Wenn der günstige Parkplatz vor dem Haus weg ist, hilft bei den meisten auch kein Baum. (Bild: Andrei Kekäläinen/​Shutterstock)

Wer Parkplätze in der Stadt reduzieren will, solle sich daran erinnern, dass der öffentliche Raum für alle da ist und dass die Transformation nur dann gelinge, wenn sich auch alle darauf einlassen können, schreibt Anke Borcherding vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

Sie plädiert deshalb für Maßnahmen, die von allen akzeptiert werden und die ohne komplizierte Verfahren umsetzbar sind. Das sei das Pflanzen von Bäumen.

Bäume können Konsens stiften, sagt Borcherding. Es wäre schön, wenn es so einfach wäre.

Ungezählte Male habe ich schon erlebt, dass selbst Bäume auf Ablehnung stoßen, wenn ein Parkplatz oder gar mehrere verloren gehen. Und noch viel häufiger habe ich mitbekommen, dass Anwohnende sich die Fällung eines Baumes wünschen, weil Laub oder Blüten zu sehr nerven.

Wir brauchen mehr Bäume, um uns gegen die immer heißeren Sommer zu wappnen. Das verstehen die Leute. Die Akzeptanz schrumpft aber drastisch, wenn dafür Stellflächen für Autos verloren gehen. Das gilt auch für die Einrichtung von sicheren Radwegen. Geschieht dies zulasten des ruhenden Verkehrs, kippt die Stimmung.

Anke Borcherding sagt, dass die partizipativen Beteiligungsverfahren genau das Gegenteil von dem erreichten, was sie beabsichtigten. Es seien "in aller Regel Projekte von engagierten Bürger:innen, die aber in ihrem Gutmenschentum mehr Menschen abschrecken als motivieren".

Nach meiner kommunalpolitischen Erfahrung sind es die Verwaltungen, die meist mit enormem Aufwand versuchen, die Betroffenen in Beratungsprozesse einzubinden. Inwiefern hier Gutmenschen abschrecken, erscheint mir nicht nachvollziehbar.

Parklets, Lastenradabstellanlagen oder Hochbeete bringen die Verkehrswende weiter, weil sich durch solche Maßnahmen die Zahl der Parkplätze verringert. An ihrer Stelle schafft man neue Qualität für Austausch und Aufenthalt.

Beteiligungsverfahren enden häufig frustrierend

Es ist fast immer dieselbe Erfahrung. Die Verwaltung lädt alle betroffenen Haushalte mit einem Brief ein, organisiert ein prima Beteiligungsverfahren. Zu den Zusammenkünften kommen aber nur wenige.

Michael Kopatz

ist Dezernent für Klima­struktur­wandel, Bauen, Stadt­planung und Mobilität der Stadt Marburg. Dort versucht er in der Praxis die Ergebnisse seiner 25-jährigen wissen­schaftlichen Arbeit am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie umzusetzen, insbesondere das Konzept der "Ökoroutine". Dieses Buch ist ebenso wie "Schluss mit der Ökomoral" und "Wirtschaft ist mehr!" im Open-Access-Format erhältlich.

Mit denen, die da sind, bespricht man die Maßnahme. Bei der Umsetzung melden sich dann Leute und beschweren sich, sie seien gar nicht gefragt worden. Dabei haben sie auf das Schreiben der Verwaltung nicht reagiert.

Erst wenn alles beschlossen ist, die Planungen abgeschlossen sind und die Baustelle eingerichtet wird, kommen die Reaktionen.

Die sind dann in der Presse zu lesen und über die Verwaltung wird geschimpft, weil sie die Leute "nicht mitnimmt".

Sehr beliebt ist auch der Spruch "das wurde nicht gut kommuniziert". Für Mitarbeiter, die den ganzen Beteiligungsprozess organisiert und durchgeführt haben, ist das sehr frustrierend. Statt Anerkennung zu erhalten, werden sie heftig kritisiert.

Verweist man dann auf den Aufruf, sich zu beteiligen, kommt die Antwort: "Da waren ja nur so wenige Leute! Die repräsentieren nicht unsere Meinung."

Manchmal sind sogar ökologisch Engagierte dagegen

Kann es mit einem repräsentativen Verfahren besser werden, wenn man also die Teilnehmenden per Zufall aus den verschiedenen Milieus auswählt?

Solche Verfahren, manchmal Bürgerräte genannt, haben den Vorteil, dass nicht nur immer dieselben oder nur die besonders lauten Menschen gehört werden.

Aber auch dann gibt es Menschen, manchmal nicht wenige, denen das Ergebnis nicht passt. Schon einfach deshalb, weil sie den Beratungsprozess, die Referate und Impulse von Experten und die anschließende Diskussion im Bürgerrat nicht miterlebt haben. In der Presse heißt es dann, man habe ja nicht alle Bürger einbezogen und die Gruppe würde nicht die Mehrheit vertreten.

Mir scheint, es ist fast egal, wie man es anfängt – wenn es um die Geschehnisse vor der Haustür geht, formiert sich Widerstand.

Besonders sensibel reagieren die Leute, wenn man Parkplätze teurer macht oder sie zugunsten von Radwegen oder Grünanlagen aufgibt. Die Menschen wollen ihre Gewohnheiten nicht ändern und selbst Ökos werden dann manchmal zu Gegnern.

Es gibt inzwischen auch Leute, die wollen "sich die Demokratie zurückholen". Es sind solche Aussagen, die sich zersetzend auf unsere demokratische Verfasstheit auswirken.

Wenn zugleich Politiker die repräsentative Demokratie immer wieder infrage stellen, dann profitieren davon Nationalisten und Populisten. Das ist Wasser auf die Mühlen der demokratiefeindlichen Kräfte im Land.

Widerstände gibt es immer – man muss sie aushalten

Vielleicht ist es an der Zeit, einfach mal zu akzeptieren, dass tiefgreifende Veränderungen Widerstände auslösen.

Es gibt unzählige Beispiele, wie sich Anwohner, insbesondere Einzelhändler und Lobbyisten in den Industrie- und Handelskammern, gegen verkehrsstrukturelle Reformen wehrten. Schon die Einrichtung der ersten Fußgängerzonen in den 1970er Jahren lehnten betroffene Einzelhändler mit der Prognose ab, der Umsatz werde drastisch zurückgehen.

Das Gegenteil war dann der Fall. Aber das scheint niemanden zu interessieren. Denn der Streit ist immer noch derselbe.

Gewiss, die Händler in den Innenstädten leiden, aber das liegt am Onlinehandel. Heutzutage gehen die Menschen in die Stadt, um etwas zu erleben, und dabei kaufen sie etwas ein.

Und deswegen locken Maßnahmen, die den Autoverkehr aus der Innenstadt drängen, mehr Menschen eben dorthin und befördern den Handel. Sehr viele vermeintlich autofeindliche Städte wie Kopenhagen, Groningen, Straßburg und Hasselt belegen das. Ich kenne eigentlich keine Großstadt, wo man nachweisen konnte, dass der Handel unter der Verkehrswende gelitten hat.

Also: Man muss die Leute mitnehmen, die vorgesehenen Maßnahmen vorstellen und diskutieren und dann müssen die Maßnahmen beschlossen werden. Dann wird es Widerstände geben und dann muss man es aber trotzdem machen – und darauf hoffen, dass sich der Ärger bald legt.

Das muss Schritt für Schritt geschehen. Mobilitätsroutinen ändern sich tatsächlich nur sehr langsam. Deswegen wird selten der große Wurf gelingen, Beharrlichkeit ist gefragt.

Machiavelli sagte einmal: "Kein Unternehmen ist schwerer und misslicher als der Versuch, eine neue Ordnung zu schaffen. Der Reformer hat alle zum Feind, die von der alten profitierten, und nur lauwarme Verteidiger unter denen, die Gewinn aus ihr ziehen könnten." Denn die Leute "glauben nur an das Neue, wenn sie es auch erfahren haben".