Der Stromzähler zeigt 3108,7 Kilowattstunden an.
Eine Strompreissenkung wirkt sozial entlastend, allerdings nicht dem Umfang wie ein hundertprozentiges Klimageld. (Bild: Claudia Nass/​Shutterstock)

Fast zwei Jahre ist es her, dass die Ampel-Regierung die EEG-Umlage auf den Strompreis abschaffte. Im April 2022 beschloss der Bundestag, die Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energien von rund 3,7 Cent je Kilowattstunde zu streichen. Das galt dann ab Jahresmitte.

Seitdem finanziert sich die Erneuerbaren-Förderung aus den Einnahmen des EEG-Stroms an der Börse sowie einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt. Dafür sind dieses Jahr im Klima- und Transformationsfonds bisher 12,6 Milliarden Euro eingeplant.

Oliver Krischer, im April 2022 noch Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, lobte damals das Aus für die EEG-Umlage im Bundestag überschwänglich. Das sei die größte Strompreisentlastung der letzten Jahrzehnte, ermögliche mit Wärmepumpen und E‑Mobilität die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft und schaffe ein Haupthindernis für Mieter- und Eigenstrom im Erneuerbaren-Bereich ab, so der langjährige Energiepolitiker der Grünen und heutige Umweltminister Nordrhein-Westfalens.

Ein Stichwort fiel in der damaligen Debatte nicht: das Klimageld. Erst im Zuge der jüngsten Haushaltskrise kam der Ampel die Idee, die gewesene Streichung der EEG-Umlage nachträglich in eine Klimageld-ähnliche Entlastung umzudeuten.

Dass der Wegfall der Umlage beim Strompreis sozial entlastend wirkt, dieser Eindruck ist nicht ganz falsch. Ärmere Haushalte geben anteilig von ihrem Einkommen mehr für Strom aus als reichere Haushalte. Die weggefallene Umlage schont also die Kassen einkommensschwacher Menschen.

Klimageld hilft armen Haushalten mehr als sinkender Strompreis

Die Wirkung ist allerdings begrenzt. Denn eine Senkung der EEG-Umlage reduziert den Preis jeder Kilowattstunde im gleichen Umfang. Haushalte mit höherem Stromverbrauch werden so in absoluten Zahlen stärker entlastet. Wer mehr verbraucht, spart auch mehr ein.

Beim Klimageld ist das anders. Gerade ärmere Menschen würden bei einer vollen Pro-Kopf-Erstattung deutlich mehr zurückbekommen, als sie durch den CO2-Aufschlag bezahlen.

Die Unterschiede sind gravierend. So liegen bei den obersten 20 Prozent der Einkommen die im Verkehr verursachten CO2-Emissionen bei durchschnittlich rund fünf Tonnen jährlich, bei den untersten 20 Prozent sind es nur etwa zwei Tonnen.

Dieser Unterschied schlägt sich beim Klimageld in einer echten Umverteilung nieder, auch wenn das freilich nicht ausreicht, um die sozialen Folgen steigender CO2-Preise auszugleichen.

Die Annahme, eine gestrichene EEG-Umlage könne ein solches Klimageld ersetzen, wird noch fragwürdiger, schaut man auf die Ausgabenseite des EEG.

Mit den 12,5 Milliarden werden beispielsweise 20 Jahre lang private Dachsolaranlagen unterstützt. Das können meist nur Leute mit einem geeigneten eigenen Haus nutzen. Bei Windparks und Freiflächen-Photovoltaik sind oft finanzstarke Investoren Nutznießer der EEG-Förderung.

Normale Haushalte können sich, möglicherweise auch dank des Klimageldes, vielleicht eine Balkon-Solaranlage leisten. Die aber wird nicht EEG-gefördert und überschüssiger Strom wird auch nicht vergütet.

Ob die EEG-Umlage wie früher von den Stromkunden oder wie heute aus dem Bundeshaushalt finanziert wird, bringt am Ende kein Gran Gerechtigkeit mehr. Irgendwann sprach sich das auch in der Bundespolitik herum und das Klimageld kehrte auf die politische Agenda zurück, jetzt sogar mit dem Ausblick, es könnte noch 2025 vor der Bundestagswahl eingeführt werden.

CO2-Milliarden lösen neue Begehrlichkeiten aus

Angesichts der offenbar immer größer werdenden Haushaltslöcher lösen die Milliarden, die die CO2-Bepreisung in die Staatskasse spült, neue Begehrlichkeiten aus. Aus dem europäischen Emissionshandel für Energie und Industrie fließen dieses Jahr etwa acht Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds, hinzu kommen knapp elf Milliarden aus der nationalen CO2-Bepreisung von Kraft- und Brennstoffen.

Zusammen sind das 19 Milliarden sichere Einnahmen, die in Zukunft noch ordentlich zulegen. Der nationale CO2-Preis von derzeit 45 Euro soll bis 2026 auf 65 Euro steigen. Und wenn das deutsche System ab 2027 in den neuen EU-Emissionshandel für Gebäude und Verkehr überführt wird, winken CO2-Preise jenseits der 100 Euro.

Und all diese Milliarden sollen per Klimageld einfach so an die Leute zurückgegeben werden? Die Vorstellung bereitet offenbar wirtschaftsnahen Experten Bauchschmerzen.

Den neuesten Schlag gegen das Klimageld unternahm letzte Woche das Essener RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. In Zeiten massiver finanzieller Engpässe beim Klima- und Transformationsfonds wäre es klug, die "äußerst knappen Mittel" möglichst so zu verwenden, dass damit zugleich die Energiewende vorangebracht und die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, ist in einem Positionspapier zu lesen.

Verbraucher beim Netzentgelt entlasten und Energiewende voranbringen?

Werde das Klimageld ausgezahlt, fehle das Geld für andere Zwecke, etwa den Netzausbau, argumentiert Mitautor Manuel Frondel vom RWI. Er plädiert entsprechend dafür, mit den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung die Netzentgelte zu senken. Damit ließe sich beides erreichen, betont der Energieökonom: die Verbraucher entlasten und die Energiewende voranbringen.

Der RWI-Vorschlag wurde schon vor seiner Veröffentlichung in einschlägigen Medien gelobt. Die Wirtschaftsforscher zeigten einen Weg auf, wie die Haushalte rasch entlastet werden könnten, schrieb Der Spiegel. Und wohl nicht ganz zufällig kam die CDU letzte Woche mit einem Forderungskatalog für die Wirtschaft um die Ecke, ein Punkt darunter: Halbierung der Netzentgelte.

An der raschen Entlastung sind jedoch Zweifel angebracht. Zwar wollen die RWI-Forscher noch in diesem Jahr die knapp elf Milliarden Euro, die der nationale CO2-Preis in den Klima- und Transformationsfonds spült, zur Senkung der Netzentgelte einsetzen, davon würden aber gerade private Stromkunden nicht viel merken.

Denn erst Ende letzten Jahres hatte die Ampel wegen der Haushaltskrise einen 5,5‑Milliarden-Euro-Zuschuss aus dem Klimafonds für die Netzentgelte gestrichen. Diese stiegen dann zu Jahresbeginn gleich mal um rund 3,5 Cent pro Kilowattstunde.

Die Hälfte der elf Milliarden würde also schätzungsweise erstmal draufgehen, um die Erhöhung rückgängig zu machen. Und ob die andere Hälfte als Preissenkung an die Stromverbraucher durchgereicht wird, darf zu Recht bezweifelt werden. Denn eine Pflicht dazu gibt es im deutschen Energierecht nicht.

Als in den 2010er Jahren die EEG-Umlage auch schon von Zeit zu Zeit sank, versickerte ein Teil davon bei den Energieversorgern, wie Untersuchungen zeigten. Gerade Grundversorger gaben die Strompreissenkungen nur zu etwa 40 bis 50 Prozent weiter, lediglich die günstigsten Anbieter kamen auf über 90 Prozent.

Steuerzahler fördern Energiewende schon übers EEG

Mit den CO2-Milliarden die Energiewende voranzubringen, wie das RWI es vorschlägt, hört sich erstmal gut an. Man darf aber nicht vergessen: Die Energiewende wird bereits mit dem Geld der Steuerzahler vorangebracht – und zwar mit den 12,5 Milliarden der EEG-Förderung.

Diese Förderung hat schon 2023 für sinkende Strompreise an der Börse gesorgt. Das wird nach allen Prognosen auch in Zukunft so weitergehen.

Da fragt sich schon, ob es in Zeiten knapper Kassen sinnvoll ist, Strom, der bereits mit öffentlichen Milliarden billiger gemacht wird, mit noch mehr Milliarden zu fördern, um ihn noch billiger zu machen. Da schimmert doch eher die gescheiterte Idee vom Industriestrompreis durch.

Und die elf Milliarden wären erst der Anfang. Laut den RWI-Forschern würde die gänzliche Abschaffung der Netzentgelte rund 28 Milliarden Euro kosten. Eine so weitreichende Senkung erfordere daher weiter steigende CO2-Preise, schreiben sie.

Die Haushalte wären auf der einen Seite steigenden CO2-Preisen ausgesetzt, die Entlastung auf der anderen Seite durch sinkende Netzentgelte fiele aber nicht gleich groß aus, weil eben auch die Wirtschaft profitieren soll.

Geld für Netzentgeltsenkung soll "Klimabonus" heißen

Auch bleiben grundsätzliche Zweifel an so einer Art Rückgabe über den Strompreis. Das hat schon bei der EEG-Umlage nicht richtig funktioniert – warum soll das bei den Netzentgelten anders sein?

Dabei scheinen sich die RWI-Forscher gedacht zu haben: Auch wenn wir ein Klimageld ablehnen, lässt sich der gute Ruf dieses Instruments doch nutzen. Denn sie schlagen in ihrem Papier vor, den für die Netzentgeltsenkung verwendeten Rückerstattungsbetrag aus dem Klimafonds mit einem klangvollen Namen wie "Klimabonus" auszustatten.

Damit wäre, schreiben die Forscher, die Sichtbarkeit der Rückerstattung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in hohem Maße gewährleistet.

 

Tatsächlich wird so eher sichtbar, dass der "Klimabonus" eine Mogelpackung ist. Sicher ist nur: Es wird nicht der letzte Versuch sein, die CO2-Milliarden lieber für wirtschaftliche als für soziale Zwecke einzusetzen. Die Debatte ist lange noch nicht ausgestanden.

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