Abgesehen von dem 1.100-Megawatt-Block Datteln 4 will der Energiekonzern Uniper seine restlichen Kohlekraftwerke in Deutschland bis 2025 abschalten – und sich den Ausstieg per Steinkohle-Auktion noch möglichst vergolden lassen.
"Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Diskussionen über den Kohleausstieg in Deutschland hat Uniper sich entschieden, Verantwortung zu übernehmen und einen signifikanten Beitrag zum Erreichen der CO2-Reduktionsziele zu leisten", verkündete das Unternehmen im Januar 2020.
Für das Nachbarland Niederlande gilt die von Uniper beanspruchte Übernahme von Verantwortung offenbar nicht. Das Unternehmen, das dem finnischen Staatskonzern Fortum gehört, zieht gegen das niederländische Kohleausstiegsgesetz vor Gericht, wie es am Freitag publik machte.
Ab Anfang 2030 darf in den Niederlanden keine Kohle mehr verstromt werden. Zu dem Schritt sah sich die Regierung nach einem höchstrichterlichen Urteil gezwungen, das eine Anpassung der Klimaziele an das Paris-Abkommen verlangte. Betroffen ist nun davon auch das Uniper-Kraftwerk Maasvlakte 3 bei Rotterdam mit 1.070 Megawatt Leistung.
2016 offiziell in Betrieb genommen, kann die Anlage nach Uniper-Angaben für die Jahre bis 2030 nicht mehr auf andere Energieträger umgestellt werden. Deswegen müsse Uniper den Block nach nur rund 15 Jahren Betrieb stilllegen, ohne dass es dafür eine Entschädigung vom niederländischen Staat gebe. Die ist im dortigen Kohleausstieg nicht vorgesehen.
Deswegen und weil das Unternehmen seine Eigentumsrechte nicht wahrnehmen könne, hält Uniper das niederländische Gesetz für unausgewogen. Dabei ist Maasvlakte nach Ansicht von Uniper-Chef David Bryson "der perfekte Ort", um grünen Wasserstoff herzustellen.
Uniper strebe nun ein "Urteil durch unabhängige Gerichte" an, um klären zu lassen, ob das Gesetz ohne die Entschädigung "legitim" sei. Als ersten Schritt hat Uniper vor einem Gericht in Den Haag eine Klage gegen den niederländischen Staat eingereicht.
Fossile Fehlinvestitionen mit Steuergeld kompensieren?
Eine Klage vor dem Weltbank-Schiedsgericht ICSID in Washington soll in der kommenden Woche folgen, wie ein Konzernsprecher ankündigte. Möglich ist das aufgrund des Energiecharta-Vertrages, der 1998 in Kraft trat und dem über 50 Staaten beigetreten sind, auch Deutschland und die EU.
Mit dem Rückgriff auf den Energiecharta-Vertrag hat der Uniper-Eigner Fortum für Sebastian Rötters von der Umweltorganisation Urgewald "sein wahres Gesicht gezeigt". Der Energiewirtschaftsexperte macht darauf aufmerksam, dass Fortum erst vor wenigen Tagen die Führung bei Uniper ausgetauscht hat.
Rötters: "Mit den Fortum-Managern am Steuer verklagt Uniper nun den niederländischen Staat wegen seines mit Ach und Krach Paris-kompatiblen Kohleausstiegs." Die Kohle-Investitionsentscheidungen bei Uniper wolle Fortum nun offenbar mit Steuergeldern kompensieren.
Vor zwei Monaten hatte bereits RWE die Niederlande wegen des Kohleausstiegs verklagt. Der deutsche Stromkonzern betreibt dort zwei Steinkohlekraftwerke, in Geertruidenberg südöstlich von Rotterdam sowie in Eemshaven an der Nordseeküste. Diese müssen nach dem niederländischen Ausstiegsplan 2025 und 2030 vom Netz gehen. Das erste Kraftwerk läuft seit 1994, das zweite erst seit 2015.
RWE unterstütze die Energiewende im Nachbarland, erklärte der Essener Konzern anlässlich der Klage. Allerdings sehe das vom niederländischen Parlament verabschiedete Gesetz – anders als das deutsche Kohleausstiegsgesetz – "für diesen Eingriff in das Eigentum der Unternehmen keine adäquate Kompensation vor". Das sei nicht rechtens.
Im Unterschied zu Uniper hat RWE seine Klage sofort aufgrund der Energiecharta beim ICSID eingereicht.