Das Regentief "Bernd" war das teuerste Unwetter, das deutsche Versicherungen bislang erlebt haben. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rechnet mit Kosten von ungefähr sieben Milliarden Euro. Den Großteil machen die von Starkregen und Überflutung zerstörten Wohngebäude und Betriebe aus, aber auch kaputte Autos fließen in die Summe ein.
Direkt nach den Überschwemmungen im Juli, bei denen rund 200 Menschen starben, war die Lage zunächst unübersichtlich. "Mit fortschreitender Schadenaufnahme und -regulierung zeigt sich erst die Dimension dieses Extremereignisses", so GDV-Chef Jörg Asmussen. Mittlerweile gehe man von 250.000 Schadensfällen aus.
Das ist immer noch nur ein Bruchteil des Gesamtschadens, für den größtenteils keine Versicherung aufkommen muss. Viele Hausbesitzer:innen haben keine Elementarschadenversicherung oder zumindest keine, die weitreichend genug wäre.
Mehr als die Hälfte der Wohngebäude bundesweit ist im Falle von Hochwasser und Starkregen nicht abgesichert. Verbraucherschützer:innen fordern deshalb eine Pflichtversicherung für alle Hausbesitzer:innen, damit das Risiko auf viele Schultern verteilt wird.
Dieser Vorschlag ist nicht bei allen beliebt, der Versicherungsverband selbst spricht sich traditionell dagegen aus. Die Branche hat kein Interesse daran, künftig allein für solche Katastrophen aufzukommen.
Im aktuellen Fall werden die Steuerbürger:innen mehr bezahlen als die Versicherungen. Der Bundestag hat am Mittwoch über ein Hilfspaket beraten, das 30 Milliarden Euro schwer werden sein soll.
"Es kann jeden treffen"
Der Versicherungsverband forderte die Politik auf, Deutschland besser vor den Folgen der Klimakrise zu schützen. Am Donnerstag schlossen sich der Forderung mehrere deutsche Bundesbehörden an, darunter der Deutsche Wetterdienst.
Dass der Starkregen in Verbindung mit dem Klimawandel steht, hatte am Dienstag eine Studie belegt. Die Erderhitzung hat das Unwetter bis zu neunmal wahrscheinlicher gemacht.
"Starkregen kann jeden treffen", warnte Tobias Fuchs, Klimaexperte beim Deutschen Wetterdienst, am Donnerstag am Behördensitz Offenbach. Das Problem werde sich in einer heißeren Zukunft weiter verschärfen.
"Wir müssen durch Klimaschutzmaßnahmen den Temperaturanstieg begrenzen, der die Niederschlagsextreme verstärkt", so Fuchs. "Zugleich müssen wir durch Anpassungsmaßnahmen eine Infrastruktur aufbauen, die die Schadenswirkung von Starkregenereignissen, insbesondere in urbanen Regionen, abfedern kann."
Zusammen mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung und der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk hat der Deutsche Wetterdienst die deutschen Niederschlagsdaten von 2001 bis 2020 ausgewertet.
Die Extreme werden extremer
Die Messungen bestätigen die Annahme, dass mit steigenden Temperaturen Starkregen häufiger wird, während es seltener zu gleichmäßig verteiltem Regen kommt. Sie deuten außerdem darauf hin, dass der Starkregen noch stärker wird und größere Flächen betrifft.
Ob das extremere Wetter zu immer mehr Toten und höheren Sachschäden führt, hängt auch von den Warnsystemen und den geografischen sowie baulichen Gegebenheiten ab. "Der Umgang mit Extremwetterereignissen ist für den Bevölkerungsschutz ein Dauerthema, das allerdings eine neue Dringlichkeit bekommt", sagte Armin Schuster vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
Eine Sache, die sich Studien zufolge bei der Vorbereitung auf extremes Wetter ändern muss, ist die Orientierung an früheren Extremwerten. In einer Welt, in der die Temperatur im Durchschnitt ungefähr gleich bleibt, ist das sinnvoll. Auch dort kann es zwar passieren, dass das Wetterchaos extreme Werte zufällig übersteigt, dann aber nur knapp.
Heizt sich die Erde jedoch rapide auf, wie es derzeit der Fall ist, gilt das nicht mehr. Wissenschaftler der ETH Zürich warnten beispielsweise vor "rekordzerschmetternden" Extremwerten bei Hitzewellen. "Prepare for the unthinkable", schrieb Studienautor Erich Fischer dazu auf Twitter. Sprich: Im Klimawandel muss man sich nicht an das Erlebte anpassen, sondern an das Undenkbare.