Damit hatte niemand gerechnet. Am Mittwochabend präsentierten die USA und China eine gemeinsame Erklärung bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow.
Darin versprachen sie, ihre Methan-Emissionen zu senken, eine gemeinsame Arbeitsgruppe einzurichten und stärker gegen illegale Abholzung von Wäldern vorzugehen. Außerdem beklagten sie, dass die Klimapläne der Staaten nicht ausreichen, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Und dann kam der zentrale Satz: Die beiden Länder versprechen, "in diesem kritischen Jahrzehnt ehrgeizige Maßnahmen zu ergreifen, gegebenenfalls auch durch die Aktualisierung der Klimapläne für 2030".
Dieser Satz ist so wichtig, weil China bislang keine Bereitschaft gezeigt hat, seinen vor Kurzem vorgestellten Klimaplan nachzubessern. Doch genau das ist entscheidend. China ist mit Abstand der größte Emittent der Welt und ohne eine Nachbesserung des chinesischen Klimaziels für das Jahr 2030 ist es nahezu unmöglich, dass das 1,5-Grad-Ziel "in Reichweite" bleibt.
Aus Sicht von Li Shuo von Greenpeace China signalisieren die beiden Länder mit der Erklärung zudem, dass sie den Klimaschutz vom Rest ihrer schwierigen Beziehungen abkoppeln wollen: "Den Klimawandel von den giftigen bilateralen Themen zu trennen, ist gut für die Welt." Deshalb seien auch regelmäßige Treffen in der gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bedeutung.
EU will mehr Klimaschutz, tut aber nichts dafür
Die Deklaration der USA und Chinas rückt allerdings noch eine andere Frage in den Vordergrund: Wo ist die EU? Der europäische Staatenbund hatte beim Zustandekommen des Pariser Klimavertrags eine zentrale Rolle gespielt, indem er eine "High Ambition Coalition", ein Bündnis der "Ambitionierten", mit den ärmsten Ländern und den kleinen Inselstaaten geschlossen hatte.
Und in den Jahren der Präsidentschaft von Donald Trump entstand der Eindruck, die EU gehöre zu den zentralen Akteuren beim Klimaschutz. Doch kaum ist Trump weg, verhandelt China wieder bilateral mit den USA.
Connie Hedegaard, Präsidentin des Klimagipfels 2009 in Kopenhagen und danach EU-Klimakommissarin, hatte im Vorfeld von Glasgow bereits gemahnt: "Nur wenige EU-Regierungen, wenn überhaupt welche, betreiben ernsthafte Diplomatie, um die 'High Ambition Coalition' wiederherzustellen, und die EU übt keinen wirklichen Druck auf die USA aus, damit diese ihren Anteil an den 100 Milliarden Dollar liefern."
Die Industrieländer hatten im Jahr 2009 zugesagt, ab 2020 zusammen 100 Milliarden US-Dollar im Jahr zur Finanzierung von Klimaschutz und Klimaanpassung in den ärmeren Ländern zu mobilisieren. Dieses Ziel wurde verfehlt und soll nun erst im Jahr 2023 erreicht werden.
Allianz für Kohle-Öl-Gas-Ausstieg – ohne Deutschland
Weniger überraschend wurde heute in Glasgow eine zusätzliche Sektorinitiative vorgestellt, die nicht nur die Förderung von Kohle, sondern auch die von Öl und Gas beenden will. Angeführt von Dänemark und Costa Rica haben sich acht weitere Länder und Teilstaaten zu dem Schritt verpflichtet. Mit dabei sind Frankreich, Irland, Schweden, Wales, Grönland und Québec.
Damit setzen diese Länder eine Erkenntnis der Internationalen Energieagentur IEA um: Wenn die Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll, haben Investitionen in die Erschließung neuer Öl- und Gasfelder keinen Sinn mehr.
Für Romain Ioualalen von der Umweltorganisation Oil Change International ist die neue Initiative trotz der wenigen Mitglieder von Bedeutung: "Die Gründung der Allianz stellt einen Wendepunkt dar. Viel zu lange haben die Klimaverhandlungen die Tatsache ignoriert, dass die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad einen Plan erfordert, um fossile Brennstoffe im Boden zu lassen."
Kritik traf wie immer die Staaten, die die neue Initiative nicht unterstützen. Besonders Großbritannien als Gastgeber der Klimakonferenz und Deutschland wurden mehrfach genannt.
Ausgang der Glasgower Konferenz ungewiss
Kurz vor Ende der Glasgower Klimakonferenz ist damit nicht abzusehen, wie sie ausgehen wird. Die EU will mehr Klimaschutz, ohne sich international dafür einzusetzen. Die US-Regierung will auch mehr Klimaschutz, aber es ist nicht sicher, dass sie das innenpolitisch durchsetzen kann.
COP 26 in Glasgow
Nach 25 UN-Konferenzen gibt es noch immer keine Lösung für die Klimakrise, aber wenigstens das Pariser Klimaabkommen. Wie gut es funktioniert, wird sich beim 26. Gipfel in Glasgow zeigen. Ein Team von Klimareporter° ist vor Ort in Schottland und berichtet mehrmals täglich.Länder wie Saudi-Arabien, Russland und Australien wollen ihre fossilen Geschäftsmodelle retten. Brasilien will sich einen Verzicht auf die Zerstörung des Regenwalds teuer bezahlen lassen. Und viele Entwicklungsländer brauchen nicht zuletzt wegen Corona schlicht mehr Unterstützung.
Wie aus diesen vielen, unterschiedlichen Anliegen schließlich ein stimmiges Gesamtpaket werden soll, weiß womöglich noch nicht mal die britische Konferenzpräsidentschaft.
Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Etwas mehr Licht in Glasgow
Ergänzung am 12. November: Deutschland ist der Allianz zum Kohle-, Öl- und Gas-Ausstieg nun doch beigetreten.