Einen Rekord dürfte die neue Bundesregierung schon sicher haben: Es wird die wohl heißeste Legislaturperiode seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Schon in diesem Frühjahr jagt ein Klimarekord den nächsten. Extreme Trockenheit hier und Überschwemmungen anderswo in Europa sind längst keine Ausnahmen mehr.
Doch obwohl sich der Klimawandel tagtäglich meldet, scheint ganz Deutschland ihn vergessen zu haben. Laut der aktuellen Umweltbewusstseinsstudie der Bundesregierung halten nur noch 54 Prozent den Umwelt- und Klimaschutz für sehr wichtig.
Die gleiche Klima-Ignoranz spiegelte sich auch schon im Wahlkampf wider, dann erneut im Koalitionsvertrag – und nun ein weiteres Mal in der Regierungserklärung von Bundeskanzler Friedrich Merz.
Der Ton und die Richtung, wie sie Merz mit seiner Antrittsrede vorgibt, lassen kaum Klimaschutz-Ambitionen erkennen, wenn einem derart drängenden globalen Thema in einer fast einstündigen Rede nur wenige Minuten gewidmet werden.
Die neue Regierung scheint, wie Klimaaktivistin Carla Reemtsma akkurat feststellt, entweder keinen Plan zu haben oder den Klimaschutz einfach zurückdrehen zu wollen.
Für Merz soll allein der CO2-Preis zum klimafreundlichen Handeln anreizen. Konkreter wird der Kanzler auch in seiner Regierungserklärung nicht. Das veranschaulicht einmal mehr: In Sachen Klimaschutz bleiben die Ärmel der Union unten, egal wie warm es wird.
So verwundert es kaum, dass eine Klimabewegung wie Fridays for Future sich fragt, ob dieser Koalitionsvertrag überhaupt auf dem gleichen Planeten verhandelt wurde.
Klimaschutz in 100 Tagen
Um auf den Boden der Tatsachen zurückzufinden, geben die Klimaaktivist:innen der Regierung noch 100 Tage Zeit. Sie verkünden das direkt vor dem Bundeskanzleramt, damit Merz den jungen Leuten endlich zuhört. Denn "Merz muss machen", sagen die Aktivist:innen.
Und sie haben recht – ein bloßes Lippenbekenntnis zu den deutschen, europäischen und internationalen Klimazielen reicht nicht aus. Schon gar nicht, wenn die Bundesregierung gleichzeitig neue Gasprojekte, höhere Pendlerpauschalen und mehr Billigflüge im Plan hat: Bei solchen Vorhaben krempelt die Regierung ganz schnell die Ärmel hoch.
Fridays for Future übernimmt deshalb den Lehrplan, wo Schwarz-Rot noch Lücken hat. Ganz nach dem Motto: So geht Klimaschutz in 100 Tagen.
Erste Aufgabe für Union und SPD: das Klimaschutzgesetz stärken und die verbindlichen Sektorziele wieder einführen, damit Ressorts wie Verkehr und Bau endlich ihre Hausaufgaben machen. Nur so lassen sich Deutschlands Emissionen senken.
Damit soll Deutschland weiter vor seiner eigenen Tür kehren, statt umstrittene Auslands-Projekte zu starten, um die eigenen Klimaziele billiger auf dem Papier zu erreichen.
Auch der Erdgasausstieg bis 2035 und der Ausbau erneuerbarer Energien gehören ins Regierungsprogramm.
Klimaaktivistin Luisa Neubauer bringt es auf den Punkt, wenn sie witzelt: "Wir sind gespannt, wie seine Kennenlernphase mit der Klimakrise aussieht."
Denn angefreundet hat sich Merz mit dem Klimathema noch längst nicht. Zumindest hat Fridays for Future schon mal die Ärmel hochgekrempelt.