Der Stil von Konferenzpräsident Al Jaber orientiert sich stärker an der Welt der Wirtschaft als der Politik. (Bild: Mike Muzurakis/​IISD/​ENB)

Am späten Montagnachmittag (Ortszeit) veröffentlichte der Präsident der 28. UN-Klimakonferenz (COP 28) in Dubai, Sultan Al Jaber, einen Entwurf für den Abschlusstext. Im Gegensatz zur vorherigen Version kommt der Ausstieg aus den fossilen Energien darin nicht mehr vor.

Der entscheidende Paragraf 39 ruft die Staaten nur dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, die dieses oder jenes "unter anderem beinhalten könnten" ("could include inter alia") – und bietet dafür ein ganzes Menü an Möglichkeiten.

Dazu gehören die Verdreifachung der Erneuerbaren-Kapazität bis 2030, ein schrittweiser Ausstieg aus der Kohle, der Einsatz von Energieträgern "mit geringen Emissionen" – ein Codewort für fossiles Erdgas –, der Ausbau der Atomkraft und natürlich die Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS).

Aus diesen und anderen Optionen sollen sich die Staaten dann ihr Klimaschutzmenü zusammenstellen können. Dass die Maßnahmen dem Stand der Wissenschaft oder einem 1,5‑Grad-Pfad genügen müssen, steht allerdings nirgends. Kurz, jedes Land kann tun und lassen, was es will.

Al Gore, der frühere US-Vizepräsident und Klimaaktivist, zerriss Al Jabers Entwurf: "Die COP 28 steht kurz vor dem völligen Scheitern. Die Welt muss so schnell wie möglich aus den fossilen Brennstoffen aussteigen, aber dieser unterwürfige Entwurf liest sich, als hätte die Opec ihn Wort für Wort diktiert."

Ob das Ölkartell Opec wirklich Einfluss auf den Entwurf hatte, ist unbekannt. Opec-Chef Haitham al-Ghais hatte allerdings die Mitgliedsländer des Kartells in einem Brief dazu aufgerufen, "proaktiv jede Formulierung abzulehnen, die sich auf fossile Energien bezieht". Und das ist ihm weitgehend gelungen.

Gore spricht daher von einem Entwurf "von den Erdölstaaten, durch die Erdölstaaten und für die Erdölstaaten".

Ähnlich vernichtende Bewertungen des Textentwurfs kommen von Umweltorganisationen und vielen Ländern. John Silk, der Wirtschaftsminister der Marshallinseln, sagte etwa, sein Land sei "nicht hierhergekommen, um unser Todesurteil zu unterschreiben". Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock nannte den Text "inakzeptabel".

Afrikanische Länder extrem enttäuscht

Ein weiteres Problem ist Geld. Diesmal geht es allerdings weniger um Steuermittel aus den Industriestaaten, sondern um private Mittel. Das Ziel, die Erneuerbaren-Kapazität bis 2030 zu verdreifachen, erfordert große Investitionen.

Die Industriestaaten und China mit ihren geringen Kapitalkosten sind bereits heute auf einem Pfad, der zur Verdreifachung führt. Ärmere Länder mit hohen Kapitalkosten haben hingegen Angst, sich zu etwas zu verpflichten, das sie mit ihren aktuellen Kapitalkosten nicht erreichen können.

Auf den Punkt brachte das die kolumbianische Umweltministerin Susana Muhamad: "Wer wird die erneuerbaren Energien verdreifachen? Diejenigen, die Zugang zu Kapital zu fünf Prozent Zinsen haben, oder die ihn zu 30 Prozent haben? Wo bleibt die Fairness, wenn wir bei so hohen Zinssätzen auf Kapital zugreifen müssen?"

COP 28 in Dubai

Bei der 28. UN-Klimakonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten geht es um ein verbindliches Ausstiegsdatum aus den fossilen Energien. Klimareporter° ist mit einem Team vor Ort und berichtet mehrmals täglich.

Das Problem der COP 28 ist allerdings, dass die Konferenz das Kapitalkostenproblem gar nicht lösen kann. Das müssen die Entwicklungsbanken und der Internationale Währungsfonds (IWF) tun, in denen Finanzminister das Sagen haben und typischerweise nicht die Minister, die in Dubai die Klimaverhandlungen führen.

Klimaschutz, also das Herunterfahren der Treibhausgasemissionen, ist zudem nicht der einzige Punkt, der massiv kritisiert wird. Besonders die afrikanischen Länder sind extrem enttäuscht über das Kapitel zur Anpassung an die Klimaerwärmung. In Dubai sollten dazu wichtige Beschlüsse gefasst werden, doch die Verhandlungen kamen kaum voran.

Die arabischen Länder sowie China und Indien wollen hier einmal mehr die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern betonen, was die Industriestaaten strikt ablehnen. Es wurde daher gemutmaßt, dass die Erdölstaaten die Anpassung als "Geisel" genommen haben, um ein Druckmittel in den Verhandlungen zu den fossilen Energien zu haben.

Unabhängig davon, ob dies zutrifft, steht allerdings fest: Mit dem aktuellen Entwurf kommt die Anpassung ein weiteres Mal zu kurz und die afrikanischen Länder wollen das nicht hinnehmen.

Und da viele die Konferenz wegen des Klimaschutz-Kapitels kurz vor dem Scheitern wähnen, eskalieren die afrikanischen Länder nun auch beim Anpassungs-Kapitel: "Wir werden uns hier auf nichts einigen, wenn nicht die obersten Prioritäten Afrikas erfüllt werden, was für uns ein Rahmenwerk für Anpassung ist."

Sicher lässt sich da nur sagen: Es wird eine lange Nacht.