Die berühmten Windmühlen von Kinderdijk
Seit Jahrhunderten nutzten die Niederländer die Energie des Windes – wie hier mit den zum Unesco-Kulturerbe zählenden Windmühlen von Kinderdijk. (Foto: Yannick Heinrich/​Wikimedia Commons)

Die Niederlande machen Klimaschutz verbindlich: Nach monatelangen Verhandlungen hat eine parteiübergreifende Initiative im Parlament in Den Haag in dieser Woche ihren Vorschlag für ein Klimaschutzgesetz vorgelegt. Das Gesetz soll die Niederlande zu Emissionsminderungen um 49 Prozent bis 2030 und um 95 Prozent bis 2050 im Vergleich zu 1990 verpflichten. Die Stromerzeugung soll im Jahr 2050 komplett CO2-neutral erfolgen. 

Sollten die Ziele gesetzlich fixiert werden, hätte Europas sechstgrößte Volkswirtschaft eines der ehrgeizigsten Klimaschutzgesetze der Welt. "Der Entwurf eines niederländischen Klimaschutzgesetzes ist ein inspirierendes Beispiel für klimapolitische Führung", kommentierte die frühere UN-Klimachefin Christiana Figueres den Vorstoß der Niederlande.

Das Klimagesetz legt fest, dass die niederländische Regierung alle fünf Jahre einen Plan vorlegen muss, der die wichtigsten klimapolitischen Strategien und Folgeziele der kommenden Jahre enthält. Der Fünfjahresplan soll regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Weiterhin wird ein nationaler "Klimatag" eingerichtet, an dem das Energie- und Klimaministerium über den Fortschritt beim Erreichen der Ziele berichten soll.

2007 hatte die niederländische Regierung ein Treibhausgas-Reduktionsziel von minus 30 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990 festgelegt, aber dieses Ziel wird aller Voraussicht nach verfehlt. Die Planungs- und Berichtspflichten im neuen Gesetz sollen nun gewährleisten, dass das nicht noch einmal passiert. 

"Mit einem ehrgeizigen Langfristziel und einem Mechanismus zur regelmäßigen Zielerhöhung in Einklang mit dem Paris-Abkommen setzen die Niederlande einen neuen Maßstab für Klimaschutzgesetzgebung", so Figueres weiter. Es sei ermutigend zu sehen, dass das Land auch den Ausstieg aus der Kohle und das Ende der Gasförderung plane. "Andere Länder sollten diesem Ansatz folgen", forderte Klimadiplomatin Figueres.

Deutschland will ein entsprechendes Gesetz erst noch erarbeiten. Bis zum nächsten Jahr soll ein Entwurf vorgelegt werden. Beim Petersberger Klimadialog vor knapp zwei Wochen hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gesagt, dass die deutsche Klimapolitik verbindlicher werden muss, um die selbst gesteckten Klimaziele auch zu erreichen.

Erst eine Klimaklage bewegte die Politik zum Handeln

Die Niederlande hatten im Oktober vergangenen Jahres beschlossen, dass die Kohleverstromung bis 2030 auslaufen soll und ein Mindestpreis für CO2 im Stromsektor eingeführt wird. Auch die Förderung von eigenem Erdgas will das Nachbarland beenden.

Allerdings brauchte die Politik erst einen Gerichtsbeschluss, bevor sie sich für wirksamen Klimaschutz einsetzte: Im Juni 2015 hatte ein Gericht in Den Haag die niederländische Regierung zu mehr Klimaschutz verpflichtet. In dem Urteil erklärten die Richter die bisherigen Bemühungen der Niederlande für unrechtmäßig schwach. Die Niederlande, so urteilte das Gericht, würden ihrer Verantwortung nicht gerecht, wenn sie bis 2020 nur 17 Prozent Emissionen gegenüber 1990 einsparen.

Klimaschutzgesetze weltweit

Als erstes Land überhaupt hat Großbritannien vor zehn Jahren ein Klimaschutzgesetz verabschiedet. In Europa haben auch Dänemark, Finnland, Frankreich, Norwegen und Schweden ein entsprechendes Gesetz.

Das Klimaschutzgesetz von Mexiko sieht eine Reduktion der Emissionen bis 2050 um 50 Prozent im Vergleich zu 2000 vor.

Das Klimaschutzgesetz geht auf eine Initiative der grünen Partei Groen-Links und der sozialdemokratischen PvdA aus dem vergangenen Jahr zurück. Auch die sozialistische SP sowie die Regierungskoalition aus linksliberaler D66, den christlich-demokratischen Parteien CU und CDA sowie der rechtsliberalen VVD schlossen sich der Initiative an. 

Der Gesetzesvorschlag soll nun dem niederländischen Staatsrat, der die Regierung und das Parlament berät, vorgelegt werden. In dem Rat sitzen Mitglieder des Königshauses sowie von der Krone ernannten Mitglieder mit politischem oder militärischem Verdienst. Die Empfehlung des Rats wird zum Ende der Sommerpause erwartet.

Danach wird das Gesetz im Parlament beraten – zunächst im Unterhaus, in dem die sieben Parteien eine bequeme Mehrheit haben. Aufgrund der breiten Unterstützung für das Klimaschutzgesetz wird erwartet, dass es auch den niederländischen Senat, das Oberhaus, passieren wird. Damit könnte das Gesetz spätestens in einem Jahr erlassen werden.

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