Aysel Osmanoglu. (Bild: Patrick Tiedtke/​GLS)

Immer wieder sonntags: Die Mitglieder unseres Herausgeberrats erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Aysel Osmanoglu, Vorstandssprecherin der GLS Bank.

Klimareporter°: Frau Osmanoglu, morgen wollen Betroffene zusammen mit Umwelt- und Klimagruppen vor dem Kanzleramt gegen das geplante "Monster-LNG-Terminal" vor der Insel Rügen demonstrieren. Längst ist Flüssigerdgas ein globales Geschäft, bei dem auch Deutschland mit von der Partie ist.

So finanzieren deutsche Energiekonzerne und Banken den Ausbau von LNG-Terminals an der US-Golfküste mit. Können wir sicher sein, dass in all den LNG-Projekten kein Geld der GLS Bank steckt?

Aysel Osmanoglu: Kurzantwort: Ja. Die "Anlage- und Finanzierungsgrundsätze" sind die Entscheidungsgrundlage für alle Investitions-, Anlage- und Kreditgeschäfte der GLS Bank. Kreditprojekte der GLS im Bereich Energie konzentrieren sich von Anfang an auf die Erneuerbaren. Im Jahr 2022 verzeichnete diese Branche die zweitgrößte Neukreditvergabe neben dem Bereich Wohnen.

Für die Anlageseite wurde ein aufwendiger Prüfprozess entwickelt. Eine eigene Abteilung der GLS Investments, einer hundertprozentigen Tochter der GLS Bank, prüft Unternehmen ausschließlich auf sozial-ökologische Kriterien.

Beim Petersberger Klimadialog hat Bundeskanzler Scholz zwei Milliarden Euro für den Grünen Klimafonds zugunsten ärmerer Länder angekündigt. Weil die Summe in Jahresraten aufgeteilt wird, erfüllt Deutschland damit noch immer nicht sein Ziel, die Klimafinanzierung auf sechs Milliarden jährlich zu steigern. Zugleich hält der Kanzler an Erdgasprojekten in Senegal fest. Wie sehen Sie die Ergebnisse des Klimadialogs?

Internationale Vereinbarungen zum Ausbau der Erneuerbaren, wie es Annalena Baerbock und Olaf Scholz nun gefordert haben, sind sicherlich sinnvoll.

 

Solange Scholz selbst aber Gasfelder auf internationalem Boden anwirbt, wie eben beispielsweise im Senegal, verlieren diese Ankündigungen an Authentizität. Wie es Fridays for Future Africa formulierte: "Man kann nicht Menschen in einem Land retten und dabei Probleme für Menschen in einem anderen Land verursachen."

Wir benötigen einen höheren Anteil an Erneuerbaren – ja. Und wir müssen dringend raus aus den Fossilen. Diese beiden Seiten stehen untrennbar in Zusammenhang.

Immerhin sagt Scholz es auf internationaler Bühne selbst konsequent: Es gehe nicht mehr um das "Ob", sondern um das "Wie" und um die "Umsetzung" der Klimaziele.

Vor dem Solargipfel des Wirtschaftsministeriums am Freitag forderten Verbraucherschützer und Klima-Initiativen Vereinfachungen für kleine Photovoltaikanlagen. Ein Balkon-Solarboom werde durch bürokratische Hürden ausgebremst. Können diese Kleinstanlagen wirklich die Energiewende voranbringen – muss es da nicht um andere Dimensionen gehen?

Jede Anlage ist wertvoll, und sei sie auch noch so klein. Jeder Quadratzentimeter zählt für die Energiewende. Und alle Menschen sollen die Möglichkeit haben, sich an der Energiewende zu beteiligen. Die Kleinstanlagen für den Balkon machen genau dies möglich.

Je mehr Menschen sich daran beteiligen, grünen Strom zu produzieren, um so den Stromverbrauch aus anderen Quellen zu reduzieren, umso besser. Es sollten keine unnötigen Hürden vorhanden sein, da sehe ich die Politik wirklich in der Pflicht, alle Barrieren aus dem Weg zu räumen.

Ähnlich sieht es beim Mieterstrom aus. Hier geht es darum, Menschen in Mietverhältnissen die Möglichkeit zu geben, sich am Ausbau der Erneuerbaren niedrigschwellig zu beteiligen. Anders als beim Strombezug aus dem Netz entfallen beim in der Solaranlage auf dem Dach erzeugten Strom einige Kostenbestandteile wie Netzentgelte, netzseitige Umlagen, Stromsteuer und Konzessionsabgaben.

Hier verspielen wir ein unglaubliches Potenzial, wenn die Politik nichts dagegen unternimmt, dass bürokratische Prozesse den Ausbau ausbremsen.

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Das Treffen zwischen Volker Wissing und Vertreter:innen der "Letzten Generation" hat mich sehr gefreut. Vorsichtig formuliert war der Verkehrsminister bislang nicht der größte Verfechter von Klimazielen, weder national noch international.

Letztlich bin ich aber überzeugt, dass wir nur durch ein Miteinander zu der so dringend notwendigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft imstande sind.

Wichtig wäre mir allerdings, wenn alle Parteien sich ihre Rolle bewusst machen. Herr Wissing gestaltet den Verkehrssektor und ist damit politisch verantwortlich für die Maßnahmen zum Erreichen der Pariser Klimaziele auf nationaler Ebene innerhalb dieses konkreten Bereiches.

In der Diskussion über solche Treffen wie das jetzige, und seien sie noch so erfreulich, sollte diese Verantwortung nicht verschoben werden.

Fragen: Jörg Staude

Anzeige