Während die Kohlekommission am heutigen Donnerstag im Bundeswirtschaftsministerium über Regeln für den Kohleausstieg brütete, machte die deutsche Klimabewegung mobil. Die Klimaaktivisten des Bündnisses "Ende Gelände" besetzten kurzerhand die Zentrale des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Berlin.
Und die Klima-Allianz, ein Zusammenschluss zahlreicher Verbände der Zivilgesellschaft, präsentierte auf 56 Seiten einen Forderungskatalog an die Bundesregerung.
Den Umweltschützern zufolge handelt es sich um Maßnahmen, mit denen Deutschland sein Klimaziel für das kommende Jahrzehnt noch erreichen kann. Bis 2030 sollen die Treibhausgas-Emissionen gegenüber 1990 um 55 Prozent reduziert werden. "Wir brauchen an vielen Stellschrauben grundlegende Veränderung" sagte Michael Schäfer vom WWF.
Die Umweltschützer verlangen einen raschen Kohleausstieg, eine schnelle Agrar- und Verkehrswende und einen CO2-Preis, der die realen Kosten des Klimawandels widerspiegelt. Die Ziele und Grenzwerte sollen in einem Klimaschutzgesetz verankert werden. Ein solches plant die Bundesregierung bereits. Was am Ende zähle, sei aber die Umsetzung der Maßnahmen, so Schäfer.
Deshalb sollen die ältesten und klimaschädlichsten Kraftwerke schnellstmöglich vom Netz gehen. Um den Strukturwandel sozialverträglich zu gestalten, fordern die Verbände unbürokratische Hilfen für Betroffene. Außerdem dürfe die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung nicht weiter bremsen. Die Strom- und Energiebesteuerung soll dafür ebenfalls überarbeitet werden.
Im Bereich der Energieeffizienz fordern die Verbände festgeschriebene Ziele für alle Sektoren. Um den Gebäudebestand nachhaltig umzugestalten, wird ein Drittelmodell vorgeschlagen, bei dem Mieter, Vermieter und der Staat zu gleichen Teilen an den Kosten beteiligt werden.
"Die Menschen wählen Klimaschutz"
Die Klima-Allianz plädiert außerdem für eine deutliche Reduzierung der Tierbestände und des Fleischkonsums. Weiterhin sollen die Stickstoffeinträge in der Landwirtschaft reduziert und CO2-Senken geschützt und reaktiviert werden.
Entscheidend für die Verkehrswende seien wirksame CO2-Grenzwerte, sagte Gerd Lottsiepen vom Verkehrsclub Deutschland. Außerdem müsse es ein Ausstiegsdatum für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben. Man wolle aber keine Verbotspolitik, schränkte Lottsiepen ein. Vielmehr gehe es darum, den Fuß- und Radverkehr attraktiver zu gestalten und den öffentlichen Nah- und Fernverkehr massiv auszubauen.
Die Verbände hätten für die Forderungen den Rückhalt aus der Gesellschaft, betonte Schäfer. "Die Menschen wählen Klimaschutz", sagte der WWF-Experte mit Blick auf die Landtagswahlen in Bayern und Hessen, bei denen die Grünen einen Höhenflug erlebten. "Deutschland wird das Klimaziel für 2020 drastisch verfehlen", kritisierte Antje von Broock vom Umweltverband BUND. "Für das 2030-Ziel ist das keine Option."
Für das deutsche Klimaziel zum Ende dieses Jahrzehnts sieht es in der Tat düster aus. Eigentlich hat die Bundesregierung versprochen, ihren CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 40 Prozent zu reduzieren – es werden wohl aber acht Prozentpunkte fehlen.
Das haben schon viele Berechnungen gezeigt, zuletzt wieder ein Entwurf des neuen Klimaschutzberichts der Bundesregierung, der Klimareporter° vorliegt. Demnach kann Deutschland zwar noch mit ein paar zusätzlichen Einsparungen bis 2020 rechnen – aber auch nur, weil die Preise im europäischen Emissionshandel steigen.