Blick auf smogbelastete Metropole Shanghai in China

In Asiens Metropolen wie hier in Shanghai ist das Smogproblem besonders groß – inzwischen versucht zumindest die chinesische Regierung konsequenter gegenzusteuern. (Foto: Brian Bukowski/​Flickr)

Feinstaub, Stickoxide, Ozon – diese Schadstoffe sind weltweite Killer. Neun von zehn Menschen auf der Erde müssen ständig Luft atmen, die zu stark belastet ist. Jedes Jahr sterben Millionen Menschen vorzeitig an Krankheiten, die dadurch ausgelöst werden. Das zeigt eine neue Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO, die jetzt veröffentlicht wurde.

"Luftverschmutzung trifft uns alle, aber die ärmsten und am stärksten marginalisierten Menschen tragen die Hauptlast", warnte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom. Obwohl es durchaus Gegenmaßnahmen gibt, verbessert sich die Lage vielerorts nur langsam.

Der gefährlichste Luftschadstoff ist der Feinstaub, den die WHO allein für rund sieben Millionen Todesfälle jährlich verantwortlich macht. Hauptquelle für die Mikro-Partikel sind offene Kochstellen in armen Haushalten in Entwicklungsländern, hinzu kommen der Verkehr, Kohlekraftwerke sowie die Industrie.

Dass das offene Verbrennen von Holz und anderer Biomasse zu schweren Gesundheitsschäden führen kann und energetisch ineffizient ist, ist ein altbekanntes Problem. Doch noch immer sind laut der Studie über drei Milliarden Menschen, also fast die Hälfte der Weltbevölkerung, darauf angewiesen, um warmes Essen bereiten zu können. Es sei untragbar, dass so viele Menschen "täglich tödlichen Rauch einatmen, der von den Öfen und Kochern in ihren Häusern stammt", sagte der WHO-Chef. Die meisten von ihnen seien Frauen und Kinder.

Am häufigsten betroffen von der ungesunden Luft ist die Bevölkerung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, vor allen in Afrika und Asien, aber auch in ärmeren Staaten im Nahen Osten, Europa und Amerika. In fast allen Megacitys der Erde werden die von der WHO empfohlenen Grenzwerte regelmäßig um mehr als das Fünffache überschritten.

Zu den besonders stark belasteten "Smog-Hauptstädten" gehören Neu-Delhi, Peking, Dhaka und Kairo. Hier gehen die Menschen teilweise nur noch mit Atemschutz auf die Straße.

Grenzwerte auch in "reichen" Ländern überschritten

Allerdings gibt es Grenzwert-Überschreitungen auch in den größtenteils reichen Industrieländern. So liegen die Feinstaub- und Stickoxid-Konzentrationen in vielen deutschen Großstädten über dem Limit weswegen nun Fahrverbote für ältere Diesel-Pkw und solche mit "Schummel-Software" drohen, deren Stickoxid-Reinigung regelmäßig abgeschaltet wird. Laut WHO sinkt die durchschnittliche Lebenserwartung auch in den reichen europäischen Industriestaaten messbar durch die Luftverschmutzung, nämlich je nach Region um zwei bis 24 Monate.

Die Folgen der dreckigen Luft auf die Gesundheit sind vielfältig, sie gilt als Auslöser unter anderem von Herzinfarkten und Schlaganfällen, Lungenkrebs und chronischen Atemwegserkrankungen. Die WHO schätzt, dass jeweils etwa ein Viertel der Todesfälle durch Herz- und Kreislauferkrankungen sowie durch Schlaganfälle auf ihr Konto gehen, bei Lungenkrebs sind es sogar 29 Prozent.

Aus der Studie

"Von den sieben Millionen vorzeitigen Todesfällen gehen etwa 3,7 Millionen auf Smog in der Umwelt und 4,3 Millionen auf verschmutzte Luft in Innenräumen zurück. Am schlimmsten betroffen sind Entwicklungs- und Schwellenländer Südostasiens sowie des Westpazifiks. Drei Viertel aller Smog-Todesfälle werden in China und Indien registriert. In den Industriestaaten Europas sind jährlich 279.000 Todesfälle von Luftverschmutzung verursacht."

WHO-Chef Tedros sieht trotz des recht düsteren Bildes durchaus Ansätze, die Probleme zu lösen. "Die gute Nachricht: Mehr und mehr Regierungen verpflichten sich dazu, die Luftverschmutzung nicht nur zu messen, sondern auch darauf zu reagieren." So haben weltweit inzwischen mehr Menschen Zugang zu besserer Koch-Technik bekommen, etwa durch Zugang zur Gasversorgung, Strom-Kochstellen oder Biogas-Nutzung.

Bisher hielten die Verbesserungen laut WHO in vielen Teilen der Welt zwar noch nicht Schritt mit dem Wachstum der Bevölkerung, besonders im zentralen und südlichen Afrika. Dass das nicht so bleiben muss, zeigt ein Beispiel aus Indien. Die Regierung in Neu-Delhi hat ein Programm aufgelegt, mit dem innerhalb von nur zwei Jahren 37 Millionen Haushalten der kostenlose Anschluss an die Gasversorgung ermöglicht wurde.

Auch Mexiko erhält ein Lob von der WHO, nämlich für seine Maßnahmen im Verkehr. Das Land hat die Abgas-Grenzwerte für Fahrzeuge gesenkt. Unter anderem sollen dort ab 2025 private Autos mit Diesel-Motor verboten werden.

In Deutschland verschärft sich derweil der Streit darum, wer nötige Hardware-Nachrüstungen älterer Dieselautos bezahlt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz lehnt laut Medienberichten Forderungen aus der Branche und der Union nach Kostenbeteiligungen des Staates ab. Er könne sich nicht vorstellen, dafür Steuergelder auszugeben, sagte der SPD-Minister in Berlin. Dies sei eine privatwirtschaftliche Angelegenheit.

 

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