Ein Bauer prüft die Wasserverfügbarkeit auf seinem Maisfeld.
Der Oberboden hat zurzeit kaum Wasserprobleme, weiter unten sieht es weniger gut aus. (Foto: Budimir Jevtić/​Shutterstock)

Extreme Hitze, eine Sonne, die alles versengte, und eine Mega-Dürre – das war der Sommer 2019. In diesem Jahr ist Deutschland davon verschont geblieben, zumindest bisher. Hoch- und Tiefdruckgebiete wechseln sich ab, ab und an regnet es, und es ist nicht zu heiß.

"Es ist ein typischer mitteleuropäischer Sommer", meint Jacqueline Kernn vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Ein Sommer also, wie wir ihn in den letzten Jahren eher selten hatten. "Und auch in Sachen Niederschlag stehen wir heute nicht allzu schlecht da", so Kernn in ihrem Vergleich der beiden Jahre.

Ist damit alles wieder im grünen Bereich nach den beiden "Jahrhundertsommern" 2018 und 2019? Mitnichten. Es ist immer noch zu trocken in Deutschland, denn der Regen, der nach den sehr niederschlagsarmen Monaten Januar, März und April in den letzten Wochen gefallen ist, in manchen Regionen sogar recht ergiebig, hat bei Weitem nicht ausgereicht, um auch die tiefen Bodenschichten wieder mit Wasser aufzufüllen.

Gravierende Folgen hat das vor allem für die Wälder, in denen die Schäden inzwischen so groß sind wie nie seit Beginn der Erhebungen 1984. Die Bundesregierung spricht von "massiven Schäden an Waldbeständen aller Altersklassen", wie es in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag heißt.

Laut dem Waldzustandsbericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums zeigten 2019 rund 78 Prozent der Bäume eine mehr oder minder starke "Kronenverlichtung", ein Anzeichen für mangelnde Vitalität – ausgelöst durch zu wenig verfügbares Wasser im Boden oder Befall von Schädlingen wie dem Borkenkäfer, der ganze Fichtenbestände dahingerafft hat.

Etwa 500 Millionen junger Bäume vertrockneten zwischen 2016 und 2018, und auch 2019 war die Absterberate laut dem Report "überdurchschnittlich hoch". Besonders betroffen: die Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Laut der Antwort an die Grünen war zwischen Anfang 2018 und Juni 2020 ein Schadholzanfall von 160 Millionen Kubikmetern zu verzeichnen. Rund 245.000 Hektar müssen wiederaufgeforstet werden.

"Das dritte Jahr mit extremer Dürre"

Das ganze Ausmaß der Trockenheit, das den Wäldern zusetzt, zeigt der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Dramatisch ist die Situation besonders im Osten Deutschlands.

Das UFZ-Schaubild für den "Gesamtboden" bis durchschnittlich 1,80 Meter Tiefe ist fast flächendeckend gelb bis dunkelbraun eingefärbt, das bedeutet: "ungewöhnlich trocken" bis "außergewöhnliche Dürre".

Deutschlandkarte: In vielen Regionen vor allem im Nordosten ist der tiefere Boden trocken.
Aktueller Dürremonitor für den sogenannten Gesamtboden bis in etwa 1,80 Meter Tiefe (weiß = normal, gelb = ungewöhnlich trocken, rosa = moderate Dürre, orange = schwere Dürre, rot = extreme Dürre, braun = außergewöhnliche Dürre). (Grafik: UFZ)

Im Westen trifft das für einzelne Regionen vor allem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg zu. Relativ entspannt ist die Lage in einem Großteil von Bayern.

"Es ist das dritte Jahr mit extremer Dürre in Folge", sagt UFZ-Experte Andreas Marx, der den Dürremonitor betreut, "das gab in Deutschland bisher noch nicht." Früher habe man es mit Ausreißer-Einzeljahren zu tun gehabt, zum Beispiel 1911, 1947 oder 1976.

Echte Entspannung sei derzeit für den Gesamtboden nicht in Sicht. Ein paar Tage Regen reichten nicht aus. Das Wasser laufe schnell ab, außerdem verdunste bei warmer Witterung viel davon. Marx: "Wir brauchen zwei Monate oder mehr mit überdurchschnittlichen Niederschlägen. Dann kann sich die Lage wieder normalisieren."

Für die bereits schwer geschädigten Bäume aber käme auch das zu spät. "Man muss wissen: Nur noch jeder fünfte Baum ist derzeit in einem guten Zustand", so der Experte. Waldbesitzerverbände und Umweltorganisationen sprechen längst davon, dass die Lage in den Forsten inzwischen schlimmer sei als in den 1980er Jahren, als durch die hohe Luftbelastung mit Schwefel- und Stickoxiden ein Waldsterben ausgelöst wurde.

Zudem sinken in vielen Bundesländern derzeit die Grundwasserstände, wie die Bundesregierung in der Parlaments-Antwort mitteilt. Die Sommertrockenheit 2018 und 2019 sowie die gebietsweise geringen Winterniederschläge hätten "in einer Reihe von Regionen zu dauerhaft geringen Bodenwasservorräten, absinkenden Grundwasserständen und eine geringen Grundwasserneubildung geführt", heißt es darin.

Besonders betroffen sind danach die ohnehin niederschlagsarmen Ost-Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Aber auch in Regionen mit üblicherweise viel Regen und Schnee, etwa in den Mittelgebirgen und im Bereich der Alpen, mache sich der Trend bemerkbar.

Bewässerung von Feldern wird zum Problem

Für die Landwirtschaft hat sich die Lage nach dem trockenen Frühjahr durch die normal hohen Niederschläge im Juni wieder etwas verbessert. Der UFZ-Dürremonitor für den "Oberboden" bis 25 Zentimeter Tiefe weist starke Trockenheit in deutlich weniger Regionen aus als der für den Gesamtboden.

Deutschlandkarte: In einigen Regionen vor allem recht weit im Westen und Osten ist der Oberboden trocken.
Aktueller Dürremonitor für den Oberboden bis in etwa 25 Zentimeter Tiefe. (Grafik: UFZ)

Teilweise hätten sich Kulturen, die die Bauern schon fast aufgegeben hätten, wieder erholt, zum Beispiel der Winterweizen, erläutert Experte Marx. So starke Einbrüche wie im Trocken- und Hitzejahr 2018, als die Ernten in Deutschland 16 Prozent unter dem Schnitt von 2012 bis 2017 lagen, werden derzeit nicht erwartet.

Die Bundesregierung schließt laut der Grünen-Antwort allerdings nicht aus, dass ein Trend zu mehr Trockenheit in Deutschland den Bewässerungsbedarf in der Landwirtschaft erhöhen könnte, was wiederum Nutzungskonflikte um die Ressource Grundwasser verschärfen würde.

Derzeit sind etwa vier Prozent der Felder mit Bewässerungsanlagen ausgestattet, der Trend ist hier nur leicht steigend. Die Zahlen zur verwendeten Wassermenge für die "Beregnung" zeigen allerdings schon jetzt einen klaren Trend: Während 2007 rund 79 Millionen Kubikmeter Wasser dafür verwendet wurden, waren es 2016 bereits 243 Millionen – eine Verdreifachung. Mehr als drei Viertel der Flächen wurden mit Grundwasser bewässert.

Für die Grünen zeigen Dauertrockenheit und Waldsterben, "wie stark die Folgen der Klimakrise auch in Deutschland spürbar sind". Alle Wirtschaftsbereiche, auch der Agrarsektor selbst, müssten ihr Wirtschaften deutlich stärker verändern als bisher, um die Klimaziele von Paris zu erreichen, sagte die Bundestagsabgeordnete Bettina Hoffmann gegenüber Klimareporter°.

"Wir brauchen aber auch eine klare Strategie, um unsere Umwelt widerstandsfähiger gegen die Folgen der Klimakrise zu machen, die heute schon spürbar sind", so Hoffmann. Sie forderte, regionale Wasserkreisläufe zu stärken. Nötig seien die Wiederherstellung funktionsfähiger Auen, die Renaturierung von Mooren und die Entwicklung naturnaher Laubmischwälder, unter denen sich mehr neues Grundwasser bilden kann.

"Für die Landwirtschaft brauchen wir zudem eine Neuverteilung der öffentlichen Gelder", sagte die Abgeordnete. Damit müsse dafür gesorgt werden, dass nicht weiter die reine Ertragsmaximierung im Vordergrund steht, sondern auch der Aufbau gesunder, humusreicher Böden. Nur diese könnten ausreichend Wasser speichern.