Die neue "IAA Mobility" war schon vor zwei Jahren ziemlich schräg. Aber dieses Jahr kommt bei der Autoausstellung in München alles noch besser zum Vorschein.

Der gute Plan, alle Verkehrsmittel und Verkehrsträger und auch die städtische Umgebung zu einem ganzheitlichen Messeplatz zu machen, bei dem die Probleme ungeschminkt benannt, aber eben auch die technischen Lösungspotenziale gezeigt werden, ging bislang nicht auf.

 

Das große Ganze zerfällt in seine Einzelteile. An der einen Ecke die Fahrräder, an der anderen ein bisschen Sharing und auch eine Spur ÖPNV, im Mittelpunkt aber eigentlich die blitzenden Autos der deutschen Hersteller. Integriert ist da gar nichts.

Die deutschen Hersteller haben durch ihr unternehmerischen Handeln in den letzten Jahren auch klar die Richtung gezeigt: Zurück zum Kerngeschäft des Autobaus, mit immer größeren und schwereren Karossen.

Was die Messe kaum noch verbergen kann, ist eine Entwicklung, die man ahnte, aber kaum zu glauben wagte: Die Deutschen können ihre Autos immer nur entlang eines einmal festgelegten Entwicklungspfades entwickeln.

Mit viel Mühe bekommt man einen Hybrid- oder auch einen rein batterieelektrischen Antrieb eingesetzt, aber nur um den Preis, dass die Autos noch schwerer und noch teurer werden. Von der immer wieder angekündigten großen Modellvielfalt keine Spur. Die Zahl von deutschen E-Autos mit einem Listenpreis von unter 30.000 Euro kann man an einer einzigen Hand abzählen, und man braucht dazu noch nicht einmal alle Finger.

Foto: David Außerhofer

Andreas Knie

Der Sozial­wissen­schaftler mit den Schwer­punkten Wissen­schafts­forschung, Technik­forschung und Mobilitäts­forschung lehrt an der TU Berlin und leitet die Forschungs­gruppe Digitale Mobilität am Wissen­schafts­zentrum Berlin. Andreas Knie ist Mitglied im Herausgeberrat von Klimareporter°.

Es wird mit dieser Schau offensichtlich: die deutschen Autobauer haben gar nicht mehr Deutschland oder Europa als Kernmarkt vor Augen, sondern den asiatisch-arabischen Raum. Weil sie nämlich gar keine kleinen Autos bauen können, sprechen sie genau die Absatzmärkte an, die für die schweren Fahrzeuge geeignet sind.

Da passt auch endlich die E-Fuel-Geschichte rein. Sie verlängert bis auf Weiteres die Technologiekompetenz der Deutschen bei den Verbrennungsmotoren in eben diesen Ländern.

Allerdings folgen dieser Strategie auch die Arbeitsplätze. Sie werden nicht nur in die USA verlagert, sondern jetzt mehr und mehr nach Fernost. Die deutschen Hersteller sind auf dem Heimatmarkt schlicht nicht mehr konkurrenzfähig. Dumm nur, dass die Gewerkschaften dies offenbar immer noch nicht mitbekommen haben.

Dumm ist auch, dass die Werkschau der öffentlichen Verkehrsanbieter als Alternative ausfallen muss, weil sich die Branche in zänkischer Manier gegenüber Bund und Ländern weigert, endlich mal die eigenen Strukturen zu durchforsten und das Bürokratiemonster der Zweckverbände und Verkehrsverbünde im Zeitalter des Digitalen abzuschaffen.

Tacheles!

In unserer Kolumne "Tacheles!" kommentieren Mitglieder unseres Herausgeberrats in loser Folge aktuelle politische Ereignisse und gesellschaftliche Entwicklungen.

Mit diesem Beharren auf längst Vergangenem kann die Branche auch die den USA praktisch schon zum Alltag gehörenden Robo-Taxis nicht erkennen, jedenfalls nicht für eine Produktoffensive nutzen.

Die Messe zeigt damit eindringlich, dass auf den Zukunftsmärkten der Mobilität keine Lösungen aus Deutschland zu erwarten sind. Eigentlich war das ja mal anders gedacht.