Häuser in Tübingen, gespiegelt in Wasser
Städte sollen "wassersensibel" werden. Bundeseinheitliche Vorschriften soll es aber nicht geben. (Foto: Herbert Bieser/​Pixabay)

Deutschland ist eigentlich ein wasserreiches Land. Doch drei Dürrejahre in Folge mit ausgetrockneten Wäldern und Äckern, Waldbränden, anhaltendem Niedrigwasser in Flüssen und Seen sowie akutem Wassermangel in einigen Regionen haben Politik und Gesellschaft aufgeschreckt. Im vergangenen Sommer äußerten mehr als drei Viertel der Bürger:innen große oder sehr große Sorgen wegen der anhaltenden Trockenheit.

Mit fortschreitendem Klimawandel wird sich das Problem weiter verschärfen. Wasser wird zum knappen Gut. Auch die bisherige Nutzungspraxis, die darauf abzielte, Wasser schnell abfließen zu lassen, statt es in der Landschaft zu halten, trägt dazu bei. Heute, sagen Fachleute, muss es darum gehen, Wasser länger und kaskadenartig zu nutzen.

Mit einer "Nationalen Wasserstrategie" will Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nun erstmals Wasser als "das Lebensmittel schlechthin" besser schützen. Schulze stellte ihre Pläne, denen ein aufwendiger zweijähriger Dialogprozess mit Wasserwirtschaft und Bürger:innen vorausgegangen war, am heutigen Dienstag vor.

Mit den Kommunen will das Umweltministerium Konzepte erarbeiten, wie Flächen entsiegelt und Gewässer renaturiert werden können, damit Landschaften und Böden als natürliche Rückhalteräume bei Hochwasser und als Speicher für niederschlagsarme Phasen fungieren können.

Wasser- und Abwasserleitungen, die in Deutschland zusammengenommen über eine Million Kilometer lang sind, sollen modernisiert und an den Klimawandel angepasst werden. Drei Milliarden Euro pro Jahr sind laut Schulze für den Um- und Ausbau der Infrastruktur nötig.

In Land- und Forstwirtschaft soll künftig das Leitbild einer gewässerschonenden Landnutzung gelten. Städte sollen "wassersensibel" werden und beispielsweise Regenwasser besser nutzen, statt es einfach nur abzuleiten, was die Leitungsnetze bei Starkregen immer wieder überfordert.

Bei Wasserknappheit, zu der es in Zukunft regional häufiger kommen dürfte, soll es künftig Regeln geben, wer wann und wo Vorrang hat – eine "Wassernutzungshierarchie". Der persönliche Trinkwasserbedarf müsse Priorität haben, sagte Schulze. Die Kriterien will sie gemeinsam mit den Bundesländern und allen wichtigen Wassernutzern erarbeiten, um keinesfalls "von oben herab" Vorschriften zu machen.

Bisher nicht mit Ressorts und Ländern abgestimmt

Dennoch gab es in diesem Punkt bereits Kritik, noch bevor die Wasserstrategie öffentlich vorgestellt wurde. "Die Wasserversorgung ist auf Ebene der Kommunen sehr gut aufgehoben", ließ der Stadtwerke-Verbund VKU wissen. "Einheitliche Vorgaben aus Berlin sind dazu nicht nötig."

Wasser endlich wieder zum Thema zu machen, sei gut. Doch: "Wir sollten bei unseren bewährten Grundsätzen bleiben." Ähnlich hatte sich bisher auch der Koalitionspartner Union geäußert.

Auch die Verschmutzung der Gewässer will die Wasserstrategie systematisch verringern. Dies fordert bereits die Wasserrahmenrichtlinie der EU, nach der spätestens 2027 alle Gewässer in einem guten ökologischen Zustand sein müssen. Das ist in Deutschland längst nicht der Fall. Zudem ist ein Drittel des Grundwassers hierzulande mit Nitraten und Pflanzenschutzmitteln aus der Intensivlandwirtschaft belastet.

Um die Widerstandsfähigkeit gegen die Klimakrise zu erhöhen und die Verschmutzung der Gewässer zu reduzieren, plant Schulze zudem ein Aktionsprogramm. Dafür sollen in den nächsten zehn Jahren jeweils 100 Millionen Euro ausgegeben werden, also insgesamt eine Milliarde.

Damit sollen etwa auch Abwässer künftig besser überwacht werden, um beispielsweise die Belastung mit multiresistenten Keimen zu ermitteln und Trendaussagen zur Entwicklung von Pandemien zu bekommen.

Umweltverbände begrüßen die Strategie, üben aber auch Kritik. Ohne einen Kurswechsel in der Agrarpolitik sei ein besserer Schutz der Ressource Wasser nicht zu erreichen, hieß es von der Deutschen Umwelthilfe (DHU).

Bisher ist die Wasserstrategie allerdings weder im Kabinett noch mit den Bundesländern abgestimmt. Ob hier bis zur Bundestagswahl im September noch etwas passiert, steht dahin. Was die nächste Bundesregierung mit Schulzes Entwurf machen wird, ebenso.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar: Sorgenfall Wasser

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