Das Wichtigste aus 52 Wochen: Sonst befragen wir die Mitglieder unseres Herausgeberrats im Wechsel jeden Sonntag zu ihrer klimapolitischen Überraschung der Woche. Zum Jahresende wollten wir wissen: Was war Ihre Überraschung des Jahres? Heute: Oliver Hummel, Vorstand beim Öko-Energieversorger Naturstrom.
In diesem Jahr 2023, in dem vieles energie- und klimapolitisch alles andere als rund lief, sticht eine Entwicklung deutlich positiv hervor: die Rekordwelle, auf der die Photovoltaik reitet. Und zwar nicht nur hierzulande, sondern auch weltweit.
Der Zuwachs in Deutschland erreicht mit mehr als 13.000 Megawatt ein Level, das eigentlich erst fürs kommende Jahr eingeplant war. Zur Einordnung: Das politisch definierte Photovoltaikziel für 2023 sah einen Ausbau um 9.000 Megawatt vor, und selbst das wäre deutlich über dem bisherigen Rekord aus dem Jahr 2012 mit rund 7.600 Megawatt gewesen.
Auch global geht für die Photovoltaik ein Ausnahmejahr zu Ende. Analysten von Bloomberg NEF haben hochgerechnet, dass in diesem Jahr 413.000 Megawatt weltweit neu installiert wurden. Das wäre ein Wachstum von gut 58 Prozent gegenüber dem Zubau von 260.000 Megawatt im Jahr 2022 – auch das war seinerzeit ein einsamer Rekord.
In einer Phase der Energiewende, in der Branche und Politik hierzulande den selbstgesteckten – und aus Klimaschutzsicht notwendigen – Zielen in den meisten Bereichen hinterherrennen, sind die Zahlen für mich ein Fanal: Wir können es auch besser! Es ist nicht nur möglich, ambitionierte Ziele zu erreichen – wir können sie sogar übererfüllen.
Die große Herausforderung für 2024 wird darin bestehen, diesen positiven Trend zu verstetigen. Und das wird gar nicht so leicht.
Der Nachfrageboom bei den privaten Kleinanlagen, der im Energiepreiskrisenherbst 2022 seinen Gipfel erreicht hatte, flaut wieder ab. Der zaghafte Aufbau einer europäischen Modulproduktion, die den Solarausbau mittel- bis langfristig gegen geopolitische Verwerfungen absichern soll, ist gefährdet. Und das lange sicher geglaubte Solarpaket, das viele sinnvolle Änderungen sowohl für Solarparks als auch für Dachanlagen enthält, verzögert sich größtenteils infolge der Haushaltskrise.
Die Bundesregierung darf sich daher nicht in den aktuellen Zahlen sonnen, sie muss dringend nachlegen. Das Solarpaket muss im Januar schnellstens durch die Tür gebracht werden, im weiteren Verlauf des kommenden Jahres ist dann auch das ursprünglich versprochene Solarpaket zwei fällig.
Ein echtes Energy Sharing, das die breite Akzeptanz der Energiewende stärkt und Bürgerenergiegesellschaften wie Prosumern eine zusätzliche Vermarktungsperspektive gibt, ist dabei wichtig.
Mindestens genauso wichtig ist eine aktive Industriepolitik, die Europas Energiewende unabhängiger macht von Modulen und Solarzellen aus China. Denn nichts wäre nach den Erfahrungen mit Gas aus Russland dümmer, als sich bei der Energiewende gleich wieder von einem einzelnen Land abhängig zu machen.
Wenn all dies gelingt, sehen wir auch langfristig sonnigen Zeiten entgegen!