Die Erde vom Mond aus gesehen, der größte Teil liegt im Schatten.
Planet Erde: Scheint dem reicheren Teil der Menschheit nicht genug zu sein. (Bild: NASA/​Wikimedia Commons)

Es ist mal wieder so weit: Deutschland hat alle Ressourcen verbraucht, die ihm dieses Jahr zustanden. Die verbleibenden 241 Tage bis zum Jahreswechsel leben wir über unsere Verhältnisse.

Würden alle Menschen so leben und wirtschaften wie die deutsche Bevölkerung, hätte die Welt bereits heute so viele natürliche Ressourcen verbraucht, wie die weltweiten Ökosysteme in einem ganzen Jahr nachproduzieren können.

Der deutsche Erdüberlastungstag ist nicht zu verwechseln mit dem globalen Erdüberlastungstag. Dieser fiel letztes Jahr auf den 28. Juli und steht für dieses Jahr noch nicht fest. Auch er zeigt, dass die Menschheit mehr Ressourcen verbraucht, als der Planet in einem Jahr erneuern kann.

Dass der deutsche Stichtag deutlich vor seinem globalen Pendant liegt, kommt natürlich nicht von ungefähr. Es zeugt davon, dass der deutsche Lebensstil einen überdurchschnittlichen Energieverbrauch und die übermäßige Belastung von Luft, Böden und Grundwasser nach sich zieht.

Die Umweltorganisation Germanwatch nennt als Hauptursache für Deutschlands überzogene Ansprüche an die Erde die hohen CO2-Emissionen aus Stromerzeugung und Verkehr. Aber auch die industrielle Landwirtschaft und der enorme Flächenverbrauch, zum Beispiel durch den Ausbau von Siedlungs- und Verkehrsflächen, befeuert den Ressourcenverbrauch Deutschlands.

"Wenn wir die notwendigen Reduktionen in Deutschland und auch global nicht schaffen, dann ist weder das 1,5- noch das Zwei-Grad-Ziel noch zu erreichen", sagte Christoph Bals, Politikchef von Germanwatch.

Starke Vereinfachung, aber hilfreich

Der symbolische Erdüberlastungstag wird jährlich von dem US-Thinktank Global Footprint Network errechnet. Grundlage der Berechnung ist der ökologische Fußabdruck. Das ist die Fläche, die benötigt wird, um den Ressourcenverbrauch mit Acker- und Weideland, Wäldern, bebauten Flächen und so weiter zu decken und um Emissionen und Abfälle aufzunehmen.

Maßeinheit des ökologischen Fußabdrucks ist der globale Hektar. Er steht für die durchschnittliche biologische Produktivität eines Hektars auf dem Planeten. Mit ihm lässt sich nicht nur der Fußabdruck ausrechnen, sondern eben auch, ab wann der Verbrauch die Biokapazität der Erde übersteigt.

Die Denkfabrik Global Footprint Network nutzt dazu Daten der Vereinten Nationen. 15.000 Datenpunkte pro Land und Jahr fließen laut Germanwatch in die Berechnung ein.

Natürlich ist der Erdüberlastungstag genauso wie der globale Hektar Ergebnis einer starken Vereinfachung der sehr komplexen Wechselwirkungen zwischen Menschen und Planet. Auch werden nur nachwachsende Rohstoffe einbezogen und nicht etwa der Verbrauch von Süßwasser oder Mineralen, die für biologische Kreisläufe wichtig sind.

Trotz dieser Defizite ist der Erdüberlastungstag laut dem Umweltbundesamt ein wichtiges Hilfsmittel, um ein "Gesamtbild über die Nachhaltigkeit unserer Lebensweise zu erhalten". Und vor allem auch, um die Nachhaltigkeit der Lebensweise verschiedener Länder in Relation zu setzen.

China erreicht Limit im Juni

Denn auch für viele andere Länder berechnet Global Footprint Network den Erdüberlastungstag. Die USA etwa haben ihren Erdüberlastungstag bereits Mitte März erreicht. Länder wie Indien oder Kenia überlasten die Erde hingegen überhaupt nicht.

Deutschland liegt gleichauf mit Frankreich im vorderen Viertel – noch vor Japan, Italien und Großbritannien. China erreicht seinen Überlastungstag etwa einen Monat später.

Die Entwicklung des globalen Erdüberlastungstages gibt wenig Grund für Hoffnung. 1970 überstieg der Verbrauch zum ersten Mal die natürlichen Ressourcen. Seitdem datiert der Überlastungstag, abgesehen von wenigen Ausnahmen, jedes Jahr ein paar Tage früher. Noch zur Jahrtausendwende wurde der Stichtag mit dem 23. September fast zwei Monate später als letztes Jahr erreicht.

In Deutschland hat sich vom letzten auf dieses Jahr nichts verändert. Also immerhin nicht verschlechtert, könnte man meinen. Aber angesichts des von Klimawissenschaftler:innen immer wieder betonten Zeitdrucks ist das sicherlich kein Grund zu feiern.

Um den Ressourcenverbrauch zu senken, können alle aktiv werden. Wie es geht, ist eigentlich bekannt – vegetarische oder vegane Ernährung, Zug statt Flugzeug oder Auto und so weiter. Die Verantwortung darf allerdings nicht hauptsächlich auf Privatpersonen abgewälzt werden, sagt Bals von Germanwatch. Politik und Wirtschaft stünden in der Pflicht.

Bals: "Ohne veränderte Rahmenbedingungen und neue Geschäftsmodelle können Konsumenten kaum handeln."

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