Tote Bäume im Bayerischen Wald
So sieht es im Nationalpark Bayerischer Wald überall da aus, wo der Borkenkäfer zugeschlagen hat. Aufgenommen zwischen der Ortschaft Waldhäuser und dem Lusen. (Foto: Kurt Seebauer/​Wikimedia Commons)

Schon seltsam. Nein, ärgerlich. Sogar fahrlässig. Dem deutschen Wald geht es schlechter als je zuvor in den 35 Jahren, seit die Schäden bundesweit erhoben werden. Doch erfährt man etwas davon?

Nur, wenn man gezielt danach forscht. Keine Pressekonferenz, keine Pressemitteilung, keine Twitter-Meldung. Das Bundes­landwirtschafts­ministerium stellt die Ergebnisse der aktuellen "Waldzustandserhebung" ins Netz. Das war’s. Wer es wissen will, soll halt nachschauen.

Nur noch 28 Prozent der Bäume in Deutschland sind laut dieser Erhebung ohne sichtbare Schäden, also ohne "Kronenverlichtung". Doch es dürfte noch ärger kommen, da die letztjährige Extremdürre noch gar nicht richtig durchgeschlagen hat.

Die Waldschäden werden immer in Juli und August erhoben. 2018 waren da die Folgen der Trockenheit in den Kronen noch kaum sichtbar. Und auch die Borkenkäfer-Invasion, die ganze Fichtenbestände inzwischen dahingerafft hat, stand noch bevor.

Daher heißt es in dem Bericht denn auch, das "volle Ausmaß der Dürreschäden" werde voraussichtlich "erst in der kommenden Vegetationsperiode 2019 sichtbar werden". Eigentlich ein Grund mehr, die Öffentlichkeit wachzurütteln. Aber Fehlanzeige.

Vom "Schaden" zum "Zustand"

Die Zurückhaltung des Ministeriums hat Tradition. Es begann damit, dass der "Waldschadensbericht" am Ende des Jahrzehnts, in dem das "Waldsterben" die Deutschen schockte, orwellianisch umbenannt wurde. Er hieß ab 1989 nur noch "Waldzustandsbericht". Anno 2003 gab sogar die grüne Landwirtschaftsministerin Renate Künast Entwarnung. Das Waldsterben sei gestoppt, die Trendumkehr zum gesunden Wald geschafft, sagte sie damals.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Onlinemagazins Klimareporter°.

Dabei waren die Schadstoff-Emissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft für einen dauerhaft gesunden Wald damals immer noch zu hoch, und die Förster mussten weiter mit Kalkung gegen die Versauerung der Waldböden und die Nährstoff-Ungleichgewichte ankämpfen.

Zudem war klar, dass die zunehmende Erwärmung der Atmosphäre die Stabilität der Forste zusätzlich bedrohen würde.

Heute sind die Emissionen aus der Landwirtschaft – durch Tiermist, Gülle und Ackerböden – die stärksten Waldkiller. Die Umweltorganisation Robin Wood vermutet, das sei wohl ein Grund dafür, dass Agrarministerin Klöckner das Problem unter den Teppich zu kehren versucht. Das hört sich plausibel an. Leider.