Oval Office
Wenn Donald Trump wieder ins Oval Office einzieht, ist das schlecht für die Klimapolitik, aber unter Umständen nicht so schlimm wie befürchtet, meint Lisa Badum. (Bild: The White House)

Klimareporter°: Frau Badum, Sie befürchten einen "Worst Case" in der internationalen Klimapolitik, wenn im Herbst Donald Trump erneut zum Präsidenten der USA gewählt wird. Anfang März waren Sie dazu auch zu Gesprächen in Washington und New York. Aber hatten wir den schlimmstmöglichen Fall nicht schon einmal von 2017 bis 2021? Die globale Klimapolitik wurde in den vier Jahren doch keineswegs zerstört – oder?

Lisa Badum: In der Zeit der ersten Präsidentschaft von Trump sehe ich schon Verluste in der Klimapolitik. So entfiel vor den Weltklimakonferenzen die ganze Abstimmung zwischen den USA und China bei den Emissionszielen. Beim jüngsten Gipfel in Dubai war es beispielsweise extrem wichtig, dass sich die USA und China beim Thema Methan vorher geeinigt hatten.

Auch die Klimafinanzierung litt unter Trump sehr. Jetzt sind von den USA drei Milliarden Dollar für den Green Climate Fund zugesagt. Mit Biden gibt es eine Chance, dass das Geld ausgezahlt wird, mit Trump definitiv nicht. Das wäre ein schon gravierender Verlust.

Alle Gesprächspartner, die ich traf, erklärten mir auch, Trump würde die USA mit Sicherheit erneut aus dem Pariser Klimaabkommen austreten lassen – und schlimmer noch: diesmal womöglich auch aus der UN-Klimarahmenkonvention an sich.

Und wie sieht es bei der Klima-Innenpolitik der USA aus? Die deutsche Industrie schwärmt derzeit vom wundertätigen Inflation Reduction Act. Unternehmen anzulocken, müsste doch auch einem Trump gefallen?

Da zeigte sich mir ein gemischtes Bild. Politiker der Demokraten äußerten sich dahingehend, dass Trump beim Inflation Reduction Act nicht alles zurückdrehen wird. Der Grund: 80 Prozent dieser Investitionen sind in sogenannte Red States geflossen, in Bundesstaaten also, in denen die Mehrheit traditionell Republikaner wählt.

Auch zeichnet sich ab, dass umwelt- und klimapolitische Vorgaben, die vom Kongress beschlossen sind, nur schwer aufzuheben sein werden. Natürlich hängt dies auch von den künftigen Mehrheiten ab.

Bei einem Sieg werden sich die Republikaner voraussichtlich stärker auf die Regulierung stützen, auf das exekutive Handeln. Befürchtet wird vor allem, dass Trump die Umweltbehörde EPA schwächt und Umweltstandards abbaut.

Klimapolitik, das muss man auch sehen, ist für republikanische Wähler auch gar nicht so wichtig. Selbst wenn Trump ein großes Rollback beim Klima ankündigen würde, brächte ihm das nicht viele Stimmen.

Foto: P. Haas, S. Hilgers

Lisa Badum

Die studierte Politik­wissen­schaftlerin und langjährige Bürger­energie­politikerin ist seit 2017 Bundes­tags­abgeordnete der Grünen, Obfrau im Klima- und Energie­ausschuss sowie Vor­sitzende des Bundes­tags-Unter­ausschusses für inter­nationale Klima- und Energie­politik. Badum ist eine von sieben Bundestagsabgeordneten der Grünen-Fraktion, die gegen das LNG-Beschleunigungsgesetz der Koalition stimmten.

Trump wird bestimmt auch den von Biden verhängten Ausbaustopp für neue Flüssigerdgas-Terminals aufheben.

Dass er das LNG-Moratorium kassiert, ist ziemlich sicher. Insofern bietet sich für den Fall, dass Trump wieder Präsident wird, derzeit schon ein schlimmes Bild, aber es ist nicht ganz so schlimm, wie es gelegentlich gemalt wird.

Oft wird dabei auf das sogenannte Project 2025 verwiesen, auf den von der Heritage Foundation initiierten Masterplan für den Fall, wenn der Kandidat der Republikaner die Präsidentenwahl gewinnt.

Berater der Partei versicherten mir hier, dass vom Project 2025 nicht unbedingt alles eins zu eins umgesetzt wird. Die Vorschläge, hieß es, kämen teilweise von Thinktanks, die sich damit auch nur wichtig machen wollten. Die reale Umsetzung hänge dagegen von vielen Faktoren ab, wurde mir erklärt.

Die entsprechenden Thinktanks würden sich derzeit eher erkundigen, welche Punkte beim Inflation Reduction Act gestrichen werden könnten, ohne dass es zu viele Schäden auslöst. Das Ziel der Republikaner wird am Ende vermutlich sein, etwas zu verändern, aber nicht alles zurückzudrehen. Das fand ich relativ tröstlich.

Auch sehen Republikaner die Windkraft, insbesondere den Ausbau von Offshore-Wind, recht positiv. In den von ihnen regierten Bundesstaaten setzen sie das auch um. Texas ist da bekanntlich führend.

Welchen Wert hat eine moderne Energie- und Klimapolitik nach Ihrem Eindruck derzeit überhaupt in den USA?

Ich war das erste Mal als Politikerin in den USA und habe insofern keinen Vergleich. In Bidens kürzlicher State of the Union Address nahm Klimapolitik nur einen kleinen Teil seiner Rede ein. Demokraten erklärten mir das damit, Biden habe nicht den Eindruck, dass er mit Klimapolitik Wählerstimmen gewinnen kann.

Bei den Republikanern gibt es eine Parlamentariergruppe namens Climate Caucus. Deren Sprecher John Curtis sagte mir, bei ihnen gebe es keine Leugner des Klimawandels mehr. Die Vorschläge der Konservativen laufen aber meist auf technische Lösungen hinaus wie Direct Air Capture, CCS und Kernfusion.

Zu Ihren Gesprächspartnern gehörte auch der demokratische Senator Edward Markey. Mit ihm sowie der Senatorin Rosa Galvez aus Kanada hatten Sie auf dem Klimagipfel in Dubai im Rahmen der "Parliamentarians for a Fossil Fuel Free Future" einen Aufruf zu einem sofortigen globalen Ausbaustopp für neue LNG-Infrastruktur gestartet. Was ist daraus geworden?

Anhörung im Bundestag

Der Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik des Bundestags veranstaltet am Mittwoch, dem 20. März, ab 18.30 Uhr eine Anhörung zur Entwicklung des Gasmarktes und der globalen LNG-Kapazitäten. Die Sitzung wird live auf bundestag.de übertragen.

Mit dem demokratischen Senator Jeff Merkley, der als Hauptkritiker des LNG-Ausbaus in den USA gilt, planen wir für den Sommer eine weitere politische Initiative. Dazu wollen wir auch Europaparlamentarier einbeziehen. Unsere Hausaufgabe besteht ja darin, hier in Europa und in Deutschland beim LNG-Ausbau endlich den Deckel draufzulegen.

Unabhängig davon werden die USA weiter sehr viel Gas exportieren. Billige Energie zu haben, ist Teil ihres Geschäftsmodells.

Das wird in den USA aber eher nicht klimapolitisch geframt, sondern es richtet sich vor allem außenpolitisch gegen China: "sauberes Gas" versus Kohlekraftwerke. Die USA denken dementsprechend auch, sie liefern uns mit LNG "saubere" Energie.

Die von Biden kürzlich ausgerufene "LNG-Pause" ist genau genommen auch nur eine Überprüfung des weiteren Ausbaus der Infrastruktur in den USA. Deshalb ist es nicht sicher, dass der Stopp Bestand hat.

 

In meinen Gesprächen habe ich betont, dass ich den Stopp gut finde, Europa in der Gasversorgung auch gut dasteht und wir kein Mehr an Flüssigerdgas benötigen. Diese Botschaft fanden die Gesprächspartner neu und überraschend. Die vorherrschende Lesart in den USA lautet schon, Bidens LNG-Stopp sei unsolidarisch gegenüber den Europäern.

Dass der Gasverbrauch in Deutschland aber sinkt, dass LNG aus den USA hier nicht als grüne Energie angesehen, sondern als Fracking-Gas sehr kritisch diskutiert wird und dass wir in Deutschland gesetzlich einklagbare Klimaziele haben – all das ist vielen in den USA nicht bewusst.

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