Richtig erholt hat sich vom "schwarzen Mittwoch fürs Klima" noch niemand. Die Ampel-Bundesregierung steht vor einem Scherbenhaufen ihrer Finanzpolitik. Die Verfassungsrichter haben ihr verboten, 60 Milliarden Euro aus der Corona-Zeit mit einem Voodoo-Trick in ihre Kassen zu zaubern, um die Schuldenbremse zu umgehen.

Es dürfte vor allem Projekte der Energiewende treffen, deren Finanzierung nun auf der Kippe steht. Es geht um so zentrale Dinge wie die Förderung des Erneuerbaren-Ausbaus, den Aufbau einer Ladeinfrastruktur für E-Autos, die Sanierung der maroden Deutschen Bahn oder den natürlichen Klimaschutz, etwa durch Wiederherstellung von Mooren.

 

In der Ampel drohen heftige Verteilungskämpfe, weil der Mann, der im Auge des perfekten Finanzsturms sitzt, eine Lockerung der Schuldenbremse genauso wie Steuererhöhungen auch nach diesem Super-GAU für seine Politik ausgeschlossen hat.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verstieg sich, trotz der von ihm angelegten "Sondervermögen" – vulgo: Schulden – für Bundeswehr und Energiepreisbremsen, zu der Äußerung, der Staat habe gar kein Einnahmeproblem, er gebe nur zu viel falsch aus. Und daraus das Fazit zog: "Wir werden mit weniger Geld wirksamere Politik machen müssen als im vergangenen Jahrzehnt."

Das klingt nur im ersten Moment clever. Lindner vergaß nämlich zu erläutern, wie das funktionieren soll.

Windräder, Ladesäulen und Eisenbahn-Weichen werden nicht billiger, nur weil der Minister sich das wünscht. Eher werden sie in diesen Zeiten teurer. Es führt kein Weg daran vorbei: Der klimafreundliche Umbau des Energie-, Industrie- und Verkehrssystems kostet viel Geld, und das muss jetzt, in diesem kritischen Jahrzehnt, aufgebracht werden – zumal es mittel- und langfristig viel mehr davon einspart, weil die Klimafolgeschäden dadurch geringer ausfallen.

Was nützt eine schwarze Null in den Bundesetats der 2020er Jahre, wenn Extremwetterlagen in Serie Mitte des Jahrhunderts das Land und seine Menschen beuteln?

Umweltschädliche Subventionen abbauen

Die Ampel muss das Fiasko mit dem Klima- und Transformationsfonds, in dem nun das Milliardenloch gähnt, konstruktiv nutzen – nämlich zu einer Neukonzeption ihrer Finanzpolitik, vor allem im Umwelt- und Klimabereich, aber nicht nur dort.

Der wichtigste Punkt dabei: Abbau der umweltschädlichen Subventionen. Es ist doch hirnverbrannt, dass der deutsche Staat hier jedes Jahr viele Milliarden Euro ausgibt, um dann mit seiner Klimapolitik die unerwünschten Folgen wieder einzudämmen. Hier könnte Lindner Ernst machen mit seinem Postulat, der Staat müsse sein Geld clever ausgeben.

Zahlreiche große, schwarze Autos auf dem Parkplatz am Flughafen Niederrhein in der Abenddämmerung.
Kerosin und Diesel, Dienstwagen und Autopendeln: Wer fossile Subventionen abbaut, kann auch Klimaschutz finanzieren. (Bild: Dietmar Rabich/​Wikimedia Commons, CC BY‑SA 4.0)

Nach einer Liste des Umweltbundesamts würde allein die Abschaffung von 41 staatlichen Förderposten unter anderem für Dieselsprit, Dienstwagen oder Flugreisen mehr als 60 Milliarden Euro bringen. Hier steckt das Geld, das jetzt fehlt.

Auch wenn man einrechnet, dass aus rechtlichen Gründen nur die Hälfte davon kurzfristig streichbar ist, wäre das jetzt aufgerissene 60‑Milliarden-Euro-Loch binnen zwei Jahren zu schließen. Und danach wäre das Geld jedes Jahr für die Energie- und Klimawende-Ausgaben zusätzlich verfügbar.

Schon richtig: Damit allein wäre die Jahrhundertaufgabe der Energiewende, für die nur noch gut zwei Jahrzehnte Zeit bleiben, nämlich bis zur Klimaneutralität 2045, noch nicht zu meistern. Die Ampel würde sich in der aktuellen Lage aber immerhin Luft verschaffen, und das wäre angesichts der Größe der Aufgabe, vor der das Land steht, nicht wenig.

Reiche besteuern, Schuldenbremse modifizieren

Generell freilich muss es darum gehen, einerseits die Einnahmen des Staates zu verbessern und andererseits die Schuldenbremse zu modifizieren.

Höhere Steuern für die Superreichen und wirklich Gutverdienenden dürfen kein Tabu mehr sein. (Damit es jeder versteht: Es geht dabei nicht um den Mittelstand.)

Hier muss Lindner sich bewegen, weil er sonst die Zukunft des Landes verspielt. Auch die FDP hat ja den Anspruch, Politik nicht für Millionäre, sondern für das Gemeinwesen, für alle zu machen.

Ebenso ist die Schuldenbremse von ihrer strangulierenden Wirkung zu befreien. Höhere Schulden müssen möglich sein, wenn dadurch Öko- und Klima-Investitionen möglich werden, die das Land zukunftsfähig und unabhängig von regierenden Despoten im Ausland machen, die mit ihren Ländern zufällig auf fossilen Energiequellen sitzen.

Da hierzu eine Grundgesetzänderung nötig ist, müsste auch die Union als Mehrheitsbeschafferin über ihren Schatten springen, mag die "schwarze Null" ihr aus polit-optischen Gründen auch noch so sehr ans Herz gewachsen sein.

Die Vorteile dieser zwei Veränderungen der Finanzpolitik liegen auf der Hand. Verweigerung ist keine Option.