Angepasste Sorten und Anbauweisen können Klimafolgen abmildern, dafür brauchen Kleinbauern aber Unterstützung. (Bild/​Ausschnitt: Goldengreenbird/​Wikimedia Commons)

In Afghanistan ist das Risiko für Dürren, Überschwemmungen und andere Klimawandelfolgen besonders hoch. Gleichzeitig gehört das zentralasiatische Land zu den am wenigsten entwickelten Ländern – und zu den verwundbarsten. Der Fragilitäts-Index, der die politische, ökonomische und soziale Stabilität eines Landes anzeigt, sieht für Afghanistan die Gefahr des Staatszerfalls.

Gleichzeitig fehlt Geld, um die Auswirkungen der Klimakrise zu bewältigen. Bei der Verteilungsgerechtigkeit für Klimaanpassung liegt Afghanistan auf dem letzten Platz, so zeigt es der am Mittwoch vorgestellte "Anpassungsindex" der Hilfsorganisation Brot für die Welt.

Im Verhältnis zu den erwarteten Klimafolgen hat das Land am wenigsten Geld, um sich daran anpassen zu können – es ist am stärksten unterfinanziert. Das stellt laut Brot für die Welt eine große Ungerechtigkeit dar.

Die ärmsten Länder sind nicht nur am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich, die Auswirkungen treffen sie auch noch am stärksten. Gleichzeitig sind die Menschen in diesen Ländern besonders verletzlich, weil sie sich schlecht an die Klimafolgen anpassen können.

Deiche können vor Überschwemmungen schützen und neue Bewässerungstechniken vor Ernteausfällen und Hungersnöten. Für solche Anpassungsmaßnahmen fehlen aber gerade in armen Ländern die Mittel.

Die Industrieländer haben deswegen Gelder zur Unterstützung der Ärmsten in der Klimakrise zugesagt. Seit 2020 sollen jährlich 100 Milliarden US-Dollar fließen.

Afrika fast komplett unterfinanziert

Für den Anpassungsindex hat Brot für die Welt untersucht, wie gerecht diese Gelder verteilt werden. Zwei Faktoren fließen in den Index ein: zum einen, wie stark ein Land klimawandelbedingten Risiken ausgesetzt ist, und zum anderen, wie viel Geld das Land erhält, um sich daran anpassen zu können.

Das Ergebnis sind Index-Werte zwischen null und zwei. Ein Wert von eins heißt, dass das Land gemessen an den Klimarisiken angemessen finanziert ist. Ein Wert unter eins bedeutet eine Unterfinanzierung, während bei einem Wert über eins das Land besonders gut finanziert wird. Afghanistan hat beispielsweise einen Wert von 0,21.

Insgesamt zählen 129 Länder aus dem globalen Süden zu den Empfängern der Gelder. Nur 20 von ihnen kommen auf einen Indexwert von mindestens 0,8 und sind damit gemäß Brot für die Welt angemessen oder gut finanziert.

Dagegen sind 109 Länder und damit "mehr als 80 Prozent aller Entwicklungsländer gemessen am eigenen Klimarisiko unterfinanziert", so das Resümee der Hilfsorganisation. Die 14 Staaten mit dem höchsten Klimarisiko sind gleichzeitig die 14 Staaten, die am stärksten unterfinanziert sind.

Die am wenigsten entwickelten Länder haben oft zu wenig Geld für die Anpassung. Das trifft besonders auf Afrika zu, wo fast alle Länder unterfinanziert sind. 90 Prozent der am wenigsten entwickelten Länder erhalten anteilig zu wenig Geld für Klimaanpassung. Dabei sollen gerade diese Länder laut dem Pariser Klimaabkommen vorrangig bedacht werden.

"Kein stark bedrohtes Land erhält einen fairen Anteil"

Der Anpassungsindex berücksichtigt dabei nicht, wie viel Geld eigentlich notwendig wäre, er untersucht nur die Verteilungsgerechtigkeit. Der Index blickt außerdem nur auf kurzfristige Katastrophen wie Dürren, Hitzewellen und Überschwemmungen und nicht auf langfristige Veränderungen wie den Meeresspiegelanstieg.

Dabei wurden die versprochenen 100 Milliarden US-Dollar bisher in keinem Jahr wirklich zur Verfügung gestellt. 2021 waren es nur 21 Milliarden. Laut dem neuen "Adaptation Gap Report" der UN wären zehn- bis 18-mal mehr Klimaanpassungsgelder notwendig gewesen. In diesem Jahr werden die 100 Milliarden Dollar voraussichtlich zum ersten Mal erreicht.

Allerdings erhalten Länder mit einem höheren Nationaleinkommen auch mehr Geld, während die ärmsten Länder zu wenig bekommen. Fast alle besonders armen Länder sind im Anpassungsindex "stark unterfinanziert" oder "extrem unterfinanziert". Mit einem Indexwert von knapp 0,7 ist Tschad als einziges Land "nur" unterfinanziert.

"Von den 52 Ländern der beiden höchsten Risikostufen, die zusammen 40 Prozent aller untersuchten Länder ausmachen, erhält kein einziges Land auch nur einen einigermaßen fairen Finanzierungsanteil", kritisiert Sabine Minninger, Referentin für Klimapolitik bei Brot für die Welt. Die Finanzierung orientiere sich also nicht am Kriterium der Verletzlichkeit.

Brot für die Welt stellt deswegen mehrere Forderungen an die Politik. Die Daten aus dem Anpassungsindex sollen genutzt werden, um die Mittel von vornherein gerechter zu verteilen.

Dabei sollen die Länder mit dem höchsten Klimarisiko – die Länder Afrikas, fragile und von Konflikten betroffene Staaten und Länder mit sehr schwacher Wirtschaft – besonders berücksichtigt werden und auch einen leichteren und schnelleren Zugang zu den Hilfen erhalten. Gleichzeitig soll untersucht werden, woher die ungerechte Verteilung der Gelder kommt.

Wenn sich nichts ändert, drohe diesen Ländern "eine dauerhafte Resilienzlücke, die zum weiteren Anstieg klimabedingter humanitärer Katastrophen, zu klimabedingter Flucht und Vertreibung und zum Anwachsen klimabedingter Schäden und Verluste führen wird", warnt Sabine Minninger.