Es ist nun schon eine seit 1987 geübte Tradition der Umweltbilanzierung – aber keine, die aufmuntert. Am heutigen 2. Mai ist der deutsche "Erdüberlastungstag" erreicht.
Das bedeutet: In nur gut vier Monaten haben die Deutschen alle erneuerbaren Ressourcen aufgebraucht, die eigentlich für das ganze Jahr reichen müssten. "Ab jetzt leben wir auf Pump", mahnt der Umweltverband BUND aus diesem Anlass.
Im globalen Vergleich gehört die Bundesrepublik damit noch fast zu den 16 Staaten mit einem Überlastungstag im ersten Drittel des Jahres. Würden alle Menschen auf der Erde leben und wirtschaften wie die Deutschen, bräuchte es drei Planeten wie die Erde, um die nötigen Ressourcen – Rohstoffe und Deponieraum für Emissionen – nachhaltig bereitzustellen. Der globale Erdüberlastungstag liegt dagegen "erst" im Sommer.
Laut der US-Organisation Global Footprint Network wird die Erde von allen Staaten und Menschen zusammengenommen seit mehr als 50 Jahren übermäßig ausgebeutet, wie deren Berechnungen zum "Earth Overshoot Day" zeigen. Ausgeglichen war die Bilanz nur bis zum Ende der 1960er Jahre gewesen.
Seither rückte der Tag immer weiter nach vorne, unterbrochen nur durch große ökonomische Verwerfungen wie die Ölkrisen in den 1970er Jahren, die Weltfinanzkrise 2008/2009 und zuletzt die Corona-Pandemie, als wegen des Lockdowns die Industrieproduktion und der Verkehr heruntergefahren wurden.
Politik bestraft nachhaltiges Verhalten
Der deutsche Überlastungs-Tag war im letzten Jahr am 4. Mai, diesmal liegt er zwei Tage früher. Die Übernutzung der natürlichen Ressourcen hat also trotz einiger Anstrengungen in der Umwelt- und Klimapolitik wieder zugenommen.
Tendenziell ist die Erdüberlastung durch Deutschland seit 2010 zwar etwas gesunken – aber zu langsam. Vor 14 Jahren wären rechnerisch 3,3 Erden nötig gewesen, wenn alle Menschen wie die Deutschen leben würden, nur etwas mehr als die heutigen drei Planeten.
Gründe für die übermäßige Ressourcennutzung sehen Fachleute im hohen Energieverbrauch, der zum überwiegenden Teil noch auf Öl, Gas und Kohle basiert, im steigenden CO2-Ausstoß vor allem im Verkehrssektor, in der industriellen Tierhaltung und der Umweltverschmutzung durch Schadstoffe.
Der BUND betonte, die "multiplen ökologischen Krisen" würden immer offensichtlicher. Die ersten Monate des Jahres seien die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen, wobei Europa laut der Europäischen Umweltagentur der sich am schnellsten erwärmende Kontinent sei.
Besonders drastisch wirke sich das auf die Ressource Wasser aus. Der Verband kritisierte den rücksichtslosen Umgang mit Böden, Rohstoffen und Wasser und fordert ein Ressourcenschutzgesetz, "um die Verschwendung und Verschmutzung unserer Lebensgrundlagen zu stoppen".
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch kommentierte: "Der deutsche Erdüberlastungstag ist eine Mahnung, jetzt in allen Bereichen die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass nachhaltiges Verhalten zum neuen Normal wird". Nötig sei eine neue Schuldenbremse, "eine Schuldenbremse in Bezug auf die Überlastung der Erde".
Die Organisation verwies in dem Zusammenhang auf den Deutschen Ethikrat, der in seiner aktuellen Stellungnahme zu Klimagerechtigkeit politische Maßnahmen angemahnt hatte.
"Es ist unangemessen, wenn staatliche Akteure von Individuen emissionsärmeren Konsum erwarten, solange innerhalb der vom selben Staat gewollten und unterstützten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung die Voraussetzungen dafür zu einem guten Teil nicht erfüllt sind oder sogar konterkariert werden, sodass emissionsärmeres Handeln in vielen Feldern immer noch 'moralisches Heldentum' verlangt", schrieb der Ethikrat.
Das Gremium betonte: "Eine moralische Kritik an Entscheidungen im Bereich der privaten Lebensführung und des Konsums ist kein Ersatz für notwendige politische Maßnahmen."