Ein Papierdokument liegt auf dem Tisch, darauf steht ein schwarzes Modellauto einer Limousine, darüber hat ein älterer Mann im weißen Hemd die Hände zu einem Dach gefaltet.
So viele Vorteile – da fällt die Entscheidung für ein großes Auto leicht. (Bild: Mojo CP/​Shutterstock)

Seit 2021 wird auch bei Sprit ein CO2-Preis erhoben, der schrittweise ansteigt. Die letzte Merkel-Bundesregierung hatte ihn eingeführt, um mehr Kostenwahrheit im Verkehr zu erreichen. Derzeit beträgt der Aufschlag 45 Euro pro ausgestoßener Tonne des Treibhausgases.

Eine vom Bundesforschungsministerium finanzierte neue Untersuchung zeigt nun, dass die für den Verkehr gezahlten Subventionen wie das Diesel- oder Dienstwagenprivileg die Wirkung dieser CO2-Bepreisung komplett aufheben und sogar ins Gegenteil verkehren.

Die Subventionen bedeuten danach quasi "negative CO2-Preise" in Höhe von minus 70 bis zu minus 690 Euro pro Tonne CO2.

Der CO2-Aufschlag von 45 Euro pro Tonne verteuert derzeit Benzin um rund elf Cent und Dieselkraftstoff um gut zwölf Cent pro Liter. 2025 werden es 55 Euro pro Tonne sein, und ein Jahr später soll sich der Preis durch die Versteigerung von begrenzt verfügbaren CO2-Zertifikaten bilden – in einem Korridor zwischen 55 und 65 Euro je Tonne.

2026 würde Benzin damit etwa 17 Cent mehr pro Liter kosten, als das ohne den CO2-Aufschlag der Fall wäre. Beim Diesel wären es rund 19 Cent mehr. Nach 2026 soll sich die Höhe des CO2-Preises frei aus Angebot und Nachfrage ergeben.

Die neue Untersuchung hat das Ziel, die Bedeutung von Subventionen im Verkehr für die deutsche Klimapolitik einzuordnen. Dafür haben die Forschenden sie mit dem CO2-Preis vergleichbar gemacht, der als tragendes Instrument der Klimapolitik gilt und von allen Parteien außer der AfD und dem BSW befürwortet wird.

Sie betrachteten dafür vier Subventionen, die Einfluss auf die CO2-Emissionen des Verkehrssektors haben: das Dieselprivileg, also die hier gegenüber Benzin niedrigere Energiesteuer, die Pendlerpauschale, das Dienstwagenprivileg (die pauschale Besteuerung des geldwerten Vorteils privat genutzter Dienstwagen) und die Kerosinsteuerbefreiung im inländischen Flugverkehr.

Erstmals Subventionen in negative CO2-Preise umgerechnet

Durchgeführt wurde die Studie von einem Forschungsteam des Kopernikus-Projekts "Ariadne". Das Projekt des Bundesforschungsministeriums soll Optionen für die Politik erarbeiten, mit denen diese ihre Klimaziele erreichen kann.

Ariadne-Fachmann Nicolas Koch vom Berliner Klima-Thinktank MCC erläutert den neuen Ansatz: "Wir haben zum ersten Mal vier wesentliche Subventionen aus dem Verkehrsbereich in negative CO2-Preise umgerechnet."

Die Berechnung zeigt, dass die Subventionen "negative CO2-Preise" von minus 70 Euro bis zu minus 690 Euro pro Tonne CO2 und damit den aktuell geltenden CO2-Aufschlag von 45 Euro deutlich konterkarieren. Das Ergebnis unterstreiche, "dass Deutschlands derzeitiges Steuer- und Abgabesystem im Verkehrssektor noch stark auf die Nutzung fossiler Energieträger ausgerichtet ist und so die Erreichung der deutschen Klimaziele erschwert", so das Ariadne-Team.

Umgerechnet auf den Liter Benzin entsprechen die Subventionen Kostenersparnissen von 18 Cent bis 1,70 Euro. Sie übersteigen also nicht nur den aktuellen CO2-Preis von rund elf Cent, sondern auch die in den nächsten Jahren geplanten Erhöhungen.

Die Forschungsgruppe untersuchte auch die Verteilungswirkung der vier Subventionen. Dabei zeigte sich, dass "hauptsächlich wohlhabende Haushalte davon profitieren", wie Mitautor und Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin erklärte.

Die Wirkungen der Pendlerpauschale seien vor allem bei Autonutzern mit mittleren und höheren Einkommen spürbar, ebenso die des Dieselprivilegs, weil in diesen Einkommensgruppen ein Drittel aller Haushalte ein Diesel-Fahrzeug fährt.

Das Dienstwagenprivileg wiederum begünstigt laut der Analyse vor allem Haushalte mit hohem Einkommen, da nur wenige Erwerbstätige mit geringen oder mittleren Einkommen einen Dienstwagen fahren.

Interessant: Die Entlastungswirkung der Kerosinsteuer-Befreiung ist laut dem Ariadne-Team "als gering einzuschätzen".

"CO2-Ausstoß wird durch Subventionen belohnt"

"Aktuell treten wir beim Klimaschutz im Verkehr mit einem Fuß aufs Gas, mit dem anderen auf die Bremse", sagte der Hauptautor, Ariadne-Experte Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe.

Eigentlich sollten Autofahrer und Vielflieger durch den CO2-Preis Anreize zur Senkung der Emissionen erhalten. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen jedoch: Wer einen Diesel fährt, längere Wege zur Arbeit pendelt oder Inlandsflüge nutzt, wird für den CO2-Ausstoß "aktuell durch Subventionen belohnt".

Das Ariadne-Team argumentiert: Wenn sich der CO2-Preis als ein Leitinstrument der Klimapolitik durchsetzen soll, müssen verzerrende Subventionen im Verkehr so weit wie möglich abgebaut oder klimafreundlich umgestaltet werden.

Als eine Option benennen die Forschenden die schrittweise Abschaffung des Dieselsteuerprivilegs, was schon kurzfristig spürbare Emissionsminderungen bringen könne. Eine andere sei die Umgestaltung des Dienstwagenprivilegs gestaffelt nach dem CO2-Ausstoß des Fahrzeugs. Dies könne den Hochlauf der E‑Mobilität unterstützen. Weiter schlägt das Team eine Reform der Pendlerpauschale vor, die Alternativen zum Auto attraktiver macht.

 

Auch das Umweltbundesamt (UBA) spricht sich für einen Abbau der umwelt- und klimaschädlichen Subventionen unter anderem im Verkehrssektor aus. Konkrete Vorschläge machte die Behörde in der jüngsten Haushaltskrise zu Dieselprivileg und Pendlerpauschale.

Beim Dieselprivileg könnten sechs Milliarden Euro eingespart werden, rechnete UBA-Präsident Dirk Messner vor, nämlich 8,2 Milliarden der Gesamtsubvention abzüglich eines Ausgleichs für die höhere Kfz-Steuer, die von Diesel-Fahrern gezahlt wird.

Zur Entfernungspauschale, die den Staat jährlich sechs Milliarden Euro kostet, schlug Messner vor, sie künftig nur noch den unteren 30 Prozent der Einkommensbezieher zu zahlen, was eine Einsparung in Höhe von etwa vier Milliarden bringe.

Diese Vorschläge der Bundesbehörde wurden von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und der Ampel-Regierung insgesamt jedoch nicht aufgegriffen.