Gero Lücking. (Foto: Amac Garbe)

Immer wieder sonntags: Die Mitglieder unseres Kuratoriums erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Gero Lücking, Geschäftsführer für Energiewirtschaft beim Hamburger Ökostrom-Anbieter Lichtblick.

Klimareporter°: Herr Lücking, die französische Ökostromtochter von General Electric will in China eine Fabrik für Zwölf-Megawatt-Windanlagen samt Entwicklungszentrum bauen. Gerät Deutschland jetzt auch bei Offshore-Wind ins Hintertreffen?

Gero Lücking: China ist bei der Windkraftnutzung die Nummer eins in der Welt. Es ist fast selbstverständlich, dass mit dieser Position – noch dazu in einem Land, das größer als die EU ist – auch große Fertigungsstätten und Fabriken verbunden sind.

General Electric, sozusagen das amerikanische Siemens, investiert global – und eben dort, wo die größten Absatzmärkte und Wachstumspotenziale liegen. Da ist es nur folgerichtig, dass dann in China solche Innovations-Hotspots entstehen.

Berechtigt ist die Frage, was eine Technologie- und Industrienation wie Deutschland zur technischen Entwicklung modernster und leistungsstarker Windturbinen noch beiträgt oder beitragen kann. Technologieentwicklung und Bau von modernsten Windkraftanlagen ist sicher ein klassisches Betätigungs- und Zukunftsfeld für deutsche Ingenieure und den deutschen Maschinenbau.

China verfolgt einen klaren Plan – nicht nur beim Umbau der eigenen Energiewirtschaft, sondern auch bei der weltweiten Industrie- und Technologieführerschaft. Auch die will China früher oder später erobern.

Aus der Phase des Copy-and-paste-Engineering ist China längst herausgewachsen. Eigene Technologien kommen mehr und mehr zum Einsatz. Kooperationen wie die mit General Electric helfen China, diesen Weg konsequent weiterzugehen.

Jetzt fordert auch die angesehenste Wissenschaftler-Vereinigung des Landes, die Leopoldina, einen CO2-Preis und eine Elektrifizierung des Verkehrs. Langsam kann die Bundesregierung gar nicht mehr anders als solchen Forderungen nachzugeben – oder?

Ja, so scheint es. Es gibt einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die Notwendigkeit und Richtigkeit eines solchen Schrittes.

Selbst die großen Wirtschaftsverbände wie der BDI und die DIHK, die ja vielleicht noch zu den größten und mächtigsten Kritikern gezählt werden könnten, fordern Maßnahmen in diese Richtung und damit Klarheit und Planungssicherheit. Es kann eigentlich nur noch um das Wie gehen.

Wir wissen aber auch, wie unberechenbar die Politik ist. Insofern kann leider noch kein Haken an das Thema gemacht werden. Ich bin sehr gespannt, ob Entscheidungen getroffen werden, was beschlossen wird und wann es kommt. Ich wage keine Prognosen.

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Hitzerekorde im Tagesrhythmus – und gleichzeitig ein Bild im Hamburger Stadtverkehr, das Hoffnung macht. Fahrradfahrer in Zweierreihe auf der Reeperbahn! Offensichtlich alles Radfahrerinnen und Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit.

Es werden immer mehr. Und man sieht sie immer öfter. Nicht nur jetzt im Sommer, sondern seit Monaten habe ich den Eindruck, dass der Radverkehr in Hamburg – ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau – von Monat zu Monat zunimmt.

Das macht Mut und ich hoffe, dass dies nicht nur den sommerlichen Temperaturen geschuldet ist. Vielleicht ist es auch ein erstes Anzeichen für ein Umdenken in der Mobilität. Selbst in Hamburg eine Spur der Reeperbahn nur für Radfahrer? Wo sonst auf dieser Straße mit – gefühlt – 70 Sachen gerast wird und man immer froh ist, die Strecke überlebt zu haben.

Hoffentlich sind die radelnden Zweierreihen nicht nur eine Überraschung dieser Woche, nicht nur ein Gruß an die Tour de France, keine durch die Hitze verursachte Fata Morgana, sondern schon bald tägliche Normalität.

Fragen: Jörg Staude

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