Ein Traktor fährt über ein Feld
Die Landwirtschaft gehört zu den Bereichen, in denen viel zu wenig Klimaschutz stattfindet. (Foto/​Ausschnitt: Herbert Bieser/Pixabay)

In der Klimapolitik gelten Energiewirtschaft und Verkehr als die großen und entscheidenden Baustellen. Die Landwirtschaft hingegen findet bislang wenig Beachtung. Das Thema taucht nur selten und am Rande auf.

Diese Leerstelle in der öffentlichen Debatte ist ein ernsthaftes Problem. Denn im Agrarsektor steht es in Sachen Klimaschutz keineswegs zum Besten. Ganz im Gegenteil.

Der Anteil der Landwirtschaft an den deutschen Treibhausgasemissionen liegt derzeit bei gut acht Prozent. Den allergrößten Teil davon machen Methan- und Lachgas-Emissionen aus Viehhaltung und Düngemitteleinsatz aus. Das Klimagas CO2 spielt kaum eine Rolle.

Acht Prozent, das klingt erst mal nach relativ wenig. Ist es aber nicht.

Von der Größenordnung her ist die Klimalast der Landwirtschaft vergleichbar mit den prozessbedingten Emissionen der Industrie, die aktuell bei 7,9 Prozent liegen. Doch während hier seit dem Basisjahr 1990 knapp 40 Prozent Einsparung zustande kamen, schaffte die Landwirtschaft lediglich ein Minus von 21 Prozent (die aktuellen Zahlen zu den Emissionen Deutschlands sind hier zu finden).

Dadurch, dass die Landwirtschaft in den letzten 30 Jahren weniger reduziert hat als andere Sektoren, steigt ihr Anteil an den Gesamtemissionen. 1990 lag er noch bei sechs Prozent. Und der Anteil wird weiter steigen, wenn beim Klimaschutz in der Landwirtschaft künftig nicht mehr Tempo gemacht wird.

Vermutlich liegt er auch heute schon über den genannten acht Prozent. Denn bei der Berechnung werden beispielsweise Emissionen aus Landnutzungsänderungen gar nicht berücksichtigt.

Dazu kommt: Die hochgradig intensivierte Landwirtschaft vermindert die Fähigkeit der Natur, als Klimaschützer zu fungieren. Durch die industrielle Bewirtschaftung von Böden und Wäldern können diese weniger Kohlenstoff binden. Die Artenvielfalt nimmt weiter ab. Das Grundwasser wird durch übermäßigen Düngemitteleinsatz belastet – um nur die wichtigsten Auswirkungen zu nennen.

Wie also stellen sich die Parteien die Zukunft der Landwirtschaft vor? Wie gewichten sie das Thema? Was versprechen sie in ihren Wahlprogrammen?

SPD

Gewichtung: Auf 66 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Landwirtschaft nur siebenmal vor. Der sehr niedrige Wert zeigt, dass die SPD Landwirtschaft nicht als ihr Kernthema sieht. Tatsächlich gab es in der Geschichte der Bundesrepublik nur zwei sozialdemokratische Landwirtschaftsminister mit zusammen kaum mehr als zwei Jahren Amtszeit. Selbst FDP und Grüne kommen mit 13 respektive fünf Amtsjahren auf deutlich mehr.

Inhalt: Die SPD sieht die Landwirtschaft in einer "zentralen Rolle" bei der Bekämpfung des Klimawandels und dem Erhalt der Artenvielfalt. Die Agrarförderung soll auf eine umweltschonende und zugleich konkurrenzfähige Landwirtschaft ausgerichtet werden, "weg von der Flächenförderung, hin zu einer Förderung, die an Kriterien für Klima, Natur- und Umweltschutz und Tierwohl gebunden ist". Bis wann und in welchem Umfang dies geschehen soll, führt das Programm nicht aus.

Der Einsatz von Dünger und Pestiziden soll reduziert werden. Zudem sollen Schutz und Wiedervernässung von Mooren "im großen Stil" ein Schwerpunkt sein. In der Nutztierhaltung will die SPD eine flächenbezogene Obergrenze einführen und den Antibiotikaeinsatz reduzieren.

Der Begriff Ökolandbau kommt im Programm zwar nicht vor. Jedoch kündigt die SPD an, "insbesondere kleinbäuerliche und agrarökologische Landwirtschaft" zu fördern. Zudem soll verhindert werden, dass der Boden "als wichtigstes Gut in der Landwirtschaft" Spekulationsobjekt wird, indem er vor Investoren ohne Agrarbezug geschützt wird.

CDU CSU

Gewichtung: Auf 140 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Landwirtschaft 41-mal vor. Das ist deutlich mehr als bei allen anderen Parteien und unterstreicht, dass die Union die Landwirt:innen als ihre angestammte Wähler:innengruppe ansieht. Insgesamt zwölf Agrarminister:innen haben CDU und CSU bislang gestellt, die zusammen auf sage und schreibe 51 Amtsjahre kommen.

Inhalt: Die langjährige Dominanz der Unionsparteien in der Agrarpolitik kommt in ihrem Wahlprogramm klar zum Ausdruck. Anders gesagt: Wüsste man nicht, dass CDU und CSU die deutsche Landwirtschaftspolitik über Jahrzehnte geprägt haben wie niemand sonst, wäre das entsprechende Kapitel mehr oder weniger unverständlich.

Einen Sinn ergibt die teilweise zusammenhanglose Aneinanderreihung von Aussagen nur unter der Annahme, dass die bisherige Politik verteidigt werden soll. So steht beispielsweise das Lob von Unternehmertum, Ertragssteigerungen und mehr Wertschöpfung unvermittelt neben der Kritik an "dem Hamsterrad der permanenten Effizienzsteigerung unter Industriebedingungen".

Der enorme Handlungsdruck, der in der Realität besteht, wird mit keinem Wort erwähnt. Wohin es in Zukunft gehen soll, bleibt unklar und wird lediglich mit interpretationsoffenen Statements abgehandelt wie "Wir begleiten die Landwirtschaft verlässlich beim ökologischen Wandel", die man auch als Abwehrlinie gegen den Wandel auffassen kann.

Viele Passagen lesen sich wie eine direkte Ansprache an die Landwirt:innen. "Wir stehen an der Seite unserer Bäuerinnen und Bauern", heißt es etwa. Oder auch: "Wir wenden uns strikt gegen ungerechtfertigte Feindseligkeit, pauschale Verurteilungen und Mobbing von Landwirtinnen, Landwirten und deren Kindern."

Natur-, Klima-, Arten- und Moorschutz werden im Programm erwähnt, jedoch unter dem Gesichtspunkt, dass dabei neue Einkommensmöglichkeiten für die Landwirt:innen entstehen können. Konkrete Zielvorgaben fehlen.

Bündnis 90/Die Grünen

Gewichtung: Auf 272 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Landwirtschaft 26-mal vor, von Ökolandbau ist dreimal die Rede. Gemessen an der hohen Seitenanzahl ist der Wert eher niedrig.

Inhalt: Die Grünen wollen "eine andere Landnutzung", die dabei hilft, "die Krise der Artenvielfalt zu überwinden und das massenhafte Artensterben zu beenden" hilft. Ziel ist eine "vielfältige Kulturlandschaft". Der Verbrauch von Boden in Natur und Landwirtschaft soll "deutlich vor 2030" auf unter 30 Hektar pro Tag reduziert werden. Der Einsatz von Pestiziden soll reduziert, Glyphosat sofort verboten werden.

Bei den Agrarsubventionen sollen die Direktzahlungen schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie abgelöst werden, die Landwirt:innen für Umweltleistungen erhalten sollen. Bis 2028 soll es mindestens die Hälfte der Gelder sein. Vielfältige Fruchtfolgen und resiliente Anbausysteme wie Agroforst sollen gestärkt, Stickstoffüberschüsse deutlich verringert werden.

Ökolandbau soll "umfangreich" gefördert werden. Bis 2030 soll der Anteil auf 30 Prozent anwachsen. Die Agrarforschung für eine Ökologisierung der Landwirtschaft wollen die Grünen "deutlich" ausweiten.

Für Moore sieht das Grünen-Programm ein Renaturierungsprogramm sowie den strengen Schutz intakter Moore vor. Extensive Weidewirtschaft und Paludikultur sollen gestärkt, eine nachhaltige nasse Landwirtschaft auf genutzten Moorböden ermöglicht werden.

Bei der Nutztierhaltung sprechen sich die Grünen dafür aus, dass "deutlich weniger" Tiere gehalten werden. Der Umbau der Tierhaltung soll per "Tierschutzcent" finanziert werden. Neue Ställe sollen nur nach den Vorgaben der EU-Ökoverordnung genehmigt werden.

FDP

Gewichtung: Auf 68 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Landwirtschaft elfmal vor. Der niedrige Wert liegt nur wenig über dem der SPD.

Inhalt: Die FDP, die in ihrem Landwirtschaftskapitel auch Angeln, Fischerei und Jagd abhandelt, will "eine zukunftsorientierte Landwirtschaft, die sich rechnet". Dafür sollen die EU-Agrarsubventionen sukzessive abgebaut werden, um Landwirt:innen "unabhängig von Agrarzahlungen" zu machen. Für wirtschaftlichen Erfolg soll der digitale Fortschritt in der Landwirtschaft, Stichwort "Smart Farming", sorgen. Konkrete Angaben dazu macht das Programm nicht.

Die Linke

Gewichtung: Auf 168 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Landwirtschaft 21-mal vor. Das ist ein hoher Wert, auch in Relation zur hohen Seitenanzahl.

Inhalt: Die Linke will die EU-Agrarpolitik "grundlegend" reformieren. Ab der kommenden Förderperiode 2028 sollen nur noch Betriebe Direktzahlungen bekommen, die "wissenschaftlich fundierte Umwelt- und Sozialkriterien" sowie Tierschutzkriterien erfüllen. Exportsubventionen für landwirtschaftliche Produkte will die Linke beenden.

Gefördert werden sollen Anbausysteme, die Klima, Böden, Tiere und Pflanzen besonders schützen, wie Ökolandbau (der auf 25 Prozent anwachsen soll), Paludikulturen, Permakultur, Agroforstsysteme, tief wurzelnde Nutzpflanzen. Bis "spätestens 2030" soll der Einsatz von Pestiziden halbiert, Glyphosat und Neonicotinoiden verboten werden. Biodiversitäts- und Naturschutzziele will die Linke verbindlich in andere Politikbereiche integrieren.

Wie die SPD spricht sich die Linkspartei eine Reduktion der Nutztierbestände aus, mit Obergrenzen, die sich an der Fläche orientieren. An den Umbaukosten von Ställen will die Partei die "bisher profitierenden Konzerne angemessen beteiligen".

Den Aufkauf großer landwirtschaftlicher Betriebe durch agrarfremde Investoren will die Linke, ähnlich der SPD, verhindern.

afd

Gewichtung: Auf 210 Seiten Wahlprogramm kommt der Begriff Landwirtschaft siebenmal vor. Ein zahlenmäßig höherer Wert kommt dadurch zustande, dass der Begriff auf den entsprechenden Kapitelseiten jedesmal als Dachzeile auftaucht.

Inhalt: Die AfD will aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU aussteigen und den Politikbereich renationalisieren.

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