Ferdinand Dudenhöffer spricht und akzentuiert mit der Hand.
Ferdinand Dudenhöffer. (Bild: Universität Duisburg-Essen)

Klimareporter°: Herr Dudenhöffer, die EU plant ambitionierte CO2-Grenzwerte für Neuwagen, die 2025 respektive 2030 erreicht sein müssen. 2030 wäre dann das 2,5-Liter-Auto Standard. Die Autoindustrie sagt: Das ist nicht zu schaffen. Richtig?

Ferdinand Dudenhöffer: Nein, das ist falsch. Es ist zu schaffen. Die deutschen Autobauer sollten nicht jammern, sondern sich ins Zeug legen, dass es klappt. Der wichtigste Hebel: Im Jahr 2030 müssen rund die Hälfte der Neuwagen reine Elektroautos sein, deren Emissionen mit null angerechnet werden. Dann könnte der Rest an Verbrennern wie heute verkauft werden, aber auch hier gibt es durchaus noch Sparpotenzial.

Die deutsche Autoindustrie sollte die neuen Standards positiv sehen, weil sie damit die Marktführerschaft beim E-Auto sichern kann – damit können wir wieder Innovationsweltmeister werden und überlassen nicht den Chinesen das Feld.

Sind die Autobauer denn überhaupt in der Spur, auf E-Pkw umzustellen?

Ja, rund 50 Prozent E-Autos bei den Neuwagen bis 2030 sind machbar. Seit Dieselgate gibt es ein Umdenken bei den deutschen Konzernen. Der VW-Konzern hat gerade für 40 Milliarden Euro Batteriezellen eingekauft, und er rüstet seine Werke Zug um Zug für E-Autos um. Auch Daimler und BMW sind dabei. Porsche hat angekündigt, 2025 sogar schon 75 Prozent seiner Neuwagen als reine E-Autos zu verkaufen.

Einwand: E-Autos werden auch 2030 noch nicht völlig CO2-frei sein. Der Strom kommt auch dann zum Teil noch aus Kohlekraftwerken. Ist das nicht Augenwischerei?

Es geht jetzt erst einmal darum, die Standards zu setzen und das E-Auto in den Markt zu bringen. Parallel muss der Ausbau der Ökostrom-Produktion schneller vorangehen, damit die Autos nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Gesamtbilanz CO2-frei sind.

Zur Person

Der promovierte Ökonom und Verkehrswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer lehrt zurzeit an der Universität Duisburg-Essen. Zuvor war er in Führungspositionen bei Opel, Porsche, Peugeot und Citroën tätig.

Hier ist besonders Bundeswirtschaftsminister Altmaier gefragt. Der sollte ja vor Jahren im Kanzleramt die Energiewende eigentlich beschleunigen, aber davon ist nichts zu sehen. Das Problem liegt hier weniger bei den Autobauern als in Berlin.

Auch die Infrastruktur für E-Autos fehlt noch, es gibt viel zu wenige Ladesäulen ...

Hier muss die Politik mehr tun, keine Frage. Wir brauchen mehr Ladesäulen in den Städten, vor allem auch mit Schnelllade-Möglichkeit. Das wird aber kommen, glaube ich. Allerdings dürften die meisten Autos, die von den deutschen Herstellern verkauft werden, zuerst Premiumautos sein. Deren Käufer laden wohl meistens zu Hause in der eigenen Garage.

Der Trend geht zu immer größeren und schweren Autos – siehe den SUV-Boom. Müsste der umgedreht werden? Autos kleiner und leichter machen?

Das entscheidet der Kunde – auch nach seinem Portemonnaie. Künftig wird es zumindest für SUV-Verbrenner eng werden. Sie dürften spürbar teurer werden, weil die Autobauer beim Überschreiten der CO2-Grenzwerte für das jeweilige Fahrzeug eine Strafe zahlen müssen. Wer dann noch einen SUV haben will, dürfte zur E-Variante greifen.

Plug-in-Hybrid-Pkw, die nur kurze Strecken elektrisch fahren, bekommen sehr günstige CO2-Werte angerechnet, obwohl Benzin der Hauptantrieb ist. Steht also ein Hybrid-SUV-Boom bevor, ohne dass das dem Klima etwas bringt?

Von der Autoindustrie gern gesehen: Autobahnen so breit, dass ein Tempolimit als Zumutung erscheint. (Foto: Schulze von Glaßer)

Ich glaube nicht, dass die Plug-in-Hybride boomen werden. Der Grund: Sie sind gegenüber dem reinen E-Auto einfach zu teuer. Ein Auto mit zwei Motoren auszurüsten, kostet zu viel. Das ist wie mit Gürtel und Hosenträger. Man braucht wirklich nur ein Teil davon, aber Sie müssen beides bezahlen. Die Plug-in-Hybride waren eine Fehlentwicklung.

Welche Zukunft hat der Diesel unter den neuen Bedingungen? Die deutschen Autobauer halten daran fest.

Das ist ein Fehler. Wir sollten uns nicht verzetteln, sondern voll auf den E-Antrieb setzen. Der Diesel ist ein Auslaufmodell, die Abgasreinigung macht ihn zu teuer. Zudem: Mit 48-Volt-Benzin-Hybriden erreicht man bessere CO2-Werte als mit dem Diesel. Und die sind weltweit verkaufbar, der Diesel nur in Europa, und das immer weniger.

Sind Sie für ein Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren? In Dänemark soll es bereits 2030 kommen, in Frankreich und Großbritannien 2040.

Ja, das brauchen wir auch. Die Bundesregierung sollte ein Ende des Verbrenners für 2040 beschließen. Sonst passiert es wie mit dem chaotischen Atomausstieg der Bundesregierung. Klare Ziele sind besser als Chaos.

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