Solarstrom-Ausbau in der palästinensischen Stadt Hebron: Einzelne Länder zeigen, wie schnell der Erneuerbaren-Ausbau gehen kann. (Bild: Yousef Alsharif/​Shutterstock)

"Rasche Fortschritte bei den wichtigsten sauberen Energietechnologien zeigen, dass die neue Energiewirtschaft schneller entsteht, als viele denken." So fasst die Internationale Energieagentur (IEA) einen neuen Bericht zusammen, der letzte Woche erschienen ist.

Der Report zeigt ein deutliches Wachstum in den meisten relevanten Bereichen im vergangenen Jahr.

Der Zuwachs an Erzeugungskapazität bei den erneuerbaren Energien erreichte ein Rekordhoch von 340.000 Megawatt, vor allem dank eines Wachstums von 26 Prozent bei Solaranlagen. Die Investitionen in Erneuerbare stiegen um 15 Prozent und lagen im Jahr 2022 bei 1,6 Billiarden Dollar.

Auch der Verkauf von Elektroautos wuchs mit einem Plus von 55 Prozent stark. Knapp zehn Millionen E-Autos fanden einen Käufer oder eine Käuferin, was einem Marktanteil von 15 Prozent entspricht. Damit hat sich der Marktanteil von Elektroautos in zwei Jahren mehr als verdreifacht.

Der IEA-Bericht ist keine Ausnahme. In den letzten Wochen erschienen mehrere Berichte, die ebenfalls zeigen, dass die meisten Technologien, die zum Erreichen von netto null Emissionen entscheidend sind, stark wachsen.

Ein Bericht des US-Thinktanks Rocky Mountain Institute (RMI) zeigt, dass die Verbreitung neuer Technologien einer S‑Kurve folgt: Erst wachsen Technologien langsam und dann explosionsartig. Wenn die Marktdurchdringung in die Nähe von 100 Prozent kommt, flacht das Wachstum wieder ab.

Derzeit ist der Ausbau von Solar- und Windkraft sowie von Batterien in der exponentiellen Wachstumsphase. Das RMI erwartet auch, dass dies auf absehbare Zeit so bleibt.

"Trotz aller Hindernisse geht das Wachstum weiter"

Das Institut sieht nach wie vor viele Triebkräfte für die Transformation: "Lernkurven, überragende Wirtschaftlichkeit, Energiesicherheit, die Notwendigkeit für Klimaschutz und lokale Umweltverschmutzung sind eine starke Kombination für den Wandel im globalen Elektrizitätssektor."

Das hat zur Folge, dass Solar- und Windkraft ihren Anteil am Stromverbrauch von heute zwölf Prozent in den nächsten sieben Jahren mehr als verdreifachen werden. Laut RMI ist die Welt damit auf einem Entwicklungspfad, der netto null Emissionen bis zum Jahr 2050 erreichbar macht.

Auch Widerstände wie in Deutschland beim Umstieg auf klimafreundliche Heizungen oder wie in Großbritannien gegen Windkraft an Land können diese Entwicklung nicht aufhalten, meint das RMI: "Entgegen der Behauptung, überall gebe es unüberwindbare Hindernisse für die Energiewende, geht das Wachstum weiter."

Der Grund: "Die Hindernisse sind spezifisch und lokal, die Lösungen aber allgemein und global, sodass sie den Widerstand gegen Veränderungen überwinden können."

Die Produzenten fossiler Energien müssten sich daher auf deutlich sinkende Einnahmen einstellen: "Das exponentielle Wachstum hat das Elektrizitätssystem an einen Kipppunkt gebracht, an dem die Abkehr von fossilen Brennstoffen nur noch schwer umkehrbar ist."

Das RMI geht deshalb davon aus, "dass die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen im Elektrizitätssektor ihren Höhepunkt erreicht hat und bis zum Ende des Jahrzehnts im freien Fall sein wird".

Länderbeispiele für schnelle Stromwende

Schließlich zeigt auch eine neue Studie des US-Thinktanks World Resources Institute (WRI), dass ein sehr schneller Wandel möglich ist. Damit die Welt ihr Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen kann, muss der Anteil von Solar- und Windstrom am globalen Strommix bis 2030 jedes Jahr um 3,1 Prozentpunkte zunehmen.

In der Vergangenheit haben allerdings mehrere Länder gezeigt, dass sogar eine deutlich höhere Wachstumsrate erreicht werden kann. Der absolute Spitzenreiter ist hier Uruguay.

Das südamerikanische Land hat in den fünf Jahren von 2013 bis 2018 den Anteil von Wind- und Solarenergie an seinem Strommix von einem Prozent auf 35 Prozent gesteigert. Das entspricht einer Zunahme um sieben Prozentpunkte pro Jahr.

 

Auch Dänemark, Litauen, Namibia, die Niederlande, Palästina, Jordanien und Chile haben Fünf-Jahres-Perioden erlebt, in denen der Anteil von Solar- und Windkraft am Energiemix um mehr als vier Prozentpunkte im Jahr zugenommen hat.

Für das WRI ist damit klar: "Diese Beispiele zeigen, dass Länder mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen rasch auf erneuerbare Energien umsteigen können." Jetzt muss man es nur noch machen.

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