte grundsätzliche Neukonzeption der Klimapolitik durch eine noch deutlich stärkere Erhöhung des CO2-Preises, allerdings mit konsequenter Rückgabe der Einnahmen durch das Klimageld, steht damit weiter aus. Eine einflussreiche Verfechterin dieses Kurses ist die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm.

Die Professorin von der Universität Erlangen-Nürnberg hatte, wie berichtet, bereits kurz nach dem 60‑Milliarden-Haushaltsdebakel der Ampel gefordert, die Bundesregierung solle statt auf Ordnungsrecht und Förderprogramme als "Leitinstrument" auf den Emissionshandel setzen. Konkret schlug sie vor, den CO2-Preis 2024 gleich um 20 Euro zu erhöhen, und 2025 gleich noch einmal.

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, unterstützt einen solchen Kurs." Es bleibt uns nicht viel anderes übrig, als höhere Preise CO2 zu verlangen", sagte er. Der Ökonom dringt aber darauf, sofort auch einen finanziellen Ausgleichsmechanismus zu installieren. Schularick befürchtet sonst: "Es wird Protest in der Bevölkerung geben."

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch hält einen Ausgleich auch jetzt schon für notwendig, da die Ampel mit den 45 Euro pro Tonne CO2 lediglich auf den Preispfad zurückkehren will, den bereits die Groko anvisiert hatte. Aus klimapolitischer Sicht sei die Erhöhung richtig.

Gleichzeitig müsse aber die Auszahlung eines Klimageldes starten, um gerade finanziell schwächeren Menschen die Mehrkosten zu erstatten, sagte Germanwatch-Experte Simon Wolf. "Nur so wird die klimaneutrale Transformation auch die nötige Akzeptanz bekommen."

 

Mit dem Rückhalt aus den Wirtschaftswissenschaften forderte vor Kurzem ein Verbände-Bündnis die Einführung des Klimageldes für 2024, und zwar mit einer kompletten CO2-Preis-Rückzahlung in Höhe von 130 Euro pro Kopf. Beteiligt sind 15 große Organisationen wie BUND, WWF und Klima-Allianz, aber auch die Arbeiterwohlfahrt oder die Gewerkschaft IG Bau.

Auch die Verbraucherzentralen verlangen jetzt einen Pro-Kopf-Ausgleich für die CO2-Bepreisung – in ähnlicher Höhe und sogar als Nachzahlung ab dem Jahr der Einführung 2021. Es gehe dabei um soziale Gerechtigkeit, betonte Thomas Engelke, Energieexperte der Verbraucherzentralen, am heutigen Mittwoch im Interview mit dem RBB.

Eine Antwort aus dem Wirtschafts- und Klimaministerium habe man bisher nicht erhalten, sagte Engelke. Minister Robert Habeck (Grüne) hatte diese Woche gegenüber dem Handelsblatt argumentiert, die aktuellen Entlastungen beim Strompreis seien bereits "faktisch ein Klimageld".

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