Ein weißes Elektroauto fährt auf einer Straße in Hamburg, halb auf dem Radstreifen.
Klimaschutz im Verkehr heißt für die Ampel-Regierung vor allem Elektroautos. Hier wird nun die Förderung gestrichen. (Bild/​Ausschnitt: Marcel Strauß/​Unsplash)

Das ist die Verkehrswende rückwärts. Ein Ziel der Ampel-Bundesregierung ist es, den Anteil der E‑Autos bis 2030 stark zu erhöhen. Statt derzeit rund 1,5 Millionen Fahrzeugen mit reinem Strom-Antrieb soll dann bereits das Zehnfache auf den Straßen sein, um den CO2-Ausstoß im Verkehr zu senken.

Doch mit der Entscheidung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), die Zuschüsse kurzfristig komplett zu streichen, wird dieses Ziel endgültig Makulatur – und damit auch die Chance, den Verkehrsbereich als Klimaschutz-Nachzügler in die Spur zu bringen. Etwa 20 Prozent des deutschen CO2-Ausstoßes werden durch Verkehr verursacht, und den Löwenanteil davon steuern die Pkw bei.

Verkehrsfachleute erwarten, dass der in den letzten beiden Jahren endlich spürbar angestiegene Absatz von E‑Autos nach der Ankündigung des Förderstopps deutlich zurückgeht. Der Branchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer zum Beispiel schätzt, dass die Verkäufe von gut 500.000 E‑Autos in diesem Jahr auf 300.000 Exemplare 2024 einbrechen werden.

"Das ist nicht nur für die Autofahrer und das Klima eine Katastrophe, das ist natürlich auch eine ganz große Katastrophe für die deutsche Automobilindustrie", sagte Dudenhöffer. China mit seiner guten E‑Auto-Förderung werde den deutschen Autobauern den Rang endgültig ablaufen.

Derzeit sind in Deutschland gut 49 Millionen Pkw zugelassen, die reinen E‑Elektroautos machen davon rund drei Prozent aus. Plug-in-Hybride mit kleinerer Batterie, die nur begrenzte Strecken mit Strom fahren, sind dabei nicht mitgerechnet. Sie sind, da Hauptantrieb ein Verbrenner-Motor ist, in der Praxis kaum klimafreundlicher als herkömmliche Autos.

Die für 2030 in Deutschland geplanten 15 Millionen vollelektrischen Pkw würden rund 30 Prozent der derzeit zugelassenen Autoflotte entsprechen. Dazu müssten rechnerisch jedes Jahr rund zwei Millionen E‑Pkw verkauft werden, also etwa viermal so viel wie in diesem Jahr.

E-Variante im Autohaus ein Drittel teurer

Das freilich ist nach der jüngsten Förder-Vollbremsung völlig unrealistisch. Die 2016 eingeführten Kaufprämien waren Anfang des Jahres reduziert und im September dann auf Privatpersonen beschränkt worden.

Bei einem Autogipfel unlängst mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Autoindustrie noch eine Fortführung der Subvention gefordert, um die 15 Millionen E‑Autos schaffen zu können. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt allerdings wackelten die Staatshilfen für Klimaprojekte, und nun folgte hier die Streichung der Zuschüsse quasi über Nacht.

Käufer halten sich bei E‑Autos aus zwei Gründen zurück. Neben den Lücken im Ladenetz ist es vor allem der hohe Kaufpreis. Ein E‑Auto kostet als Neuwagen im Schnitt rund 53.000 Euro, beim Verbrenner sind es dagegen 45.000 Euro.

Beispiel Kompaktklasse: Ein VW ID 3 kostet in der Basisversion 40.000 Euro, ein vergleichbarer VW Golf deutlich unter 30.000 Euro. Die Kaufprämie von bis zu 4.500 Euro hat den Unterschied bisher zum Teil ausgeglichen, das fällt nun weg.

Laut Studien ist zu erwarten, dass die Anschaffungskosten für E‑Autos und Verbrenner auch ohne die staatliche Förderung etwa im Jahr 2027 gleichziehen könnten, weil der Akku – er macht rund ein Drittel der Kosten aus – bis dahin deutlich billiger werden soll.

Dank sinkender Akkupreise sind die Zusatzkosten in den letzten Jahren bereits deutlich gefallen. So lagen die Batteriepreise 2010 noch bei rund 600 Euro pro Kilowattstunde Ladekapazität, heute sind es bereits unter 100 Euro. Die nächsten Jahre gelten allerdings als kritisch für den weiteren Hochlauf der E‑Mobilität, und hier wird es nun eng.

Bei Vollkostenrechnung oft schon günstiger

Wenig dürfte in der Zwischenzeit helfen, dass viele E‑Autos bereits heute unterm Strich einen Kostenvorteil gegenüber den Verbrennern haben, wie etwa der ADAC ermittelte. Nimmt man vom Kaufpreis über sämtliche Betriebs- und Wartungskosten bis zum Wertverlust alles zusammen, schneiden die Stromer häufig besser ab als Benziner oder Diesel, teilte der Autoclub im November mit. Dabei wurden in Ausstattung und Motorleistung vergleichbare Modelle gegenübergestellt.

Ein Team des Forschungszentrums Jülich wiederum erwartet, dass zumindest alle Mittelklasse-Pkw in der E‑Variante ab 2025 bei Vollkostenrechnung günstiger sein werden. "Gründe sind die positive technische und ökonomische Entwicklung der Elektromobilität sowie die gleichzeitig steigenden Kraftstoffkosten aufseiten der Verbrenner", sagte Institutschef Detlef Stolten dazu. Eine Rolle spielt hier auch der ansteigende CO2-Preis.

Besonders positiv fällt der Vergleich übrigens aus, wenn die E‑Autos mit selbst erzeugtem Solarstrom geladen werden, so eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe. Dies bringe, über einen längeren Zeitraum gerechnet, sogar einen deutlichen Kostenvorteil.

 

In der aktuellen Debatte dürfte das der Ampel kaum helfen, die mit dem abrupten Förderstopp nicht nur ihr Verkehrswende-Ziel torpediert, sondern auch viele E‑Auto-Käufer verärgert haben dürfte, die den erwarteten Zuschuss nicht mehr einstreichen können.

Es sei eine "missliche Situation", erklärte ein Habeck-Sprecher, aber es stehe eben "nicht mehr ausreichend Geld zur Verfügung". Kritik aus der SPD-Bundestagsfraktion an der Hauruck-Aktion wies er zurück. Die Entscheidung sei "gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt festgelegt" worden.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Eine neue E‑Auto-Prämie