Energieeffizienz gilt als wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die Logik ist einfach: Wenn man Autos, Flugzeuge, Heizungen, Industrieanlagen et cetera komplett auf saubere Energien umstellen will, wird man das eher hinbekommen, wenn der Energiebedarf nicht gleichzeitig exorbitant steigt.
Was das bedeutet, hat die Internationale Energieagentur IEA kürzlich in aller Deutlichkeit dargelegt. Die vor 50 Jahren als Wächterin einer sicheren Versorgung mit fossilen Energien gegründete Agentur tritt nun als Fürsprecherin eines deutlichen Kurswechsels auf – für Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts.
Die Agentur fordert: sofortiger Stopp von Investitionen in Kohle, Erdöl und Erdgas, rapider Ausbau erneuerbarer Energien, Zulassungsstopp für Verbrennungsmotoren ab 2035 und eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz bis 2030 um durchschnittlich vier Prozent pro Jahr, etwa das Dreifache des Durchschnitts der letzten beiden Jahrzehnte.
Von einem solchen Wert ist Deutschland sehr weit entfernt. Selbst die sehr viel schwächeren selbst gesteckten Ziele wurden bislang verfehlt. Statt die Endenergieproduktivität bis 2020 um jährlich 2,1 Prozent gegenüber 2008 zu steigern, kam nur ein Effizienz-Plus von durchschnittlich 1,3 Prozent pro Jahr zustande.
Konkret bedeutet das: Der Energieverbrauch ist in absoluten Zahlen kaum gesunken (übrigens seit 1990). Weil aber das Bruttoinlandsprodukt stieg, stieg auch die Produktivität der eingesetzten Energie. Der Begriff setzt den Energieverbrauch ins Verhältnis mit der Wirtschaftsleistung.
Das heißt, mit ungefähr derselben Menge an Energie wurde mehr Wirtschaftsleistung erzielt. Anders gesagt: Die deutsche Wirtschaft wächst, braucht dafür aber nicht mehr Energie.
Damit ist klar, dass Energieeffizienz nicht nur etwas damit zu tun hat, dass man mit Energie sparsam umgeht. Im Kern geht es um die sehr relevante Frage, ob grünes Wachstum überhaupt möglich ist, also ein Wachstum, das, anders als bislang, ohne Naturzerstörung und klimaschädliche Emissionen auskommt.
An dem unscheinbaren Begriff Energieeffizienz hängt somit eine sehr viel größere Frage, nämlich die nach der grundsätzlichen Ausrichtung unseres Wirtschaftssystems.
Wie also positionieren sich die Parteien zur Energieeffizienz? Wie gewichten sie das Thema? Was versprechen sie in ihren Wahlprogrammen?
Gewichtung: Auf 66 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Energieeffizienz nur zweimal vor. Der sehr niedrige Wert ist aber keine Besonderheit der SPD, er findet sich bei allen Parteien.
Inhalt: Die SPD spricht sich für ein "klimaneutrales" und "nachhaltiges" Wachstum aus sowie für eine Steigerung der Energieeffizienz. "Mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien müssen wir Energie zugleich effizienter nutzen", heißt es im Programm. Energieeffizienzziele und -standards sollen weiterentwickelt werden.
Daneben will die SPD "übermäßigem Rohstoffverbrauch" entgegenwirken und die Wirtschaft zur Kreislaufwirtschaft umbauen.
Gewichtung: Auf 140 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Energieeffizienz dreimal vor.
Inhalt: CDU und CSU sprechen sich für ein "nachhaltiges", "intelligentes", "stabiles" und "gutes" Wachstum aus und wollen den "wirtschaftlichen Fortschritt vom Ressourcenverbrauch entkoppeln". Angestrebt wird eine Kreislaufwirtschaft, die sich "lohnt".
Energieeffizienz soll gefördert werden, mit einem Schwerpunkt auf technologische Weiterentwicklung und Innovationen. Im Rahmen einer "Klimaeffizienzreform" sollen Investitionen in Klimatechnologien und Energieeffizienz zur CO2-Reduktion künftig steuerlich besser abgesetzt werden können. Energiebezogene Steuern, Umlagen und Entgelte sollen stärker auf den CO2-Ausstoß ausgerichtet werden.
Gewichtung: Auf 272 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Energieeffizienz nur zweimal vor. Allerdings wird die grundsätzlichere Frage nach dem künftigen Wachstum relativ offensiv behandelt.
Inhalt: Die Grünen wollen "die planetaren Grenzen zum Leitprinzip unserer Politik" machen und das Wachstum damit "in Einklang" bringen. "Entsprechend verändern wir die Wirtschaftsweise, denn auf einem endlichen Planeten kann es kein unendliches Wachstum geben", heißt es.
Energie soll als "wertvolles Gut" angesehen werden, "mit dem wir sparsam und effizient umgehen müssen". Der Zusammenhang zum Klimaschutz wird betont: "Je weniger Energie benötigt wird, desto schneller schaffen wir 100 Prozent Erneuerbare, erreichen die Klimaziele und sparen Kosten für Energieinfrastruktur".
Auch die Grünen sprechen sich für eine Kreislaufwirtschaft aus und fordern einen effizienten Materialeinsatz, der den Energiebedarf reduziert. Digitale und datengetriebene Innovationen sollen den Energie- und Ressourcenverbrauch besser reduzieren helfen. Suffizienz soll unterstützt werden.
Strompreisvergünstigungen für Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sollen an die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen geknüpft werden.
Bei der Städtebau- und Gebäudeplanung soll künftig der gesamte Stoff- und Energieverbrauch für Bau, Betrieb und späteren Rückbau berücksichtigt werden.
Gewichtung: Auf 68 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Energieeffizienz nur zweimal vor.
Inhalt: Die FDP will mehr und "anhaltendes" Wachstum und spricht sich für eine "konsequente Digitalisierung" aus, um "Energieeffizienzpotenziale" heben – sowohl bei der Energiewende durch "smarte Anwendungen" wie "Smart Meter" und "Smart Grids" als auch im privaten Bereich, "zum Beispiel bei der Wärme- und Beleuchtungssteuerung sowie beim autonomen Fahren".
Gewichtung: Auf 168 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Energieeffizienz nur zweimal vor. Allerdings wird die Begrenztheit der Ressourcen noch deutlicher als bei den Grünen thematisiert.
Inhalt: Die Linke spricht sich für einen sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft aus, der sich an den "physikalischen Grenzen unseres Planeten" orientiert. "Statt einer Wirtschaft, die für Profite arbeitet, brauchen wir eine Wirtschaft, die klaren sozialen und ökologischen Zielen folgt, die mit den verbleibenden Ressourcen haushalten kann und die für die Bedürfnisse der Menschen arbeitet", heißt es im Programm.
Grüne Technologien sieht die Linke als "Teil des sozialökologischen Systemwechsels", sie seien jedoch nicht ausreichend, um "die Naturzerstörung zu stoppen". Ressourcenverbrauch und Emissionen sollen daher von der Politik mit verbindlichen Obergrenzen gedeckelt und abgesenkt werden.
Bis 2025 soll es einen "bundesweiten Klimacheck aller Gebäude" geben. Deren energetische Sanierung bis 2035 soll sich an Stufenplänen orientieren, "die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt flexibel zu erreichende Energieeffizienzniveaus zum Inhalt haben".
Für digitale Endgeräte soll es gesetzliche Vorgaben zu Mindestlebensdauer, Energieeffizienz und Reparierbarkeit geben.
Gewichtung: Auf 210 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Energieeffizienz ein einziges Mal vor, jedoch nur, um die Förderung von Energieeffizienzhäusern zu kritisieren.