Rapsfeld neben einer Allee, auf der Autos fahren.
Die "Treibhausgasminderungsquote", kurz THG-Quote, ersetzt seit 2015 die sogenannte Biosprit-Quote. (Foto: VDB)

Das Sorgenkind von Klimaschutz und Energiewende ist der Verkehr: Statt knapp einer Million Elektroautos waren in Deutschland Anfang dieses Jahres erst rund 420.000 Autos mit E-Antrieb – hybrid wie vollelektrisch – unterwegs. Statt einer Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene stagniert der Gütertransport auf der Schiene bei rund neun Prozent der Gütermenge. Und statt sinkender Treibhausgasemissionen verharrt der CO2-Ausstoß des Verkehrs unverändert auf dem Niveau von 1990.

Um endlich die Emissionen zu senken, ist die Politik nun aktiv geworden, wohl auch angesichts der Fridays-for-Future-Bewegung und des schlechten Gewissens wegen der eigenen Verpflichtung auf das Paris-Abkommen: Das SPD-geführte Bundesumweltministerium hatte bereits im Frühjahr den Entwurf eines Klimaschutzgesetzes vorgelegt. Er weist den einzelnen Ministerien die Verantwortung für die Treibhausgasreduktion in ihrer jeweiligen Zuständigkeit zu.

Das Öko-Institut und die Thinktanks Agora Energiewende und Agora Verkehrswende schätzen die Kosten dafür, wenn Deutschland die Ziele für 2030 in den Bereichen verfehlt, die (noch) nicht unter den Emissionshandel fallen, auf 30 bis 60 Milliarden Euro. Hierfür müssten nach dem Plan des Umweltministeriums die jeweiligen Ressorts aufkommen.

Während die SPD außerdem zur CO2-Bepreisung eine Steuer vorschlägt, will die Union den Verkehr gemeinsam mit dem Gebäudesektor in einen nationalen Emissionshandel überführen.

Treibhausgasminderungsquote gilt seit 2015

Um den Verkehr zu dekarbonisieren, hat sich in der Praxis die sogenannte Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) bewährt. Sie schreibt vor, dass die CO2-Emissionen der Antriebsenergie im Verkehr um einen bestimmten Anteil sinken müssen.

Die THG-Quote ist seit 2015 in der Wirtschaft erprobt und führt zu realen Emissionsminderungen von jährlich fast acht Millionen Tonnen CO2. Es liegt nahe, an diesem Instrument auch künftig festzuhalten. Zudem ist die THG-Quote technologieoffen, das heißt, sie fördert alle alternativen Kraftstoffe und Antriebe, die klimaschädliche Emissionen reduzieren.

Porträtaufnahme von Elmar Baumann.
Foto: Die Hoffotografen/​VDB

Elmar Baumann

Der studierte Biotechnologie- und Wirtschafts­ingenieur ist seit 2009 Geschäfts­führer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoff­industrie (VDB). Im VDB haben sich größere Hersteller von Agrokraft­stoffen organisiert, darunter ADM, Cargill, Evonik und Verbio. Die Mitglieder repräsentieren nach Verbands­angaben 60 Prozent der inländischen Produktion.

Dazu gehören sowohl Elektromobilität als auch alle erneuerbaren Kraftstoffe: Biodiesel, Bioethanol und Biomethan sowie strombasierte Kraftstoffe wie Wasserstoff, Power-to-Gas und Power-to-Liquid.

Bislang sind die Mineralölkonzerne verpflichtet, ihren Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 2010 um vier Prozent zu senken, indem sie alternative Kraftstoffe oder Antriebe einsetzen. Ab 2020 steigt der Wert auf sechs Prozent. Verfehlt ein Unternehmen diese Quote, muss es empfindliche Strafen zahlen.

Allerdings kann es auch CO2-Zertifikate von anderen Unternehmen kaufen, die ihre Verpflichtungen überfüllt haben. An den in diesem Handel aufgerufenen Preisen zeigt sich, dass die bloße Überführung des Verkehrs in ein Emissionshandelssystem nicht ausreicht, um wirksamen Klimaschutz in diesem Sektor zu erreichen.

THG-Quote müsste vervierfacht werden

Denn während der CO2-Preis im nationalen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude voraussichtlich anfangs bei 50 Euro pro Tonne liegen und erst 2030 einen Wert von 120 Euro pro Tonne erreichen soll, erzielen die Emissionsminderungen unter der THG-Quote schon jetzt einen Preis von 150 bis 200 Euro pro Tonne.

Dieses Preisniveau ist notwendig, um die Dekarbonisierung mobiler Systeme zu bewerkstelligen. Die Kosten für entsprechende Maßnahmen an den Fahrzeugen liegen teilweise noch deutlich höher.

Eine CO2-Bepreisung mithilfe einer Steuer oder eines Emissionshandels mag mittelfristig einen Einfluss auf die Verkehrsnachfrage haben – für die Dekarbonisierung der Antriebsenergie wäre sie wirkungslos. Deshalb sollte die THG-Quote – neben anderen Instrumenten – zur Treibhausgasminderung bestehen bleiben.

Die Politik hat es bislang versäumt, die Emissionen in stärkerem Maße zu senken – nun gilt es, hier nachzusteuern. Das ist auch dringend notwendig. Denn damit die Bundesregierung ihre Klimaziele erreicht, die sie für 2030 beim Verkehr formuliert hat, müssen nicht nur Elektrofahrzeuge massiv zur Dekarbonisierung beitragen, sondern auch die heute über 40 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Nach Berechnungen unseres Verbandes müsste die THG-Quote hierzu auf 16 Prozent vervierfacht werden.

Covering Climate Now

Klimareporter° beteiligt sich wie rund 250 andere Zeitungen und (Online-) Magazine weltweit an der Initiative "Covering Climate Now". Die teilnehmenden Medien verpflichten sich, vor allem in der Woche vor dem New Yorker UN-Klimagipfel am 23. September über die Klimakrise zu berichten. Wir freuen uns über die Bewegung in der Medienlandschaft. Klimaschutz braucht guten und kritischen Journalismus.

Diese Steigerung ist anspruchsvoll und erfordert den Einsatz aller verfügbaren Kraftstoffoptionen, die imstande sind, THG-Emissionen zu mindern: neben den heute eingesetzten Biokraftstoffen sind dies auch sogenannte fortschrittliche Biokraftstoffe sowie aus erneuerbarem Strom hergestelltes Power-to-Gas und Power-to-Liquid.

Eine Vielzahl von Maßnahmen ist notwendig, um das 2030er Klimaziel des Verkehrs zu erreichen: Verkehrsvermeidung und -verlagerung sowie Verbesserung der Energieeffizienz. Klar ist aber auch, dass dieses Ziel ohne einen zunehmenden Beitrag erneuerbarer Kraftstoffe verfehlt werden wird.

Eine schrittweise steigende THG-Quote ist dabei in geeignetes Instrument, um den Fahrzeugbestand klimafreundlicher zu machen. CO2-Steuer und Emissionshandel allein sind dazu mitnichten imstande.

Anzeige