Umweltpolitik wird in Deutschland seit über einem halben Jahrhundert betrieben. Die neueste Bilanz dazu zeigt große Erfolge, aber auch Schattenseiten.
Laut dem jetzt vorgelegten "Umweltmonitor 2024" des Umweltbundesamtes (UBA) wurden beim Ausstoß von Luftschadstoffen und Treibhausgasen positive Trends erreicht. In vielen anderen Bereichen gibt es noch großen Handlungsbedarf, etwa bei der Gewässerreinhaltung oder beim Straßenlärm, der die Gesundheit der dort Wohnenden unmittelbar beeinflusst.
In dem Umweltmonitor werden zehn zentrale Themenfelder abgebildet – von Luft über Klima, Energie und Verkehr bis hin zu Wasser. Anhand von jeweils drei Schlüsselindikatoren wird die Entwicklung des Umweltzustands mit den jeweiligen politischen Zielen verglichen, wie sie etwa in EU-Richtlinien oder der bundesdeutschen Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt sind. Eine Farbskala – grün, gelb, orange, rot – veranschaulicht, wie gut die Umsetzung bisher gelingt.
Luft
Beim Thema Luftschadstoffe sieht es insgesamt positiv aus. Der Monitor steht hier aktuell auf Grün. So ging der Index der fünf wichtigsten Luftschadstoffe, darunter Stickoxide und Feinstaub, zwischen 2005 und 2021 im Schnitt um 34 Prozent zurück. Die Bundesrepublik hält damit die Vorgaben der EU-Luftreinhalterichtlinie für das Jahr 2020 ein.
Verfehlt wurden allerdings neuen Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation WHO für die Luftgüte in Ballungsgebieten und für die Belastung der Menschen durch Feinstaub mit einer Partikelgröße von bis zu 2,5 Mikrometern. Diese Ziele sind bisher nicht verbindlich.
Da aber das nächste EU-Luftschadstoffziel für 2030 ambitioniert ist, muss die Umweltpolitik laut UBA noch besser werden. Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass der Schadstoffausstoß um 45 Prozent unter dem Niveau von 2005 liegen muss.
Erforderlich sind laut dem Bundesamt vor allem zusätzliche Maßnahmen zur Minderung der Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft. Aber auch in den Bereichen E‑Mobilität und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, bei der Gebäudesanierung und bei den Feinstaubemissionen aus Öfen und Kaminen müssten deutliche Fortschritte erzielt werden.
Klima
Gute Nachrichten gibt es auch beim Klimaschutz. Der Treibhausgas-Ausstoß wird derzeit mit "grün" bewertet, nachdem es 2023 gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang der Emissionen um gut zehn Prozent auf 674 Millionen Tonnen gab – das ist die stärkste Minderung seit 1990.
Gründe waren der gestiegene Anteil erneuerbarer Energien, ein Rückgang der fossilen Energieerzeugung und eine gesunkene Energienachfrage bei Wirtschaft und Haushalten. Mit einem ambitionierten Ausbau der Ökoenergien – aktuelle Bewertung gelb – sind die nationalen Klimaziele bis 2030 laut UBA insgesamt erreichbar.
"Allerdings ist der Verkehrssektor nicht auf Kurs und muss beim Klimaschutz deutlich nachsteuern", moniert das Amt.
Ressourcen
Bei der Ressourcenschonung geht es dagegen kaum voran. Der "Rohstoff-Fußabdruck", das heißt die Nutzung von Primärrohstoffen pro Kopf, hat sich laut dem Monitor zwischen 2010 und 2021 nur um ein Prozent verringert. "Der deutsche Rohstoffkonsum ist im internationalen Vergleich zu hoch und soll sinken", so die Bewertung.
Das Aufkommen von Abfällen aus Haushalten, Gewerbe und Verwaltungen ist seit 2010 sogar angestiegen und lag 2021 bei 51,8 Millionen Tonnen. Um den Ressourcenverbrauch zu verringern, müssten diese sogenannten Siedlungsabfälle zurückgehen, schreibt das UBA.
Wasser
Besonders deutliche Defizite zeigen sich laut dem Monitor im Bereich Wasser. Alle drei Indikatoren stehen hier auf Rot.
So wird etwa der Grenzwert für Nitrat im Grundwasser seit Jahren an etwa jeder sechsten Messstelle überschritten, unter anderem wegen Überdüngung durch die Landwirtschaft.
Negativ sieht es auch beim Indikator "Kunststoffmüll in der Nordsee" aus. Immer noch gelangen große Mengen Müll in das Meer, wo Plastik nur sehr langsam abgebaut wird.
Sehr problematisch ist auch der Zustand der Bäche und Flüsse. Nur rund acht Prozent waren 2021 in einem "guten" ökologischen Zustand oder hatten ein gutes ökologisches Potenzial. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie schreibt vor, dass das bis 2027 für alle Flüsse gelten soll.
Gesundheit
Bei anderen Indikatoren des Monitors steht die menschliche Gesundheit im Fokus. Hier zeigt unter anderem das Orange bei "Belastung der Bevölkerung durch Verkehrslärm", dass Straßenverkehrslärm das Leben vieler Menschen beeinträchtigt.
Nach der Lärmkartierung von 2022 sind zu Beispiel nachts rund 17 Prozent der Bevölkerung von gesundheitsschädlichem Lärm betroffen. An der Situation habe sich in den letzten Jahren "nur wenig verbessert", so das UBA. Zusätzliche Anstrengungen seien "klar erforderlich".
UBA-Chef Dirk Messner resümierte: "Der Umweltmonitor zeigt: Ambitionierter Umwelt- und Klimaschutz stärkt unsere Ökosysteme und unsere Gesundheit. Treibhausgasemissionen sinken, Luftschadstoffe sind stark zurückgegangen."
Der Bericht zeige aber auch den Nachholbedarf, so Messner. "Die Verunreinigung unserer Gewässer etwa ist eine immense Herausforderung für die kommenden Jahre. Beim Straßenlärm, der unsere Gesundheit unmittelbar beeinflusst, gibt es kaum Fortschritte."