Zahlreiche große, schwarze Autos auf dem Parkplatz am Flughafen Niederrhein in der Abenddämmerung.
Kerosin und Diesel, Dienstwagen und Autopendeln: Wer fossile Subventionen abbaut, kann auch ein Klimageld finanzieren. (Foto: Dietmar Rabich/​Wikimedia Commons, CC BY‑SA 4.0)

Seit 2021 gibt es in Deutschland für Gebäude und Verkehr einen sogenannten nationalen Emissionshandel, der übergangsweise als reine CO2-Steuer funktioniert. Seit Anfang 2023 liegt der Steuersatz bei 30 Euro pro Tonne CO2.

Die Lenkungswirkung ist allerdings gering. Die 30 Euro entsprechen einem Preisaufschlag von neun Cent pro Liter Benzin oder Diesel. Das ist weniger als die täglichen Preisschwankungen an der Tankstelle, die laut ADAC bis zu zwölf Cent betragen.

Und die geplanten jährlichen Steigerungsraten der Steuer von fünf Euro pro Tonne CO2 oder 1,5 Cent pro Liter Kraftstoff sind so niedrig, dass auch in Zukunft keine Lenkungseffekte zu erwarten sind.

Eine Studie des Energiewende-Projekts "Ariadne" hat untersucht, welche CO2-Preise in Verkehr und Gebäuden zum Erreichen der Klimaziele notwendig wären, allerdings unter der Annahme, die CO2-Bepreisung wäre das einzige Instrument zur Emissionsminderung. Der notwendige mittlere CO2-Preis müsste demnach 2030 etwa 275 Euro pro Tonne betragen.

Claudia Kemfert, Energieökonomin am Wirtschaftsforschungsinstitut DIW, fordert für Gebäude und Verkehr einen Sofortpreis von 100 Euro pro Tonne, der perspektivisch auf 180 Euro steigen soll. Erst dann wäre der Anreiz stark genug, so Kemfert, um aus wirtschaftlichen Gründen in Gebäudedämmung, klimafreundliche Heizung oder ein E-Auto zu investieren.

Es läuft offensichtlich etwas falsch, wenn der aktuelle CO2-Preis derart weit entfernt von einem Preis ist, der klimagerechte Investitionen wirtschaftlich sinnvoll macht.

Natürlich können auch Subventionen oder ordnungsrechtliche Eingriffe, wie Verbote von fossilen Heizungen oder dem Verbrennungsmotor, Wirtschaft und Verbraucher zu klimafreundlichen Investitionen anreizen, allerdings zeigen sich die Grenzen dieser Politik schon jetzt.

Verbote werden als Gängelei oder gar als Weg in die Ökodiktatur angesehen. Die Grünen dürften sich an die Diskussion um den sogenannten Veggieday und ihr Image als Verbotspartei erinnern. Viele Gebäudeeigentümer befürchten einen Notverkauf ihres Hauses als letzten Ausweg, weil die Kosten für den Einbau einer neuen Heizungsanlage samt Wärmedämmung ihre finanziellen Möglichkeiten überschreiten könnten.

Klimapolitik im strukturellen Dilemma

Mittel für Investitionszuschüsse stehen auch im reichen Deutschland nur begrenzt zur Verfügung – selbst wenn es umweltschädliche Subventionen gibt, die für diese Zwecke dringend umgeschichtet werden sollten.

Klar ist, dass der CO2-Preis begleitet werden muss durch Infrastruktur-Investitionen wie den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und der Ladeinfrastruktur, durch ordnungsrechtliche Verschärfungen wie höhere Effizienzstandards bei Gebäuden sowie Investitionszuschüsse, die die Höhe des notwendigen CO2-Preises absenken könnten.

Entscheidend dürfte allerdings sein, dass die durchschnittlichen Mehrkosten für die Bürger als Klimageld pro Kopf der Bevölkerung zurückgezahlt werden, wie es schon im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist. Damit würde eine Art Basisabsicherung gegen steigende CO2-Kosten eingerichtet und Klimaschutz von seinem Image als grünes Elitenprogramm befreit werden.

 

Das Problem ist allerdings, dass sowohl das Klimageld als auch die Subventionen für Klimaschutzmaßnahmen aus dem gleichen Topf finanziert werden – dem Klima- und Transformationsfonds (KTF).

Bei dem aktuell niedrigen CO2-Preis sind aber nicht nur die Einnahmen für den Fonds begrenzt. Unklar ist auch die wirtschaftliche Perspektive klimafreundlicher Investitionen. Je niedriger der CO2-Preis, desto geringer fällt die wirtschaftliche Motivation aus und umso stärker muss der Staat mit Subventionen eingreifen, um Bürger und Unternehmen zu Klimaschutzmaßnahmen zu motivieren.

Im Klima- und Transformationsfonds sind dieses Jahr rund 17 Milliarden Euro für den Gebäudebereich eingeplant, für die Elektromobilität samt Ausbau der Ladeinfrastruktur 5,6 Milliarden, für den Aufbau der Wasserstoffindustrie vier Milliarden und zur Strompreisentlastung für die energieintensive Industrie 2,6 Milliarden. Dazu kommt der Ersatz der 2022 weggefallenen EEG-Umlage. Letztes Jahr kostete das 6,6 Milliarden Euro.

Insgesamt stehen im Fonds für 2023 rund 35 Milliarden Euro für Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung, wobei eigene Einnahmen – aus dem Emissionshandel und der CO2-Bepreisung im Gebäude- und Verkehrssektor – rund 16 Milliarden einbringen sollen. Der Rest sind Rücklagen aus dem früheren Energie- und Klimafonds. Weitere Zuweisungen vom Finanzministerium wird es bis 2026 nicht geben.

Die Mittel sind also bereits verplant. Das heißt: Ohne Änderungen an der Einnahmen- und Ausgabenseite des Klima- und Transformationsfonds wird es kein Klimageld geben.

Ohne Geld für den sozialen Ausgleich bleibt allerdings nicht nur der CO2-Preis im Keller. Die Unterstützung der Bürger für eine ambitionierte Klimapolitik könnte deutlich sinken, während klimabewusstere Teile der Bevölkerung sich enttäuscht von der Politik abwenden könnten. Ein Teufelskreis.

UBA-Konzept analog zum Schweizer Modell

Dabei ist der Ausweg aus diesem strukturellen Dilemma bekannt. In der Schweiz werden seit 2008 zwei Drittel der Einnahmen aus der Besteuerung von fossiler Heizenergie pro Kopf der Bevölkerung zurückgezahlt. Das restliche Drittel wird zur Anschubfinanzierung von Klimaschutzinvestitionen genutzt. Inzwischen liegt der CO2-Preis bei rund 120 Euro pro Tonne. Beschlossen übrigens per Volksabstimmung.

Das Umweltbundesamt hat im Dezember 2022 ein ähnliches Modell vorgeschlagen. 70 Prozent der Einnahmen könnten als Klimaprämie pro Kopf zurückgezahlt werden. Damit würden die durchschnittlichen Mehrkosten besonders der einkommensschwachen Haushalte ausgeglichen oder sogar überkompensiert. Die restlichen 30 Prozent könnten für Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden. Verletzliche Gruppen sollten durch Sonderprogramme oder Umwidmung bestehender Förderprogramme besonders berücksichtigt werden.

Porträtaufnahme von Gerhard Hübener.
Foto: privat

Gerhard Hübener

ist studierter Bau­ingenieur und war lange selbst­ständiger Projekt­entwickler in der Solar­branche. Seit 1991 befasst er sich in Artikeln und Projekten mit Markt­instrumenten für Arbeit und Umwelt.

Alle weiteren Subventionen – wie die Erneuerbaren-Förderung – sollten als gesamtstaatliche Aufgabe betrachtet und aus dem Staatshaushalt bestritten werden. Dabei bietet es sich an, bestehende Subventionen zu überprüfen, wie es übrigens schon im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart worden ist.

Das UBA verweist in seinem Subventionsbericht 2021 auf umweltschädliche Subventionen in Höhe von rund 65 Milliarden Euro, wovon 30 Milliarden allein im Verkehrsbereich anfallen.

Monika Schnitzer, die Vorsitzende der sogenannten Wirtschaftsweisen, hat gerade vorgeschlagen, die Steuervergünstigungen bei Kerosin (8,3 Milliarden Euro laut UBA), bei Diesel (8,2 Milliarden) und privat genutzten Dienstwagen (3,1 Milliarden) abzuschaffen. Auch die Pendlerpauschale (sechs Milliarden) sieht sie kritisch. Insgesamt kommt sie auf ein Einsparvolumen von rund 30 Milliarden Euro bei klimaschädlichen Subventionen.

Damit wäre der Weg frei für CO2-Preis und Klimageld als zentrale Instrumente der Klimapolitik. Mit einer solchen Strategie hätte die Ampel wieder ein gemeinsames Projekt. Die Grünen könnten auf ein wirkungsvolles Klimaschutzinstrument verweisen, die FDP auf die Stärkung des Marktes und die Begrenzung von Subventionen und die SPD auf den sozialen Ausgleich.

Die Klimakrise der Ampel wäre endlich Vergangenheit.

Redaktioneller Hinweis: Energieökonomin Claudia Kemfert gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.

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