Wer zu Hause selbst Strom produzieren will, soll es demnächst leichter haben. Balkonkraftwerke, die Sonnenenergie in Elektrizität umwandeln, würden von einigen Vorschriften befreit, kündigte die Bundesregierung am Dienstag an. Zum Beispiel könnte bald die heute noch nötige Anmeldung beim Stromversorger wegfallen.

Das ist ein Teil des sogenannten Solarpakets, eines Bündels von Gesetzesänderungen, das die Regierung während ihrer Kabinettssitzung am heutigen Mittwoch beschließen will. Der Entwurf stammt aus dem Bundeswirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne).

 

Auch der mit ihm häufig konkurrierende Finanzminister Christian Lindner (FDP) kann mit dem Gesetz einen Erfolg vorweisen: Aus seinem Haus stehen Steuererleichterungen für die Wirtschaft im Umfang von mehreren Milliarden Euro auf der Tagesordnung.

In sieben Jahren, 2030, sollen 80 Prozent des hierzulande verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Heute ist es etwa die Hälfte.

Deshalb hat die Koalition aus SPD, Grünen und FDP bereits eine Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht. Das Solarpaket zum Ausbau der Stromproduktion mit Photovoltaikanlagen ist nun die jüngste Initiative.

Erleichterungen für Balkonkraftwerke

Wenn der Gesetzentwurf nach den parlamentarischen Beratungen möglicherweise Anfang 2024 in Kraft tritt, dürfen bestimmte Anlagen eine größere Nennleistung haben. Für Balkonkraftwerke, die Strom auch ins Netz einspeisen, gilt dann eine Obergrenze von zwei Kilowatt (heute 600 Watt).

Die Nutzer können damit einen Teil ihres Stroms selbst herstellen, etwa für die Beleuchtung oder zum Aufladen von Smartphones. Sie können aber auch Elektrizität, die sie nicht selbst brauchen, der Allgemeinheit zur Verfügung stellen. Für Insel-Anlagen, die nicht mit dem Netz verbunden sind, gelten die Regelungen nicht.

Zwei Solarpaneele belegen vollständig die Vorderseite eines Balkons.
Die kleine Energiewende zu Hause soll einfacher werden. (Bild: Mariana Serdyńska/​Shutterstock)

Während man das Balkonkraftwerk heute auch beim Netzbetreiber anmelden muss, soll diese oft komplizierte Prozedur künftig wegfallen. Dann reicht eine vereinfachte Registrierung im sogenannten Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur.

Außerdem will die Regierung ermöglichen, die kleinen Photovoltaikmodule mittels der normalen Schukostecker mit dem Netz zu verbinden. Ob man das heute darf, ist unklar. Allerdings muss dafür noch eine technische Norm geändert werden, die nicht Teil des Gesetzes ist.

Was manche Nutzerinnen und Nutzer freuen dürfte: Übergangsweise wird der Betrieb der Balkonanlagen mit den herkömmlichen Stromzählern möglich. Diese drehen sich rückwärts, wenn man Strom einspeist. Mit jeder eingespeisten Kilowattstunde spart man so den normalen Strompreis, beispielsweise 35 Cent, weil diese Strommenge von der eigenen Rechnung abgezogen wird.

Mehr Raum für Freiflächen-Solaranlagen

Während es bei den Balkonen um eine Nische mit kleinen Strommengen geht, können Freiflächen-Solaranlagen viel Energie bereitstellen und in einem erneuerbaren Stromsystem konventionelle Kraftwerke ersetzen.

Mit dem Gesetzentwurf will die Regierung nun zusätzliche Flächen verfügbar machen, die bisher nicht genutzt werden durften, etwa in der Landwirtschaft, aber auch in manchen Schutzgebieten und Mooren. Offenbar hat das Wirtschaftsministerium einen Kompromiss mit dem in dieser Frage teilweise kritischen Umweltministerium ausgehandelt.

Erleichterungen sind für Sonnenkraftwerke geplant, die in mehreren Metern Höhe über Äckern und Beeten errichtet werden.

 

Auch für die gemeinsame Produktion und Nutzung von Elektrizität auf den Dächern von Wohnhäusern will die Regierung die Vorschriften entschlacken. So können künftig beispielsweise Dachflächen von Handwerksbetrieben und Garagen einbezogen werden. Außerdem will man bestimmte Dächer bestehender Gebäude außerhalb großer Siedlungen für den Bau von Dachanlagen freigeben.

Insgesamt hat sich das Wirtschafts- und Klimaministerium zum Ziel gesetzt, Planungs- und Genehmigungsverfahren für die erneuerbaren Energien systematisch zu vereinfachen. Das neue Verwaltungsinstrument des "Praxischecks" soll dazu dienen, zusammen mit Fachleuten und Betroffenen den Weg von Bauprojekten von Anfang bis Ende zu analysieren und Hemmnisse zu beseitigen.

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